Freifahrt-Mentalität

Obermann: Konzerne "mit Handschellen in den Boxring geschickt"

Telekom-Chef fordert Umsatzbeteiligung von Internetanbietern
Von dpa / Kaj-Sören Mossdorf

René Obermann: Internet-Branche hat Freifahrt-Mentalität. die Tk-Branche sollte weniger reguliert werden Obermann kritisiert Freifahrt-Mentalität der Internet-Branche
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Telekom-Chef René Obermann hat der Internet-Branche in scharfen Worten eine Freifahrt-Mentalität vorgeworfen. Ihre Devise sei: "Ihr investiert, wir schöpfen die Gewinne ab", kritisierte Obermann heute beim Mobile World Congress in Barcelona. Diese Situation sei auf Dauer nicht tragbar.

Die Telekommunikations-Branche verlangen schon lange, dass sich Internet-Riesen wie Google und Apple oder zum Beispiel auch Messaging-Anbieter an den Kosten des Datenverkehrs beteiligen. Bisher blitzte sie jedoch mit ihren Forderungen ab.

René Obermann: Internet-Branche hat Freifahrt-Mentalität. die Tk-Branche sollte weniger reguliert werden Obermann kritisiert Freifahrt-Mentalität der Internet-Branche
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Zudem forderte der Konzernchef der Deutschen Telekom noch radikaler als viele seiner Kollegen, die Branche solle überhaupt nicht mehr von Regulierungsbehörden beaufsichtigt werden. Regulierer-Maßnahmen wie die Obergrenze für Entgelte nähmen für Investitionen benötigtes Geld aus dem Markt. Die Telekom-Konzerne würden "mit Handschellen in den Boxring geschickt". Dabei sei der Wettbewerb heftig genug, dass die Industrie nicht mehr reguliert werden müsse. Andere Konzernchefs wie Telefónica-Lenker César Alierta hatten in Barcelona zuvor eine Lockerung der Regulierung gefordert.

Die Telekom-Anbieter müssten in Zukunft "smarter" werden und sich stärker für Partnerschaften mit Anbietern neuer Dienste öffnen. Die Netzbetreiber hätten diesen Unternehmen einiges zu bieten, wie zum Beispiel Schnittstellen oder garantierte Sicherheit. Als Beispiel für eine Kooperation nannte Obermann die Bündelung eines Tarifs mit dem Musikdienst Spotify. Zudem müsse man Verbrauchern einen einheitlichen Tarif für alle zugänglichen Kommunikationswege bieten statt getrennter Preismodelle.

Viber ist bereit Einnahmen zu teilen

Der Gründer des Onlinetelefonie-Anbieters Viber, Talmon Marco, argumentierte, sein Dienst locke die Kunden mehr mit Innovationen als mit dem Gratis-Angebot an. Als Beispiel nannte er Monaco: In den reichen Land mit einem Pro-Kopf-Einkommen von fast 179 000 Dollar nutzten knapp 90 Prozent der Bevölkerung den Viber-Dienst. "Finanziell haben sie das definitiv nicht nötig." Viber hat nach Marcos Angaben inzwischen 175 Millionen Nutzer weltweit.

Er sei bereit, Einnahmen aus kostenpflichtigen Viber-Angeboten mit den Telekom-Firmen zu teilen, betonte Marco. Viber werde aber nicht einfach nur für die Nutzung der Netze zahlen. Die Mobilfunk-Anbieter entwickelten sich immer mehr zu Anbietern eines Internet-Zugangs und hätten damit weniger Macht als früher.

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