Pyur: Weniger Kunden, bessere Zahlen - und der Service?
Pyur hat seine Quartalszahlen vorgelegt.
Foto: Pyur / Tele Columbus
Normalerweise können Börsenzahlen spannend sein. Momentan sorgen sie eher für Stirnrunzeln oder Frust. Der Kabel-TV-Anbieter Tele Columbus AG, inzwischen unter seinem schwer schreibbaren Markennamen Pyur (das Ypsilon mit Doppelpunkt beherrschen viele Computer nicht wirklich) aktiv, hat Zahlen zu den vorläufigen Ergebnissen seines vierten Quartals und gesamten Geschäftsjahrs 2019 vorgelegt. Es sei ein "starker Jahresabschluss" gewesen, die Tele Columbus AG habe ihre Ziele in allen Bereichen erreicht. Schauen wir genauer hin.
130 Millionen Umsatz
Pyur hat seine Quartalszahlen vorgelegt.
Foto: Pyur / Tele Columbus
Der Umsatz betrug demnach 129,7 Millionen Euro im 4. Quartal (plus 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Der Gewinn vor Steuern, Verbindlichkeiten und Abschreibungen (EBITDA) habe im 4. Quartal 56,8 Millionen Euro betragen, was ein Plus von 21,1 Prozent im Jahresvergleich zum Vorjahr gewesen sei. Rechnet man nach dem Standard IFRS-16, seien es sogar 59,2 Millionen Euro (plus 26,2 Prozent zum Vorjahr) gewesen.
Etwa 54 Millionen investiert
Tele Columbus gibt an, in sein Netz 52,9 Millionen Euro (54,1 Millionen nach IFRS-16) im 4. Quartal investiert zu haben (CAPEX), was etwas über die Hälfte mehr als im Jahr zuvor gewesen sei.
Dabei wurden die Netzebenen 3 (Straßenverteilung) und 4 (Hausverteilung) modernisiert und einigen Kunden neue CPE-Geräte (Customer-Premise-Equipment = der Heimrouter für Glasfaser oder TV-Kabel) gegeben. Ferner wurde die hauseigene IT und der Berliner Hauptsitz des Unternehmens modernisiert.
Kundenzahl teilweise rückläufig
Zum 31. Dezember 2019 meldete die Tele Columbus AG rund 3,4 Millionen angeschlossene Haushalte. Die Anzahl der rückkanalfähig aufgerüsteten Haushalte am eigenen Netz stieg auf 2,35 Millionen (plus 4000) was 69,6 Prozent aller durch Tele Columbus erschlossenen Haushalte entspreche.
Ende Dezember belieferte das Unternehmen 2,268 Millionen Kunden, was einem Rückgang von 14 000 entspricht. Dabei hatten 2,218 Millionen mit Kabelfernsehen (15 000 weniger als im Vorquartal) und 543 000 hatten Premium-TV (2000 weniger als im Vorquartal), 584 000 mit Internet (5000 mehr als im Vorquartal) sowie 432 000 mit Telefonie (3000 mehr als im Vorquartal). Nicht alle Zahlen sind also offenbar so rosig, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Für 2020 erwartet der Vorstand bis auf weiteres Wachstum, vorbehaltlich etwaiger COVID-19 Einflüsse, die jetzt noch nicht messbar sind.
Kunden jetzt zufriedener?
Tele Columbus berichtet, seinen Kundenservice und den Netzausbau verbessert zu haben, was zu einem "starken Anstieg der Kundenzufriedenheit" über alle Kontaktkanäle hinweg geführt habe. Das Technik-Magazin "connect" hatte Pyur in seinem jüngsten Breitband-Test als "gut" bewertet. Die Experten von ntv / DISQ hätten Pyur den ersten Platz als bestem regionalem Triple-Play-Anbieter verliehen.
Die gestiegene Kundenzufriedenheit habe sich "in einer höheren Vertragsabschlussrate niedergeschlagen" und so zu einem stabilen Finanzergebnis geführt. Im Verlauf von 2019 sei erkennbar gewesen, dass der Turnaround stattfinde und erste Früchte trage.
Schaut man hingegen in einschlägige Foren, kann man oft "herzzereißende" Erlebnisse lesen, wo der Kundenservice nicht erreichbar gewesen sei oder den Kunden bestellte Produkte nicht oder falsch geliefert worden seien. Bei Ausfällen oder Defekten habe man lange warten müssen, bis eine Reparatur erfolgt sei. Ab und an wurden Optionen gebucht, welche die Kunden gar nicht buchen wollten. Das Forum Trustpilot nennt eine Unzufriedenheit von beachtlichen 93 Prozent (bei 1700 Beiträgen), ein anderes Forum vergab 1,6 von 5 möglichen Punkten. Auch bei teltarif.de kann man einige Erlebnisse nachlesen.
Erfolgreich mit Geschäftskunden?
Neben den Aktivitäten mit Endkunden konnte Tele Columbus im vierten Quartal 2019 bei Geschäftskunden wachsen. Hier bietet das Unternehmen B2B-Carrier-Lösungen, Cloud-Computing, Outsourcing und Digitalisierungs-Angebote. Ein zweites eigenes Rechenzentrum ging im Oktober an den Start.
Tele Columbus arbeitet gerne mit der "Wohnungswirtschaft" zusammen, das sind Vermietungsgesellschaften oder Hausverwaltungen, die ganze Mietsgebäude direkt anschließen (lassen) und dann im Mietvertrag die Nutzung oder die Zahlung des Kabel-TV-Anschlusses über Tele Columbus regeln ("Nebenkostenprivileg"). Durch die große Anzahl von Kundenanschlüssen lassen sich dann günstigere Preise erzielen. Wenn der Kunde aber lieber einen Anbieter haben möchte, ist er in seiner möglichen Auswahl stark oder total eingeschränkt. Statt des Kabel-TV-Anschlusses kann er noch einen klassischen "Telefonanschluss" buchen, der dann sicher auch Internet mitbringt, soweit die oft in die Jahre gekommene Kupfer-Kabel-Hausinstallation dabei mitspielt.
Vertragslaufzeiten zwischen Netzbetreiber und den Wohnungsgesellschaften können beispielsweise 10 Jahre betragen, weil es bei B2B (Geschäftskunden) keine weitreichenden Verbraucherschutzrechte wie bei Endkunden gibt. Die Mieter sind solange an die Verträge und den Anbieter gebunden.
Hoffnung auf Glasfaser
Erst kürzlich konnte Tele Columbus seinen Vertrag mit der Leipziger WOGETRA Wohnungsgesellschaft bekannt geben. Im Rahmen der Vereinbarung wird der WOGETRA zugesichert, dass mehr als 7000 Wohneinheiten auf FTTB (Glasfaser bis in die Gebäude) aufgerüstet werden. Im Gebäude selbst dürfte dann die vorhandene Infrastruktur (Kupfer-Doppel-Ader oder TV-Koaxkabel weiter verwendet werden, da eine Verlegung von frischer Glasfaser bis in alle Wohnungen eine aufwendige (und damit teure) Aktion wäre.
Neuer Chef im Amt
Der scheidende CEO Timm Degenhardt freut sich, dass das Unternehmen sich erholt habe. Er dankte seinen Kollegen und wünschte seinem Nachfolger Dr. Daniel Ritz (seit 1. Februar im Amt) "alles Gute für seine neue Rolle."