ProSieben: Streaming-Nachfolger für Maxdome geplant
maxdome wird im Sommer eingestellt
Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
Eigentlich ist es ein Kampf zwischen David und Goliath. Die US-Streaming-Riesen Netflix und Amazon investieren jedes Jahr Milliarden US-Dollar in hochkarätige Eigenproduktionen wie "The Crown", "Narcos" oder "The Man In The High Castle". Mit einem solchen Budget können europäische Wettbewerber nicht mithalten. Bereits Ende 2016 musste die französische Vivendi-Tochter Watchever aufgrund von Verlusten in Deutschland ihre Segel streichen. Auch der Streaming-Pionier maxdome tut sich seit langer Zeit schwer. Nicht ohne Grund, denn außer US-Lizenzware, die es ebenso bei Netflix und Amazon zu sehen gibt, hatte maxdome seinen Zuschauern bislang nicht viel zu bieten.
Zwar haben die Münchener zum Beispiel mit der Ulmen-Comedy "Jerks" durchaus eine respektable deutschsprachige Eigenproduktion im Angebot, doch sonst findet man eher abgestandene Reality-Formate wie "Rosins Restaurant" oder "Richterin Barbara Salesch" in der Mediathek, welche bereits im Free-TV hoch- und runtergespielt wurden. Für dieses Programm knapp acht Euro im Monat auf den Tisch zu legen, erscheint vielen Zuschauern nachvollziehbar nicht besonders attraktiv, wenn man auf der anderen Seite für den gleichen Preis bei Amazon ein wesentlich hochkarätigeres Programm und zusätzlich noch den kostenlosen Premium-Versand mit Amazon Prime on top bekommt.
Neue Streaming-Portal im Sommer
maxdome wird im Sommer eingestellt
Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
ProSiebenSat1-Chef Max Conze will sich im Kampf gegen die scheinbar übermächtige US-Konkurrenz jedoch noch nicht geschlagen geben. Im Sommer geht ein neues Streaming-Portal an den Start, in dem die Inhalte von maxdome, Discovery und 7TV aufgehen. Besonders daran ist auch das umfangreiche Sportangebot des Eurosport-Players, auf den die Zuschauer ebenfalls zugreifen können. Damit nicht genug: Die Plattform wird auch für weitere Drittanbieter geöffnet. Im Juli vergangenen Jahres hatte das Bundeskartellamt grünes Licht für das ambitionierte Projekt gegeben.
Conze verspricht sich vom Neustart eine ganze Menge. Er will eine Art deutsches "Hulu" schaffen. In den USA haben sich unter diesem Namen die großen US-Networks NBC (Comcast), FOX sowie ABC (Disney) zusammengeschlossen, um alle hochkarätigen Inhalte auf eine gemeinsame Plattform zu bringen. Offenbar mit ordentlichem Erfolg: Anfang 2019 verbuchte der Dienst 25 Millionen Abonnenten, was mit Blick auf die 125 Millionen Netflix-Abonnenten nicht sonderlich beeindruckend ist. Allerdings ist Hulu im Gegensatz zu Netflix auch nicht weltweit verfügbar.
Freemium-Modell
Wohin die Reise für maxdome gehen sollte, hatte bereits Conzes Vorgänger Thomas Ebeling im Rahmen des Capital Market Day der ProSiebenSat1 SE im Dezember 2017 vorgestellt. Ein kostenloses, werbefinanziertes Angebot enthält Live TV in SD sowie eine Aufnahmefunktion für bis zu 7 Tage. Für eine "technische Zusatzgebühr" wird der Aufnahmespeicher auf 30 Tage erweitert und eine Instant-Restart-Funktion hinzugefügt, zudem sollen die Sender in HD verfügbar sein. Im Premium-Angebot ist dann zusätzlich noch ein SVoD-Abonnement enthalten.
Es bleibt abzuwarten, ob es an diesem Konzept noch Änderungen gibt. Man darf aber davon ausgehen, dass das Thema Live-TV im neuen Streaming-Angebot eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Das zeigt schon eine Personalie: Katja Hofem übernimmt als Ko-Geschäftsführerin neben Alexandar Vassilev beim neuen Streaming-Dienst das Ruder. Die erfahrene Sendermanagerin war ursprünglich Programmchefin bei RTL2 sowie bei Discovery Communications für DMAX verantwortlich und leitete später unter dem Dach der ProSiebenSat1 Media SE den Frauensender Sixx, danach Kabel1.
Heikler Zeitpunkt
Ob ProSieben mit seinem maxdome-Nachfolger letztendlich Geld verdient, hängt vor allem von den Inhalten ab. Klar ist, es wird kein Selbstläufer. Noch für dieses Jahr kündigte Disney-CEO Bob Iger auch in Europa den Start von Disney+ an. Der US-Medienkonzern verfügt über eine gigantische Rechtebibliothek, die neben allen Disney-Titeln auch das komplette Angebot von 21st Century Fox und Marvel enthält, welche ebenfalls von Disney übernommen wurden. Und auch bei Sky wird sich eine ganze Menge tun: Der Pay-TV-Anbieter wurde vom US-Kabelkonzern Comcast geschluckt, zu dem insbesondere NBC Universal und dessen riesige Library gehört. In Österreich hatte Sky kürzlich mit Sky X sein Streaming-Produkt einem umfangreichen Relaunch unterzogen. Womöglich ist das Angebot bald auch in Deutschland verfügbar. Es bleibt also für ProSieben beim Kampf David gegen Goliath: Mit dem Unterschied, dass es jetzt sogar vier statt zwei Goliaths sind, gegen die David in Person von Max Conze ankämpfen muss.