Mobilfunkausbau

Ausbauverpflichtung: Grüne wollen "Recht auf Mobilfunk"

Täglich gibt es neue Vorschläge, wie der mangel­hafte Netz­ausbau beschleu­nigt werden könnte. Hilft da ein Gesetz, das Netz­betreiber einfach zum Ausbau verpflichtet?
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Vorschläge, wie die regional nach wie vor mangel­hafte Netz­versor­gung verbes­sert werden könnte, gibt es immer wieder. Der Politik trauen die Bürger in Sachen Digi­tali­sierung und Internet am wenigsten zu. Dabei macht die Politik ab und an Vorschläge, die dann aber in der Verwal­tung oder der Realität vor Ort stecken bleiben. So schlägt die Partei Bündnis 90/Die Grünen ein "Recht auf Mobil­funk" vor. Dafür wollen die Grünen bis Ende des Monats einen Antrag in den Deut­schen Bundestag einbringen, wie die in München erschei­nende Tages­zeitung Süddeut­sche Zeitung heute berichtet.

Mobil­funk als "Pflicht­dienst"

Wie können die Mobilfunkanbieter "motiviert" werden, auch in dünn besiedelten Regionen Sender aufzubauen? Per gesetzlichem Zwang? Wie können die Mobilfunkanbieter "motiviert" werden, auch in dünn besiedelten Regionen Sender aufzubauen? Per gesetzlichem Zwang?
Foto: Deutsche Telekom
Demnach soll der Mobil­funk in Deutsch­land als "Pflicht­dienst" ange­ordnet werden können. Das würde bedeuten, der Bund könnte Tele­komun­ternehmen in unter­versorgten Regionen gesetz­lich zum Ausbau der Netze verpflichten. "Ihr müsst bauen! Keine Wider­rede!"

Die Grünen plädieren folge­richtig auch für eine entspre­chende EU-Rege­lung. Als Sofort­hilfe schlagen sie dem Bericht zufolge vor, dass Mobil­funk­kunden in unter­versorgten Gebieten Netze anderer Anbieter mitbe­nutzen dürfen, fordern also das unge­liebte "natio­nale", "regio­nale" oder "lokale" Roaming.

Mobil­funker sind nicht begeis­tert

Kein Wunder, dass die Mobil­funk­anbieter diese Ideen nicht für ziel­führend halten. So soll Telefónica Deutsch­land (o2) auf die Anfrage der Zeitung geant­wortet haben, dass die für die Frequenzen ausge­gebenen Milli­arden nun mal für den Netz­ausbau fehlten (das ist Fakt), und die Deut­sche Telekom wies auf aufwen­dige Geneh­migungs­verfahren und lokale Wider­stände vor Ort hin, welche den Ausbau nach­weisbar verzö­gern (auch das ist Fakt).

Wo könnte das hinführen?

Spielen wir den Gedanken einmal weiter: Wenn eine Auto­bahn gebaut wird, gibt es eine Ausschrei­bung: Wer baut eine Auto­bahn von A nach B und was kostet das? Das ginge bei Mobil­funk auch. Eine Ausschrei­bung für eine bestimmte Region, die flächen­deckend auszu­bauen ist. Dann kann jeder Anbieter sein Angebot abgeben und beim Gewinner der Ausschrei­bung wird diese Leis­tung (Versor­gung) bestellt und bezahlt. Zu klären ist die Frage, ob Kunden, die nicht beim "Gewinner" des Ausbaus Kunden sind, versorgt werden müssen und wenn ja, zu welchen Kondi­tionen. Blieben sie "unver­sorgt", müssten sie zum ausbau­enden Anbieter wech­seln. Das würde die Moti­vation für die Verlierer erhöhen, auch Funk­löcher auszu­bauen, damit die Kunden da bleiben. Zumin­dest theo­retisch.

Für den Ausbau müssen auch die Geneh­migungs­verfahren stark verein­facht werden. Dazu gibt es längst mach­bare Vorschläge: Muster­zulas­sungen für Sende­stationen. Wer eine Sende­station nach dieser Muster­zulas­sung bauen will, kann sofort bauen und einschalten, ohne das extra noch einmal bean­tragen zu müssen.

Heikel wird es aber bei einem Grund­satz­problem: Wir haben vier Netz­betreiber, weil wir Wett­bewerb wollen. Wett­bewerb sorgt für Viel­falt, neue Ideen und güns­tige Preise. Der Nach­teil: Im Ideal­fall müssen alle Netze viermal aufge­baut werden. Sobald ein Netz­betreiber sich dazu entschließt, bestimmte Regionen nicht auszu­bauen, hat er einen Vorteil - er spart Kosten - und einen Nach­teil - er verliert Kunden, die regel­mäßig in von ihm nicht versorgten Regionen unter­wegs sind. Gibt es reinen Wett­bewerb ohne Verpflich­tung, werden sich vermut­lich alle oder fast alle Anbieter den Ausbau von dünn besie­delten Regionen ersparen. Also muss der Staat eingreifen.

Kann das mit einer staat­lichen Netz­gesell­schaft klappen?

In Frank­reich soll es das geben. Diese staat­liche Netz­gesell­schaft baut unren­table Regionen aus und stellt diese Leis­tung allen Anbie­tern zur Verfü­gung, dass heißt die Kunden aller Netz­betreiber oder Service-Provider können im Staats­netz roamen.

Oder sollte man die Netz­betreiber, die bauen wollen, endlich auch bauen lassen? Das dürfte die prag­matischste Lösung sein. Also keine teuren Lizenzen, sondern mindes­tens so teure Ausbau­verpflich­tungen. Wer eine Lizenz will, muss bauen wollen. Wer eine Lizenz bekommt, dann aber nicht baut, muss mit drako­nischen Strafen bis hin zum Lizenz­entzug rechnen. Die Bau- und Geneh­migungs­richt­linien müssen entrüm­pelt werden, damit der Ausbau viel schneller voran gehen kann.

Wie schnell ein Ausbau klappen kann, wenn die Gemeinde vor Ort aktiv mitspielt, zeigt die Deut­sche Telekom in Dettel­bach (bei Würz­burg): Binnen weniger Wochen wurde aus dem Nichts ein Mast aufge­baut, im Februar soll die Technik kommen, dann kann einge­schaltet und gesendet werden.

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