Wechsel

Editorial: Neuer Chef, neue Investitionen?

Telefónica verliert den aktuellen Chef zum 31. März 2017. Wird der Nachfolger den Investitionsstau beseitigen und insbesondere Netzfusion und -ausbau beschleunigen?
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Thorsten Dirks verlässt Telefónica Deutschland Ende März Thorsten Dirks verlässt Telefónica Deutschland Ende März
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Über die genauen Hintergründe des Weggangs von Telefónica-Chef Thorsten Dirks sagt die Pressemeldung wenig aus. Doch die Umstände, etwa, dass Dirks nicht zumindest bis zum Ende der Laufzeit seines Vertrags bleibt, deuten nicht gerade darauf hin, dass Dirks im Guten geht.

Weder ist die Integration der Netze der unter dem Dach der Telefónica fusionierten Anbieter o2 und E-Plus abgeschlossen, noch läuft es sonst besonders rund. Im Sommer verloren zahlreiche E-Plus-Kunden vorübergehend den Zugang zum 4G-Netz. Die Hotline ist seit Monaten schlecht erreichbar. Es liegt also nahe, dass man beim Telefónica-Mutterkonzern in Spanien mit Dirks nicht zufrieden ist.

Dirks-Nachfolger hat viele Aufgaben vor sich

Thorsten Dirks verlässt Telefónica Deutschland Ende März Thorsten Dirks verlässt Telefónica Deutschland Ende März
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Wer immer Thorsten Dirks nachfolgt, muss entsprechend viele Aufgaben lösen. Der neue Chef muss dafür sorgen, dass die Hotline wieder erreichbar wird, dass die diversen Probleme, die bei der Migration der Kunden auf die fusionierte Service- und Abrechnungsplattform passiert sind, zügig behoben werden. Die Details der Netzfusion, insbesondere der geplante Abbau von zahlreichen Sites, müssen nochmal auf den Prüfstand, genauso wie die Pläne für den Netzausbau in den kommenden Monaten und Jahren. Schließlich ist zu erwarten, dass die künftigen 5G-Netze eher mehr denn weniger Standorte als bisher benötigen werden. Und schließlich muss das Image der derzeit doch recht ramponierten Marke o2 wieder aufpoliert werden.

All das wird nicht gelingen, ohne, dass die Kosten steigen. Der neue Chef wird mit der Mutter in Madrid deren Zustimmung zu einem Investitionsprogramm in Milliardenhöhe aushandeln müssen, als Bedingung dafür, dass er den Posten überhaupt antritt.

Es muss ins Netz investiert werden

Im aktuellen Wechsel des Chefs liegt also auch eine große Chance, Telefónica Deutschland endlich als starken dritten Provider in Deutschland aufzustellen. Telefónica hat für die Übernahme von E-Plus viel Geld aufgewendet. Jetzt nicht zu investieren und die Marktmacht des nach Kundenzahl größten Mobilanbieters Deutschland weiter auszubauen, sondern nur auf Synergien und Kosteneinsparungen zu setzen, wäre töricht.

Insbesondere beim Netzausbau ist viel zu tun. Es muss endlich LTE/4G-800 flächendeckend ausgerollt werden - und zwar so, dass 5G-700 dann in drei bis vier Jahren ohne erneute zeitraubende Technikereinsätze aufgeschaltet werden kann. In dichter besiedelten Gebieten muss zügig 4G-2600 live geschaltet werden, an besonders beanspruchten Hotspots zudem 4G-2100.

Bessere Angebote für die Kunden

Die Idee, die Drosselgeschwindigkeit künftig auf 1 MBit/s anzuheben und dazu das bei Telefónica weniger belastete und mit umfangreichen Frequenzrechten ausgestattete 3G-Netz zu verwenden, ist sehr gut. Doch muss parallell den Kunden, denen 1 MBit/s nicht reicht, und die in Einzelmonaten auch mal deutlich mehr als 5 bis 10 GB benötigen, auch die Möglichkeit geboten werden, 20 oder gar 50 GB nachzukaufen. In einem Vertrag mit 10 GB Inklusivvolumen ist die Datenautomatik mit dreimal 0,25 GB zusätzlich kaum mehr als der berüchtigte Tropfen auf dem heißen Stein.

Mit dem Weggang von Thorsten Dirks hat sich die Redaktion auch in der aktuellen Folge unseres Podcasts "Strippenzieher und Tarifdschungel" beschäftigt.

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