Tchibo Mobil feiert 15. Geburtstag
Das Mobilfunkangebot des Kaffeerösters Tchibo wird 15 Jahre alt. Damals waren die Preise revolutionär. Heute setzt man auf faire Angebote.
Foto: Tchibo Mobilfunk
Der erste No-Frills-Provider im deutschen Mobilfunk wird in diesen Tagen 15 Jahre alt. Nein, es ist nicht simyo, sondern Tchibo Mobil. Unser Redakteur Henning Gajek war Kunde der ersten Stunde und erinnert sich.
Branche horchte auf
Das Mobilfunkangebot des Kaffeerösters Tchibo wird 15 Jahre alt. Damals waren die Preise revolutionär. Heute setzt man auf faire Angebote.
Foto: Tchibo Mobilfunk
Die Branche horchte auf, als bekannt wurde, dass der Netzbetreiber o2-Germany und der Konsumgüter-Einzelhändler Tchibo gemeinsam einen Mobilfunkprovider auf die Beine stellen wollten. Erste Hinweise und Gerüchte tauchten bereits 2004 auf. Ein Einheitspreis von 35 Cent pro Minute war damals revolutionär, denn tagsüber wurden teilweise noch 89 Cent pro Minute verlangt, abends und am Wochenende konnten es auch deutlich weniger sein. Kai Petze analysierte in seinem Editorial die Bedeutung dieses Angebotes.
Startschuss: 4. Oktober 2004
Am 4. Oktober 2004 ging teltarif.de-Redakteur Henning Gajek in einen Tchibo-Shop, um eines der ersten Startpakete zu erwerben. Seine Erfahrungen beschrieb er hier. Damals waren einfache Telefone angesagt. Die Bilder der "Kamera-Handys" waren noch unscharf und pixelig. An Smartphones dachte außer einer Handvoll BlackBerry- oder Nokia-Communicator-Fans noch niemand.
Die verantwortlichen Produktmanager bei Telefónica-o2 waren von den Vorstellungen der Tchibo-Spezialisten ziemlich verblüfft. "Die kamen zu uns und erklärten uns genau, was der Kunde oder die Kundin genau braucht oder täglich kauft, die wussten das absolut genau - bis ins allerletzte Detail. Sie forderten von uns ein 'Kompakt-Handy' und ein 'Foto Handy'. Wir schlugen denen verschiedene Modelle bekannter Hersteller vor. "Nein", sagten die Tchibo Leute, "das muss 'Kompakt Handy' oder 'Foto Handy' heißen, genaue Marken und Typenbezeichnung spielen hier absolut gar keine Rolle!" Das war in der technik-verliebten Branche bis dahin völlig unbekannt. "Da wollte jemand ein Auto mit vier Rädern, das gut fährt und preiswert ist" haben.
Das Konzept der Tchibo-Manager ging auf. Das einfache Start-Paket-Handy (gebaut von Alcatel) ging weg wie geschnitten Brot (20 000 Stück in kurzer Zeit) und war in kürzester Frist ausverkauft. Tchibo konnte nochmal nachordern, doch schnell war die Lieferung wieder ausverkauft.
Anfangs bürokratisch, später einfacher
Am Anfang musste man sich im Shop noch ausweisen und ein Formular ausfüllen, später ging das auch einfacher. Bereits ein Jahr nach dem Start hatte Tchibo 400 000 Kunden und bedankte sich bei den Kunden mit günstigem Kaffee.
Zunächst hatte Tchibo nur ein "No Frills"-Prepaid-Angebot, das mit Hilfe von Rubbelcodes aufgeladen werden konnte. Die Verwendung von "Loop"-Codes, wie sie für das Schwester-Produkt o2-Prepaid angeboten wurde, funktionierte offiziell nicht. Wenn man statt der "o2-Loop"-Hotline die Tchibo-Hotline anrief und dort im Sprachmenü den Aufladecode der o2-Loop-Karte eingab, klappte es. Geldautomaten von Banken und Sparkassen waren ebenfalls eine gute Adresse.
Tchibo-intern: Nur 5 Cent
Tchibo sorgte weiter für Wirbel im Markt und erlaubte Gespräche zwischen Tchibo-Kunden für nur 5 Cent pro Minute. Dies sollte dazu führen, dass Familien oder Freundeskreise sich alle eine Tchibo-Karte besorgten, um günstiger untereinander in Kontakt bleiben zu können.
simyo lief Tchibo den Rang ab
Im Juni 2005 kam simyo (im damals noch eigenständigen Netz von E-Plus) mit einem Kampfpreis von 19 Cent rund um die Uhr auf den Markt. Die Branche war geschockt. Wer gedacht hätte, dass Tchibo sofort nachziehen würde, wurde zunächst enttäuscht. Mit einer piffigen Werbekampange "weil einfach einfach einfach ist" zog simyo alle Aufmerksamkeit auf sich.
Tchibo verschwand (scheinbar) in der Versenkung. Doch alle "Wahrsager", die ein baldiges Ende des Produktes oder eine Reintegration zu o2 vorhersagten, lagen falsch.
Ein kurzer Ausflug ins Festnetz mit einem "Tarifadapter" (ein Gerät, das vor alle Telefonate eine "Sparvorwahl" einschieben sollte) erwies sich als Flop.
simyo musste gehen, Tchibo ist noch da
Mit der Zeit senkte Tchibo langsam die Preise (von 35 auf 25 und dann auf 19 Cent) blieb dabei aber lange oberhalb der neuen Tarif-Marken, die simyo gesetzt hatte. Wer allerdings zum richtigen Zeitpunkt seine neue Tchibo-SIM-Karte erwarb, konnte immer wieder für eine Weile kostenlos zu anderen Tchibo-Kunden anrufen. Die Preise für neue SIM-Karten bröckelten langsam auf 5 Euro.
Im Laufzeitvertrag überraschte Tchibo mit günstigen Grundpreisen von 2,95 Euro (vorher 4,95 Euro) pro Monat und monatlicher Kündigungsmöglichkeit, was bis dahin auch eher "unüblich" gewesen war. Die Kundenzahl stieg auf knapp 800 000 Kunden.
Immer wieder meldete sich Tchibo mit kurzfristigen Tarifaktionen zu Wort. Gebuchte Tarife sollten "ewig" gelten, bis der Kunde die Option von sich aus kündigte, weil er sie nicht mehr brauchte oder eine andere Option interessanter war.
Mit dem Ausstieg von Markengründer Rolf Hansen bei simyo verblasste das permanente Marketing-Feuerwerk von simyo. Pannen im Kundenservice sorgten für Frust. Nach der Fusion von E-Plus und o2 wurde simyo eines Tages bei Blau integriert und ist damit komplett vom Markt verschwunden. Tchibo hingegen ist geblieben. Allen Unkenrufen zum Trotz.
Tchibo funkt bei o2
Tchibo funkt seit Netzstart im Netz von Telefónica-o2. Wie alle anderen Nutzer im o2-Netz können Tchibo-Kunden inzwischen LTE nutzen, soweit ihr Telefon und die Sendestation vor Ort es erlauben.
Die Tchibo-Service-Hotline war anfangs nur unter einer teuren internen Kurzwahl oder einer vom Handy nicht minder teuren 01805-Rufnummer zu erreichen. Auch das hat sich geändert: Heute hört die Tchibo-Hotline auf eine regulärer Hamburger Festnetz-Rufnummer: 040-605 900 095 (Mo-Sa 8-22 Uhr, außer Sonn- und Feiertage) oder ist per E-Mail info (at) tchibo-mobil.de zu erreichen. Wer Spaß an neuer Technik hat, kann auch den Chat-Bot "Tom" auf www.tchibo-mobil.de bemühen. Von ihm darf man, wie bei den meisten Bots im Markt, nur einfachste Standard-Antworten (die nicht immer sinnvoll sind) erwarten.
Einfache Angebote auf Dauer
Inzwischen die Minuten-Preise im Einheitstarif auf "marktübliche" 9 Cent pro Minute abgesunken, SMS kosten ebenfalls 9 Cent, MMS bleiben bei 39 Cent. Ist keine Datenoption gebucht, kosten 100 kB 0,024 Euro, was einem Megabyte-Preis von 24 Cent entspricht. Datenoptionen sind in verschiedenen Größen buchbar, es gibt auch Kombipakete aus Minuten und Daten und einen Rabatt für Inhaber der Kundenkarte "Tchibo-Card". Hier gilt beispielsweise ein Kurs von 20 Minuten für 180 "Treuebohnen" oder 300 MB Datenvolumen für 299 "Treuebohnen". Viele Optionen werden nicht mehr monatlich, sondern nur noch im Vier-Wochen-Turnus abgerechnet, was aufs Jahr gerechnet 13 Pakete (statt 12) benötigt, wenn man nicht zwischendurch kündigt.
Tchibo definiert sich so: "Mit fairen, einfachen Angeboten, günstigen Preisen sowie einer konstant hohen Service-Qualität (solange die Kunden keine speziellen Sonderwünsche hatten) hat sich Tchibo Mobil in den letzten 15 Jahren immer den veränderten Marktbedingungen angepasst." Ob mit der Einführung der kostenlosen "Tchibofon-Flatrate" 2007, der (relativ späten) Einführung des Neun-Cent-Einheitstarifs 2011, dem Launch der Jahrespakete 2013 (ein Jahr im Voraus bezahlen) oder dem Start der Allnet- und SMS-Flat für LTE-Tarife in 2018 (was im Markt vorher schon üblich war).
Im Jubiläumsjahr 2019 hat Tchibo einen neuen Claim definiert: „So gut wie unser Kaffee“ lautet der neue Slogan, mit dem die kürzlich aufgewerteten Mobilfunk-Tarife des Kaffeerösters gemeint sind. Die Smartphone-Tarife seien "wie vom Barista mit einem richtig dosierten Tarif für jeden Bedarf": Den Espresso Tarif in S, die Caffè Crema Variante in M oder den Latte Macchiato der Smartphone-Tarife in den Größen L und XL. Die Unterschiede zwischen den Tarifen liegen im verfügbaren Datenvolumen. Gemeinsam haben aber alle ihre Flexibilität und Ungebundenheit. Nicht nur im Urlaub praktisch: Die Smart-Tarife gelten für alle deutschen Netze und innerhalb des gesamten EU-Auslands.
Zum Geburtstag bietet Tchibo mobil ab dem 7. Oktober einen neuen Aktionstarif an. Für unter 10 Euro pro 4 Wochen (!) bekommen die Kunden dann eine Allnet-Flat mit 4 GB Daten und LTE-Zugang.
70 Jahre Tchibo
Übrigens: Das Unternehmen Tchibo kann dieser Tage doppelt feiern: Tchibo wird 70 Jahre alt. Es wurde 1949 vom Kaffeehändler Max Herz und dem Gewürzkaufmann Carl Tchiling-Hiryan gegründet. Der außergewöhnliche Name "Tchibo" ist die Abkürzung für "Tchilling-Bohne", eine außergewöhnliche Kaffeesorte, die der Firmenmitbegründer entdeckt hatte. 2018 beschäftigten Tchibo und seine Tochterunternehmen weltweit rund 11 850 Mitarbeiter, davon rund 7700 in Deutschland. Der Umsatz betrug 3,15 Milliarden Euro. Im selben Jahr unterhielt das Unternehmen rund 620 Filialen innerhalb und rund 350 außerhalb Deutschlands.