Kamera-Test

Polaroid Pop: Digitale Sofort­bild­kamera im Test

Die Polaroid Pop erlaubt dank eingebautem Thermodrucker Sofortbilder wie vor 35 Jahren. Doch die digitale Neuauflage des Klassikers kämpft im Test mit technischen Problemen, ist schlecht verarbeitet und funktioniert nur mit Zubehör sinnvoll.
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In den 1970er- und 1980er-Jahren war sie bei Urlaubern und Kreativ-Fotografen ein Must-have: Die analoge Polaroid-Sofortbildkamera. Kamera in der einen Hand, mit der anderen das Bild wedeln - das war ein typischer Anblick in Urlaubsregionen. Nach einem zwischenzeitlichen Aus der Marke kam zur IFA in diesem Jahr die Neuauflage Polaroid Pop - eine digitale Sofortbildkamera mit 20 Megapixel, eingebautem Fotodrucker und WLAN. Sogar die alte analoge Polaroid-Kamera wurde mittlerweile wieder aufgelegt.

Inzwischen hat die neue digitale Polaroid Pop den Weg in unsere Redaktion gefunden, um zu zeigen, ob sie den Sprung ins Digitalzeitalter gut überstanden hat und ob noch genau dasselbe Feeling aufkommt wie vor 35 Jahren. Neben ganz vielen Retrogefühlen im Test mussten wir uns über die Kamera allerdings auch ärgern. Polaroid Pop mit Verpackung Polaroid Pop mit Verpackung
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Erster Blick und billige Verarbeitung

Vom Design her hat die Polaroid Pop, die im Handel rund 230 Euro kostet, nichts mehr mit dem kantigen analogen Original gemein. Die Polaroid Pop ist eine eher peppig aussehende Digitalkamera mit Display, die eben zusätzlich mit dem Smartphone vernetzt werden kann und über einen Schlitz die Sofortbilder ausgibt.

Außer dem Touchscreen gibt es nur den Auslösebutton auf der Vorderseite Außer dem Touchscreen gibt es nur den Auslösebutton auf der Vorderseite
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Direkt nach dem Auspacken erlebten wir allerdings die erste Enttäuschung: Die Polaroid Pop ist zu diesem Preis überhaupt nicht gut verarbeitet. Der schwarz glänzende Kunststoff wirkt billig und zieht Fingerabdrücke magisch an. Drückt man auf die Kamera knarzt es hörbar und das Gehäuse ist so instabil, dass es sich an vielen Stellen eindrücken lässt. Außerdem haben die Kanten, an denen die beiden Teile des schwarzen Bodys ineinander übergehen, einen scharfen Grat wie bei billigen Plastikspielzeug - das darf bei einer Kamera dieser Preisklasse eigentlich nicht sein.

Auf der Vorderseite liegt unter dem 3,97-Zoll-Display ein großer roter Knopf, der als Powerknopf und Auslöser dient. Auf der Rückseite sind Objektiv, Blitz und Mikrofon zu sehen. Auf der linken Schmalseite liegt der Micro-USB-Port zum Laden des Akkus und Kopieren der Bilder, auf der oberen Schmalseite befindet sich der Ausgabeschlitz für die typischen Polaroid-Fotos.

Rückseite mit Objektiv, Blitz und Mikrofon Rückseite mit Objektiv, Blitz und Mikrofon
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Die untere Schmalseite wird von einer Abdeckung verschlossen, die in verschiedenen peppigen Farben erhältlich ist. Nimmt man die Abdeckung ab, ist das Papierfach für das Fotopapier zu sehen. Neben dem Papierfach befinden sich eine Öffnung für die Trageschlaufe, ein Speicherkartenslot für microSD-Karten bis 128 GB Kapazität, ein Reset-Knopf und ein Sensor, der erkennt, ob die Abdeckung geöffnet oder geschlossen ist.

Zubehör, Ersteinrichtung, Koppelung mit App

Als Zubehör zur Polaroid Pop befanden sich in der Packung: Eine Trageschlaufe aus stabilem Gummi, ein Micro-USB-Kabel ohne Netzteil, eine Kurzanleitung sowie eine Packung mit 10 Blättern Fotopapier.

Vor dem ersten Einschalten muss die Kamera zunächst per Micro-USB-Buchse aufgeladen werden - wer nicht ohnehin schon ein Smartphone-Netzteil besitzt, muss dieses separat erwerben oder die Kamera an der USB-Buchse des Computers aufladen. In der Packung mit dem Fotopapier liegt auch noch ein blauer Kalibrierungsbogen in derselben Große wie das Fotopapier. Der ganze Stapel muss nun mit dem blauen Bogen unter dem Papierstapel bis zum Anschlag in das Papierfach eingeschoben werden. Möchte der Käufer die Trageschlaufe benutzen, muss er diese zunächst durch das Loch in der Abdeckung fädeln und dann schließlich mit einer kurzen Drehung im dafür vorgesehenen Loch an der Kamera befestigen.

Zubehör: Netzteil und Speicherkarte fehlen Zubehör: Netzteil und Speicherkarte fehlen
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
An dieser Stelle sei bereits gesagt: Ohne Speicherkarte macht die Nutzung der Kamera nicht viel Spaß, weil auf dem internen Speicher je nach Fotoauflösung nur 10 bis 15 Bilder gespeichert werden können.

Das WLAN-Modul der Kamera kann übrigens nicht direkt mit dem Router Kontakt aufnehmen, sondern per Wifi-Direktverbindung ausschließlich mit einem Smartphone. Dazu muss auf dem Mobiltelefon die Polaroid-Pop-App installiert werden, die für Android und iOS verfügbar ist. Im Google Play Store wird die App noch als "unveröffentlicht" klassifiziert, was darauf hindeutet, dass die Entwicklung noch nicht final abgeschlossen ist.

Nach dem ersten Einschalten der Kamera muss zunächst die Sprache ausgewählt werden, dann sind Datum und Uhrzeit einzustellen. Anschließend empfiehlt die Kamera die Installation der Smartphone-App und nimmt eine Kalibrierung des Fotodruckers vor. Während dieses Prozesses kommt der blaue Kalibrierungsbogen aus dem Ausgabeschlitz, er wird ab sofort nicht mehr benötigt. Fotopapier mit Verpackung und Kalibrierungsbogen Fotopapier mit Verpackung und Kalibrierungsbogen
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Erste Verbindungsprobleme mit der App

In den ersten Tagen unseres Tests konnten wir die Polaroid Pop mit keinem unserer Smartphones koppeln, und wir haben es mit drei Geräten probiert: Mit einem iPhone mit aktuellem iOS, einem Android-Phone mit Android 6.01 und einem Androiden mit Version 7.0. Die Kamera wollte mit keinem der Geräte Kontakt aufnehmen, erst als ein Update der App veröffentlicht wurde, klappte die Koppelung.

Doch auch dann war eine wichtige Funktion der App nicht nutzbar, und zwar das Firmware-Update. Auf einem beiliegenden Schreiben wurde uns empfohlen, die Firmware der Kamera alsbald zu aktualisieren, und dies geht ausschließlich über die App. Der Nachteil dabei ist: Wenn die Kamera per Wifi-Direct mit dem Smartphone gekoppelt ist, besteht keine Verbindung zwischen Smartphone und Router. Polaroid weist auch in der Anleitung darauf hin, dass wegen der Wifi-Direct-Koppelung das Firmware-update ausschließlich über das Datenvolumen des Mobilfunktarifs heruntergeladen werden kann. Bei einem Tarif mit kleinem Datenvolumen kann dies nachteilig sein - und wer gar keine Internet-Flat hat, muss extra dafür eine buchen.

Fotopapier im Papierschacht und Montage der Trageschlaufe Fotopapier im Papierschacht und Montage der Trageschlaufe
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Doch auch dieser Vorgang hat bei uns mit keinem der drei Smartphones funktioniert. Bei unserem Android 6.01-Gerät kamen wir einmal so weit, dass der Download mit einem Fortschrittsbalken angezeigt wurde, doch dann fror die Kamera ein. Beim iPhone fror die App ein und beim Android-7-Smartphone stürzte die App ab und musste geschlossen werden. Den Firmware-Upgrade-Prozess muss Polaroid also dringend nachbessern und vor allem eine zuverlässigere App liefern.

Homescreen und Menü, Fotografie und Druck

Auf dem Touchscreen wird nicht die ganze Fläche von der Bildvorschau eingenommen. Im oberen Teil der Display-Ansicht wird ein weißer Rahmen um die Vorschau gelegt, damit man den Bildausschnitt im Polaroid-typischen Format 3,5 mal 4,25 Zoll sieht. Das digitale Bild im Hochformat ist größer und erst dann komplett zu sehen, wenn man es per USB-Kabel oder Speicherkarte auf den Computer kopiert hat.

Am obersten Rand des Displays ist links ein roter Touch-Button, mit dem die Kamera ausgeschaltet wird. Daneben zeigt die Kamera an, wie viele Bilder noch auf internen Speicher bzw. Speicherkarte passen und wie viele Blätter noch im Papierfach vorrätig sind. Diese Anzeige war bei uns sehr ungenau, obwohl mitunter nur ein Blatt drin lag, zeigte die Kamera fünf an. Auch der Batteriestand ist in dieser Zeile zu sehen.

Unter der umrandeten Bildvorschau kann der Nutzer das letzte geschossene Bild aufrufen oder einen digitalen Zoomregler betätigen. In der untersten Zeile liegen diverse Icons: Mit dem linken wird zwischen Einzelbild, animierten GIF und Video (1080p) umgeschaltet, der zweite ist für die Bildbearbeitungsfunktionen, der dritte für die Galerie und der vierte für das Menü. Dort kann der Blitz ein- und ausgeschaltet werden, die Bildauflösung verändert werden, ein Zeitauslöser aktiviert werden und der Anwender kann diverse Bildschirmparameter wie Helligkeit oder Leuchtdauer einstellen. Die Kamera im Einsatz Die Kamera im Einsatz
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Fotografieren und Drucken mit der Polaroid Pop

Der Auslöse-Knopf hat wie bei vielen Kameras üblich eine Doppelfunktion: Wird er halb gedrückt, fokussiert das Objektiv, bei komplettem Druck wird das Bild aufgenommen. Von der alten analogen Polaroid-Kamera war man gewöhnt: Immer wenn der Auslöser betätigt wird, wird das Bild aufgenommen, sofort auf das Papier belichtet, das Papier ausgeworfen und das Foto benötigt einige Minuten für die "Entwicklung". Bei der digitalen Polaroid Pop ist dies natürlich nicht mehr notwendig und wäre bei einem Preis von rund 1 Euro pro Ausdruck auch Geldverschwendung (eine Ersatzpackung Fotopapier mit 10 Blättern kostet knapp 10 Euro; später soll es auch 20er- und 40er-Packungen geben, bei denen der Preis pro Blatt dann günstiger wird).

Im Test geschossene Polaroid-Fotos Im Test geschossene Polaroid-Fotos
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Im Menü der Kamera lässt sich allerdings aktivieren, dass jedes Foto sofort gedruckt wird, bei der Auslieferung ist dieser Mechanismus aber ausgeschaltet. Man kann also problemlos jedes Motiv mehrmals aufnehmen, in der Galerie das beste Foto wählen und dann über das Drucksymbol zum Drucker senden. Für die Belichtung und Ausgabe benötigt der Thermodrucker rund 2,5 Minuten. Und nein, danach ist keine Wedelei mit dem Foto mehr notwendig (war sie das früher überhaupt?), denn das Foto ist dann bereits fertig ausbelichtet.

Vor dem Druck kann das Foto noch mit Rändern, Stickern, Text oder freien Zeichnungen versehen werden, bereits vor der Aufnahme kann wie bei jeder Digitalkamera der Weißabgleich korrigiert oder das Bild auf Schwarzweiß und Sepia umgestellt werden. Die Ausdrucke haben den Polaroid-typischen Stil und sind leicht blässlich. Der Weißabgleich spielt für ausgedruckte Fotos nach unserer Erfahrung eine nicht unwesentliche Rolle: Mit dem automatischen Weißabgleich hatten die Fotos oft einen Stich ins Blaue, erst mit dem Tageslicht-Weißabgleich erhielten sie die typische bräunliche "Patina".

Nachbearbeitung vor dem Druck: Rahmen und Sticker hinzufügen Nachbearbeitung vor dem Druck: Rahmen und Sticker hinzufügen
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Obwohl die ausgedruckten Polaroid-Fotos stilecht aussehen, darf man von den digitalen Originalbildern keine Wunder erwarten. Farben werden auch bei perfektem Tageslicht oft unnatürlich dargestellt und das Objektiv leidet unter deutlich sichtbaren kissen-, tonnen- und trapezförmigen Verzeichnungen, was insbesondere bei der Architekturfotografie auffällt. Viele Smartphone-Kameras liefern heutzutage deutlich bessere Ergebnisse. Als reine digitale Kamera ist die Polaroid Pop also keine Empfehlung.

Technische Probleme im Test, Akku & Fazit

Im Verlauf unseres Tests erwies sich unser Exemplar der Polaroid Pop als technisch unzuverlässig. Regelmäßig kam es vor, dass sich die Kamera über Stunden überhaupt nicht einschalten ließ. Manchmal konnten wir das mit einem Druck auf den Reset-Knopf beheben, doch das funktionierte auch nicht immer. Bei einer neu auf den Markt gekommenen Kamera darf das nicht passieren, dass der Reset-Knopf, der ja eigentlich nur für Notfälle gedacht ist, eine so lebenswichtige Funktion bekommt.

Die Bilder der Kamera haben einen deutlichen Blaustich Die Bilder der Kamera haben einen deutlichen Blaustich
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Auch die Firmware der Kamera ist alles andere als ausgereift. Ab und zu fror die Software während des Betriebs ein, obwohl wir zuvor nichts Ungewöhnliches gemacht hatten. Dass eine Kamera abstürzt, nur weil man die standardmäßig vorgesehenen Bildbearbeitungsfunktionen nutzt, darf eigentlich nicht sein. Manchmal mussten wir den Reset-Knopf nur kurz drücken, um die Kamera wieder einschalten zu können, manchmal war ein 10-sekündiges Halten des Knopfs notwendig. Doch manchmal genehmigte sich die Kamera auch einfach ein paar Stunden Pause, bis sie sich wieder einschalten ließ. Auf die Probleme angesprochen schrieb uns ein Mitarbeiter der Polaroid-Presseagentur:

Das liest sich in der Tat nicht allzu positiv. Bisher habe ich jedoch noch keine ähnlichen Rückmeldungen erhalten, so dass ich denke, dass es sich nicht zwingend um ein generelles Problem der Pop handelt.

Zur Kapazität des Akkus in der Kamera macht Polaroid keine Angaben. Nach unserer Erfahrung kann man bei eingeschaltetem Display maximal drei Stunden mit der Polaroid Pop fotografieren, dann muss sie wieder an die Steckdose oder an eine separat eingepackte Powerbank. Einen ganzen Arbeits- oder Urlaubstag hält der Akku nicht durch. Drei digitale Originalbilder vom Kameraspeicher im Hochkant-Format Drei digitale Originalbilder vom Kameraspeicher im Hochkant-Format
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch

Fazit: Retro-Gefühl mit Nerv-Faktoren

Wer eine Polaroid-Pop-Kamera ohne Software-Mängel erhält, kann sich damit tatsächlich fühlen wie vor 35 Jahren. Die Polaroid-Fotos haben dasselbe Format und versprühen denselben Charme wie damals. Die Kamera ist damit deutlich mehr als nur ein Party-Gag, sondern auch von kreativen Fotografen einsetzbar. Zu diesem Preis sollten allerdings unbedingt ein Netzteil und eine Speicherkarte beiliegen. Dass der Kunde sich das noch separat besorgen muss, ist unschön.

Dringend arbeiten sollte Polaroid an der Verarbeitungsqualität der Kamera: Das billige Plastikgehäuse lässt sich leicht eindrücken und weist einen Kunststoff-Grat auf, der sich nicht gut anfühlt. Auch das Objektiv mit seinen Verzerrungen ist nicht wirklich Weltklasse und der Akku hält keinen ganzen Tag durch. Wenn dann im Lauf der Zeit die Kosten von 1 Euro pro Papierfoto noch sinken, steht dem Spaß mit einer verbesserten Neuauflage der Kamera nichts mehr im Wege.

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