Vorgabe

BNetzA: o2 muss 98 Prozent Netz­ab­deckung schaffen

Eine Aussage von o2-Chef Markus Haas auf dem MWC, man strebe bis 2020 eine LTE-Abdeckung von "über 95 Prozent" an, ließ die Branche aufhorchen. Denn die LTE-Lizenzauflagen sind strenger. teltarif.de hat bei der BNetzA nachgefragt.
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Arbeiter an einem o2-Sendemast Arbeiter an einem o2-Sendemast
Bild: o2
Obwohl sich die Netzabdeckung und Netzqualität des deutschen Telefónica-Mobilfunknetzes in vielen Regionen wie zum Beispiel Potsdam eklatant verbessert hat, gibt es nach wie vor Beschwerden über Netzlücken und insbesondere eine regional schlechte LTE-Versorgung. Dies nahm o2-Chef Markus Haas zum Anlass, auf dem MWC über 95 Prozent LTE-Abdeckung bis 2020 zu versprechen.

Gegenüber den unzufriedenen Kunden sollte dies möglicherweise beschwichtigend klingen - doch Branchenvertreter und auch die anwesenden teltarif.de-Redakteure horchten auf. "Über 95 Prozent LTE-Abdeckung bis 2020": Kann denn o2 damit die von der Bundesnetzagentur bei der Vergabe der LTE-Lizenzen gemachten Auflagen erfüllen? Schließlich hatte die Bundesnetzagentur bei der Versteigerungsrunde 2015/2016 den Netzbetreibern zur Auflage gemacht, dass sie 98 Prozent der Bevölkerung [Link entfernt] mit mobilem Breitband zu versorgen haben.

Gleichzeitig räumte Haas auf dem MWC ein, dass das 4G-Netz von o2 momentan lediglich eine Bevölkerungsabdeckung von rund 80 Prozent erreicht. Darum stellten wir uns die Frage: Wenn der Konzern die Vorgaben nicht schaffen würde - droht o2 dann möglicherweise ein Entzug der LTE-Lizenzen? Wir haben bei o2 und bei der Bundesnetzagentur nachgefragt.

Nachfrage bei Telefónica

Arbeiter an einem o2-Sendemast Arbeiter an einem o2-Sendemast
Bild: o2
Der Begriff "Netzabdeckung" ist seit Jahren ein Gegenstand vieler Diskussionen, denn dazu gibt es sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Netzbetreibern diverse Missverständnisse. Oft denken Mobilfunkkunden, wenn sie Zahlen wie 95 Prozent oder 98 Prozent hören, dies würde sich auf die Fläche Deutschlands beziehen. Die Bundesnetzagentur sprach in ihrer Vorgabe allerdings davon, dass 98 Prozent der Bevölkerung erreicht werden müssen. Auf unsere Nachfrage relativierte ein o2-Sprecher die Aussage von Markus Haas nachträglich und schrieb:

Telefónica Deutschland wird die Breitband-Ausbauziele und damit die Versorgungsauflagen der BNetzA erfüllen. Die getroffenen Aussagen stehen in keinem Widerspruch miteinander: Während in den Versorgungsauflagen von 98 Prozent der Haushalte die Rede ist, haben wir bei der Zielerreichung bis 2020 von über 95 Prozent POP-Coverage (Bevölkerung) gesprochen. Dies schließt sich nicht gegenseitig aus.

teltarif.de gab zu bedenken, dass es schließlich auch diverse Qualitäten von Netzversorgung gibt. Es kann beispielsweise ein Unterschied sein, ob man lediglich einen Versorgungsgrad erzielt, bei dem 98 Prozent der Bevölkerung im Freien LTE-Empfang haben oder ob die Signalstärke so gut ist, dass man auch in stark abgeschirmten Stahlbetonbauten oder tiefen Kellern noch Mobilfunkempfang hat. Auf diesen Einwand ging der o2-Sprecher allerdings nicht ein.

Bundesnetzagentur stellt LTE-Lizenzbedingungen klar

Daraufhin wandten wir uns an die Bundesnetzagentur, die dafür zuständig ist, die Einhaltung der Vergabebedingungen nach Mobilfunk-Lizenzversteigerungen zu kontrollieren. Und die Behörde bestätigte in ihrem Statement, worüber teltarif.de seinerzeit auch berichtet hatte: Bei der Ausbauverpflichtung geht es nicht nur darum, einen gewissen Prozentsatz der Bevölkerung mit mobilem Breitband zu versorgen, sondern auch noch zwei Arten von Verkehrswegen in Deutschland komplett zu versorgen:

Die Bundesnetzagentur verknüpft die Vergabe von Mobilfunkfrequenzen mit Auflagen zur Verbesserung der Netzabdeckung. Die Frequenzen, die 2015 für mobiles Breitband versteigert wurden, enthalten eine Verpflichtung zur Versorgung der Bevölkerung. Diese Versorgungsauflage verpflichtet jeden Mobil­funk­netz­be­treiber dazu, mindestens 98 Prozent der Haushalte bundesweit und 97 Prozent der Haushalte je Bundesland zu versorgen. Überdies sind die Autobahnen und ICE-Strecken vollständig zu versorgen. Die Versorgungsauflage muss ab 1. Januar 2020 erfüllt sein.
Die Bundesnetzagentur begleitet den Ausbau der Mobilfunknetze kontinuierlich. Zur Überprüfung der Auflage legen die Mobil­funk­netz­be­treiber der Bundesnetzagentur Versorgungsdaten vor. Damit erhält die Bundesnetzagentur frühzeitig notwendige Informationen über den Ausbaustand der Mobilfunknetze.

Die Bundesnetzagentur wollte auf Anfrage allerdings keine Prognose dazu abgeben, ob Telefónica Deutschland die Lizenzauflagen bis zum Stichtag komplett erfüllen kann. Auch die Frage, ob es realistisch sei, dass Telefónica innerhalb von 22 Monaten die Versorgung noch von 80 auf 98 Prozent steigern könne, ließ die Behörde unbeantwortet. Ebenfalls keine Angaben machte die BNetzA zu unserer Frage, welche Sanktionen einem Netzbetreiber drohen würden, der am 1. Januar 2020 nicht die geforderte Erfüllung der Auflagen vorweisen kann.

Interessant ist die ganze Diskussion nicht nur im Hinblick auf den LTE-Ausbau, sondern auch auf den anstehenden Aufbau von 5G-Netzen. Hierzu sagte Markus Haas vor wenigen Tagen bei einer Sitzung des Beirates der Bundesnetzagentur, eine teure Frequenzauktion mit zusätzlich wirtschaftlich unverhältnismäßigen Auflagen konterkariere das Ziel, Deutschland führend bei 5G zu machen. Haas und die Vertreter der anderen beiden Netzbetreiber forderten daher ein Modell, bei dem der Bund auf Milliarden-Einnahmen aus Frequenzen verzichtet und die Netzbetreiber dafür schneller ausbauen.

Links zu den Netzabdeckungskarten der Netzbetreiber finden Sie auf unserer Übersichtsseite zur Netzabdeckung.

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