Aufregend

Test: So viel schneller ist 5G im Vergleich mit LTE

Eigent­lich ein Luxus­problem: Die Telekom kann 4G-LTE-Raten von 100 bis 200 MBit/s und mehr (outdoor). Wie viel schneller ist 5G wirk­lich? Ein Selbst­versuch.
Von

Neben dem Ookla-Speedtest, der längst einen Quasi-Standard bildet, kann auch der Speedtest von T-Online verwendet werden. Dazu muss keine extra App installiert werden. Neben dem Ookla-Speedtest, der längst einen Quasi-Standard bildet, kann auch der Speedtest von T-Online verwendet werden. Dazu muss keine extra App installiert werden.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Spricht man über Mobil­funk, kommt schnell das Thema 5G auf. Was kann dieses 5G? Wie fühlt es sich in der Praxis an?

Huawei Mate 20 X 5G

Wer willens und bereit ist, etwa 800 bis 1100 Euro für ein nagel­neues Handy auszu­geben (oder seinen laufenden Vertrag "aufblasen" möchte), hat in Deutsch­land die Wahl zwischen wenigen Modellen von Samsung oder Huawei. Es gibt noch andere 5G-fähige Hersteller wie Oppo oder Xiaomi, die man sich aber im Moment nur auf Schleich­pfaden (Bestellen im Ausland) besorgen kann, beispiels­weise das Xiaomi Mi Mix 3 5G oder das Oppo Reno 5G und sicher gibt es noch weitere.

Am Start: Huawei Mate 20X 5G

Neben dem Ookla-Speedtest, der längst einen Quasi-Standard bildet, kann auch der Speedtest von T-Online verwendet werden. Dazu muss keine extra App installiert werden. Neben dem Ookla-Speedtest, der längst einen Quasi-Standard bildet, kann auch der Speedtest von T-Online verwendet werden. Dazu muss keine extra App installiert werden.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Wir haben uns ein Huawei Mate 20X 5G besorgt und darin eine für 5G frei­geschal­tete SIM-Karte im Netz der Deut­schen Telekom ("D1") einge­legt. Der Gerä­tekarton war noch jung­fräu­lich. Mit Hilfe scharfer (Frauen-)Finger­nägel gelingt es, die Folie zu entfernen, Deckel abheben, Gerät heraus­nehmen und mit einer Steck­nadel (liegt bei) das SIM-Fach öffnen. SIM-Karte einlegen, Gerät einschalten, SIM-Karten-PIN eingeben und erst einmal das Gerät einrichten. Google begrüßt noch mit seinem umfang­reichen Angebot, man muss hier und da und dort zustimmen (oder könnte auch ablehnen) und dann noch ein Konto bei Huawei? Danke, später viel­leicht.

Konfi­gurieren und Soft­ware instal­lieren

Dann in den Google Play Store und Speed­test von Ookla herun­terge­laden und gestartet.

Wir erhielten das Gerät im Telekom-Haupt­quar­tier im Bonner Land­grabenweg, wo es einen (öffent­lich zugäng­lichen) Star­bucks Coffee Shop gibt. Im Innen­raum kommt nur LTE zum Nutzer durch, vor der Tür (bei winter­lichem Niesel­regen) schal­tete das Handy auf 5G um. Der erste Speed­test enttäu­schend: 128 bis 172 MBit/s - mehr nicht.

Fehler am Gerät? Befragte Spezia­listen sind ziem­lich ratlos. "Da habe ich schon 1,2 GBit/s gemessen - da muss irgendwas falsch laufen." Lustiges Updaten: Das Gerät wurde mit 9.1.1.118 ausgeliefert. Es folgten nacheinander Updates auf 9.1.1.157, 167 und 188. Das bringt drastische Verbesserungen. Lustiges Updaten: Das Gerät wurde mit 9.1.1.118 ausgeliefert. Es folgten nacheinander Updates auf 9.1.1.157, 167 und 188. Das bringt drastische Verbesserungen.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de

Nach dem Auspa­cken folgen Updates

Ein Tipp eines anderen Spezia­listen: "Schau mal, ob es für das Gerät ein System­update gibt."

Gesagt getan. Das Gerät wurde mit Soft­ware-Version 9.1.1.118 ausge­liefert. Ange­boten wurde ein Update auf 9.1.1.157 in einer Größe von 3,4 GB. Das Update konnte über 5G problemlos geladen werden, wenn auch mit "gerin­gerer" Geschwin­digkeit (von 100 bis 200 MBit/s). Danach ein kurzer Test: Version aktuell? Nein. Die frisch gela­dene Version 9.1.1.157 meldete, dass schon wieder ein Update, diesmal auf 9.1.1.167 vorliege (nochmal 500 MB). Also geladen. Und nochmal probiert: Es gäbe jetzt noch ein Update auf 9.1.1.188. Also wieder laden. Eine Antenne zu "sehen" bedeutet nicht unbedingt, schneller zu surfen. 5G gegenüber vom Bonner Hauptbahnhof. Eine Antenne zu "sehen" bedeutet nicht unbedingt, schneller zu surfen. 5G gegenüber vom Bonner Hauptbahnhof.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de

5G in der Einkaufs­passage unterm Glas­dach

Wegen des Regens hatten wir uns in eine Einkaufs­passage am Bahnhof zurück­gezogen, indoor gab es 5G-Versor­gung, und siehe da: 300 bis 500 MBit/s waren möglich.

Die Abreise aus Bonn nahte: Auf Gleis 1 am Haupt­bahnhof, die Antenne auf dem Primark-Kauf­haus fest im Blick: 300 MBit/s. Mehr nicht. Vor rund 40 oder 50 Jahren dachte an dieser Stelle noch niemand an Mobilfunk: Checkpoint Charlie Berlin. Vor rund 40 oder 50 Jahren dachte an dieser Stelle noch niemand an Mobilfunk: Checkpoint Charlie Berlin.
Foto: Henning Gajek

Weiter nach Berlin

Mit dem Zug nach Berlin. Vom Bahnhof Fried­rich­straße mit der U-Bahn U6 bis Koch­straße (nur Telekom-Edge) und am Ende der Treppe wieder 5G. Gleich gemessen: 800 MBit/s, die 5G-Antenne fest im Blick.

Warum geht es nicht schneller?

Großes Rätsel­raten über die Ergeb­nisse. Nein, sagen befragte Experten, das ist die Physik. Wenn man sich außer­halb des "Beams" der Antenne befindet (weil gerade ein anderer Nutzer Daten braucht) bekommt man selbst nied­rigere Daten­raten. Dann: Die Frequenz von 3,5 GHz ist extrem empfind­lich. Je höher die Frequenz, desto geringer die Reich­weite. Knapp 800 MBit/s am Checkpoint Charlie, die Antenne in Sichtweite. Vormittags gegen 11 Uhr. Knapp 800 MBit/s am Checkpoint Charlie, die Antenne in Sichtweite. Vormittags gegen 11 Uhr.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de

Ist das schlimm?

Nein, ist es nicht. Die hohen Geschwin­digkeiten zeigen, dass es funk­tioniert. Noch sind die Funk­zellen menschen­leer. Aber an Punkten, wo sich viele Menschen ballen, an Hotspots, Touris­muszen­tren, Konzert­hallen, Sport­stadien und so weiter, wird heute schon viel Band­breite gebraucht, sehr viel.

Nun ist - beispiels­weise in Berlin - die LTE-Versor­gung der Telekom heute schon traum­haft, Daten­raten von 100 bis 300 MBit/s sind bei LTE eher die Regel, solange man im Freien unter­wegs ist. Aber auch in durch­fahrenden Zügen kann von den 5G-Signalen noch einiges ankommen, von LTE sowieso.

Die Indoor­schwäche der Telekom

Geht man ins Haus, so "schwä­chelt" das Signal der Telekom oft, man empfängt "E" und kann damit daten­mäßig wenig anfangen. Andere Anbieter, wie das viel geschol­tene o2, lieferten indoor oft noch gutes Netz mit H+ (UMTS) oder LTE.

5G steckt in den Kinder­schuhen

5G steckt noch in den Kinder­schuhen. Die Signal­über­tragung ist deut­lich robuster als bei 4G, aber die extrem hohen Frequenzen fordern ihren Tribut. Später einmal wird 5G auch auf nied­rigeren Frequenzen ausge­strahlt werden, dann lassen sich bessere Vergleiche ziehen, man rechnet mit etwa 15 bis 20 Prozent mehr Perfor­mance zwischen 4G und 5G auf der glei­chen Frequenz.

Brauche ich jetzt 5G?

Der Technik-Freak, der in einer der 5G-Regionen lebt oder oft dort vorbei­kommt, wird sich unter den Christ­baum viel­leicht ein 5G-fähiges Handy legen, wenn sein Mobil­funk­vertrag (von Telekom oder Voda­fone) 5G seri­enmäßig anbietet. Bei o2 ist es derzeit noch unklar, ob 5G gene­rell frei­gegeben oder nur als kosten­pflich­tige Option verfügbar sein wird. Wann 1&1-Dril­lisch an seinen eigenen Netz­start geht, bleibt eines der best­gehü­tetsten Geheim­nisse unseres Landes.

LTE und VoLTE immer wich­tiger, 3G verschwindet

Der mobile Gebrauchs­tele­fonierer, der noch auf sein Nokia 3310 mit unend­lichem Akku schwört, oder viel­leicht schon ein 2G/3G-fähiges Handy nutzt, sollte sich zu Weih­nachten unbe­dingt ein 4G-fähiges Gerät schenken (lassen), das möglichst auch VoLTE und VoWifi (WLAN-Call) beherrscht. Es gibt einige Geräte, die vorgeben, VoLTE zu können, nur in deut­schen Netzen funk­tioniert es oft nicht.

Nach Möglich­keit mit dem Verkäufer ein Rück­gabe­recht verein­baren, wenn VoLTE nicht funk­tioniert. Es muss nicht am Gerät liegen, auch beim eigenen Netz­anbieter muss VoLTE akti­viert sein. In güns­tigen Tarifen gibt es das oft nicht, mobilcom-debitel ist mit seinen Green-LTE-Tarifen da eine löbliche Ausnahme. Nur kostet es etwas Mühen, der Hotline zu vermit­teln, dass sie VoLTE frei­schalten kann und darf und das auch tut.

Und 3G/UMTS? Wird verschwinden. Nicht auf Knopf­druck auf einen Schlag komplett, sondern schlei­chend. Hier ein Sender umge­rüstet, dort einer wegge­nommen. UMTS wird bald ganz verschwunden sein.

Vor 5G muss erst mal 4G kommen

5G geht derzeit mit Riesen­schritten weiter. Noch lange ist keine flächen­deckende 5G-Versor­gung in Sicht. Die ab und zu gemel­deten Daten­raten von 1,2 GB/s (etwa 1200 MBit/s) sind Traum­werte, die man bei gutem Wetter, direkter Sicht und "leerer" Funk­zelle errei­chen kann.

Noch braucht 5G mit NonStandAlone (NSA) die heutigen 4G-Netze als Basis. Die nächste Stufe 5G-SA (Stan­dalone) wird ab nächstem Jahr ausge­rollt. Dann sind neue und flot­tere Szena­rien möglich.

Bereits im September haben wir 5G von der Deut­schen Telekom in Darm­stadt getestet. Dabei kamen erst­mals zwei Geräte für den neuen Netz­stan­dard zum Einsatz. Gemessen haben wir damals bis zu 900 MBit/s.

Mehr zum Thema Netzausbau