Für mehr Qualität: Vermessung der 5G-Netze per Drohne
Guckmal, was da fliegt: Eine Messdrohne kann die Netzabdeckung dreidimensional erfassen.
Foto: Ericsson
Der schwedische Netzwerkausrüster Ericsson hat eine neue Drohnen basierte Testlösung für die Messung
der Abdeckung und Performance von Mobilfunknetzen entwickelt. Die Technik hierzu kommt vom
Messtechnik-Spezialisten Rohde & Schwarz. Das neue Testverfahren bietet bisher nicht gekannte
Zugangsmöglichkeiten im dreidimensionalen Raum, sowie extreme Positionsgenauigkeit und Reproduzierbarkeit
der Messungen. Darüberhinaus soll es neue Möglichkeiten zur Sicherstellung der geforderten Quality
of Service (QoS) beim Endnutzer von anspruchsvoller 5G-Anwendungsbereiche wie der Industrie 4.0, der
Automobil-Wirtschaft und der öffentlichen Sicherheit bieten.
Die Einführung des Mobilfunkstandards 5G New Radio (NR) in Mobilfunknetzen bietet Teilnehmern, Behörden und Industrie neue Möglichkeiten. Damit kommt das Thema Nachprüfung ("Verifizierung") der geforderten Netz-Abdeckung und der Leistungsfähigkeit dieser Netze ganz neues Gewicht. Künftige Netze können viel genauer geprüft werden, ob sie die Anforderungen erfüllen, etwa bei der Ausleuchtung des Versorgungsgebietes.
Am Standort Jorvas in Finnland hat ein Projektteam unter Führung von Richard Wirén, dem Technischen Leiter von Ericssons "5G- Readiness-Program (RAN)", zusammen mit der finnischen Centria University of Applied Sciences (Hochschule für angewandte Wissenschaften) ein ganz neues System zum Testen der Abdeckung von Mobilfunknetzen entwickelt.
Mobilfunk und Messempfänger an der Drohne
Guckmal, was da fliegt: Eine Messdrohne kann die Netzabdeckung dreidimensional erfassen.
Foto: Ericsson
Dabei greift Ericsson auf die Hilfe des Funktechnik-Spezialisten Rohde & Schwarz (R&S) zurück. Dieses Unternehmen baut schon lange Mess-Empfänger
für alle Frequenzen und Rundfunksender für Radio- und TV-Sender. Bei dem Projekt in Finnland kommen
Mobilfunkscanner und Smartphone basierte Geräte zur Netzoptimierung (Network Optimizers) von Rohde &
Schwarz zum Einsatz. Diese Messtechnik hängt an einer Drohne. Diese Einheit kann automatische Tests mit
hoher Flexibilität durchführen. Flugroute und -geschwindigkeit lassen präzise steuern.
Diese Lösung ist besonders für industrielle Anwendungen gedacht. Gegenüber den üblichen herkömmlichen "Walk- und Drive"-Tests (wo ein Mensch mit einem Rucksack durch ein Gebiet läuft oder ein Auto eine bestimmte Strecke abfährt) bietet diese neuen Tests den Vorteil bislang unerreichter Reproduzierbarkeit und Positionsgenauigkeit. Damit kann auch die Beamforming-Funktion getestet werden. Die gemessene Netzabdeckung wird als 3D-Bild dargestellt.
An der Drohne hängt der TSMA6 Autonomous Mobile Network Scanner von R&S, der wichtige LTE- und 5G NR-Abdeckungsparameter gleichzeitig misst: Also das Reference Signal Received Power (RSRP, Referenzsignal der Empfangsfeldstärke am Endgerät) und Signal to Interference-plus-Noise Ratio (SINR) gemäß 3GPP-Spezifikationen. In Kombination mit dem R&S QualiPoc Android smartphonebasiertem Network Optimizer (benötigt einen Qualcomm-Chipsatz und Root auf dem Handy) lassen sich zusätzlich der IP-Datenverkehr aufzeichnen und wichtige Kennwerte für QoS-wie Serving Cell-Parameter (Serving Cell: Versorgungszelle) messen. Die Lösung verwendet dazu im Moment noch LTE-fähige Endgeräte; im Zuge der Weiterentwicklung des Systems werden jedoch bald auch 5G-Endgeräte wie Samsung Galaxy S10 5G zum Einsatz kommen.
Präzise Flugbahnen
Die Flugroute der Drohne kann präzise in drei Dimensionen programmiert werden. In bisher mehr als 20 erfolgreichen Testflügen hat sich die sehr hohe Reproduzierbarkeit (Wiederholbarkeit) der Messungen wie auch der Ergebnisse gezeigt. Je nach Testfall wurden die Flüge mit unterschiedlicher Dauer, Höhe und entlang unterschiedlicher Routen durchgeführt. Die Steuerung und Authentifizierung der Drohne sowie die Gewährleistung der Sicherheit im Luftraum stellen erhebliche Herausforderungen bei der Entwicklung robuster, Drohnen basierter Lösungen dar. Im neuen System laufen diese Prozesse über Mobilfunknetze ab; damit entfällt die Notwendigkeit einer Sichtverbindung zwischen der Drohne und dem steuernden Piloten.
Forschung mit finnischer Universität
Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen Ericsson, Rohde & Schwarz, der Tampere University (Finnland) und der Centria University of Applied Sciences und ist Teil des Business Finland 5G-FORCE-Programms.
Für Richard Wirén, Technischer Leiter des 5G Readiness Program (RAN) von Ericsson, ist wichtig: „Damit sich die an 5G gestellten Erwartungen erfüllen, ist die Erprobung der Funktionsfähigkeit und Qualität von Mobilfunknetzen im Feld von entscheidender Bedeutung. Mit dieser einzigartigen Entwicklung leisten wir Pionierarbeit, um für unsere Kunden die erforderliche Netzwerkperformance und Qualität sicherzustellen. Wir freuen uns, dabei die bewährten Testlösungen von Rohde & Schwarz nutzen zu können und sind glücklich, dass wir in unseren Lösungen in naher Zukunft handelsübliche 5G NR-Endgeräte wie das Samsung Galaxy S10 5G einsetzen können.“
Hanspeter Bobst, Vice President Mobile Network Testing bei Rohde & Schwarz freut sich die "Kompetenz [von Rohde & Schwarz] im Bereich Mobile Network Testing mit Ericssons langer Tradition innovativer Netzentwicklungen bündeln zu können. Angesichts der fortschreitenden Umsetzung von 5G NR in die Praxis können wir Endnutzern damit die geforderte Quality of Experience zur Verfügung stellen.”
Bei der Entwicklung zukünftiger Testlösungen werden kritische 5G-Anwendungen wie öffentliche Sicherheit und Machine-to-Machine (M2M)-Applikationen für Industrie 4.0 im Mittelpunkt stehen, wobei sich der Frequenzbereich hin zu extrem hohen Bändern im Millimeterwellenbereich verschiebt und Tests im immer mehr städtischen (urbanen) Umfeld stattfinden werden.