Endlich Netz

Eisenschmitt: Roter Teppich für Magenta

In Eisenschmitt in der Eifel stellt der Bürgermeister rote Teppiche für Staatsempfänge her. Einen konnte er jetzt für die "Magenta"-Telekom ausrollen.
Aus Eisenschmitt berichtet

Kennen Sie 54533 Eisenschmitt? Das ist ein Ort im Landkreis Bernkastel-Wittlich in der Eifel in Rheinland-Pfalz. Dieser Ort lag bis Anfang 2018 im Funkloch.

Ein Ort mit fast nichts

320 Einwohner leben in Eisenschmitt 320 Einwohner leben in Eisenschmitt
Foto: Detlef Heese
In Eisenschmitt gab es bis vor kurzem fast nichts. Nur analoges Festnetz-Telefon mit kaum Internet und gar kein Mobilfunk. Noch 2016 berichtete der Kölner "Express" aus dem "Dorf ohne Anschluss": Von der 17-jährigen Julia, die immer ins sieben Kilometer entfernte Nachbardorf fahren musste, um zu sehen, ob sie eine SMS bekommen hatte, von WhatsApp war gar nicht die Rede. Immerhin: Im Badezimmer hatte sie manchmal - bei guter Wetterlage - einen Balken Empfang. Internet im Festnetz gab es auch, mit maximal 1 MBit/s, wenn es gut ging.

Der Ort hat 320 Einwohner und sein Bürgermeister Georg Fritzsche hat schwer dafür gekämpft, seinen Ort an die Neuzeit angeschlossen zu bekommen. Doch lange Jahre hieß es nur: "Die Anzahl der erreichbaren Kunden ist zu gering, der technische Aufwand und die Kosten viel zu hoch". Beinahe wäre ein Rentner wegen fehlendem Handy-Empfang gestorben, die Rettungskräfte konnten zunächst nicht das angefahrene Krankenhaus informieren.

Rote Teppiche aus Eisenschmitt

In seiner Kokosweberei stellt Georg Fritzsche unter anderem rote Teppiche für Staatsempfänge her. Seit diesem Jahr kann er sogar während der Arbeit mobil telefonieren. In seiner Kokosweberei stellt Georg Fritzsche unter anderem rote Teppiche für Staatsempfänge her. Seit diesem Jahr kann er sogar während der Arbeit mobil telefonieren.
Foto: Detlef Heese
Dabei hat der Eisenschmitt einige Besonderheiten: Ob Päpste, amerikanische Präsidenten, die britische Queen oder Popstars: Sie laufen alle über die roten Teppiche aus Eisenschmitt. Die klassischen roten Teppiche, die für Staatsempfänge gebraucht werden, werden in Eisenschmitt aus indischem Garn - genauer aus Kokosfaser - zu Läufern und Fußmatten verwoben. Chef der Kokosweberei Schär, die diese kultigen Teppiche herstellt, ist Georg Fritzsche, ein Mann, der auf dem Teppich geblieben ist.

Fritzsche leitet den Familienbetrieb in der dritten Generation und ist nebenher auch Bürgermeister jenes Dorfes, für dessen digitale Zukunft er lange und schließlich mit Erfolg gekämpft hat. Jahrelange Eingaben bei der Politik, zahllose Zeitungsberichte wie beispielsweise im "Express" oder hier auf teltarif.de machten schließlich überregional auf den Ort aufmerksam.

2018: Es werde Netz

In Eisenschmitt gibt es nur ein Netz der Deutschen Telekom. Andere Netze sind dort nicht zu empfangen. In Eisenschmitt gibt es nur ein Netz der Deutschen Telekom. Andere Netze sind dort nicht zu empfangen.
Foto: Detlef Heese
2017 legte die Deutsche Telekom auf eigene Kosten 1,6 Kilometer Glasfaserleitung nach Eisenschmitt und stellte drei Multifunktionsgehäuse auf. Seitdem gibt es schnelles Internet über Vectoring-DSL. Und nicht nur das. Mit der Glasfaser kam auch der digitale Mobilfunk nach Eisenschmitt, LTE inklusive, wenn auch nur von der Deutschen Telekom. Seit dem Frühjahr ist der Telekomsender aktiv am Netz. Das hat sich im Ort blitzschnell herumgesprochen. Kein Wunder, dass alle Dorfbewohner ihre Handy-Verträge alle bei der Telekom abgeschlossen haben. Ein Mitarbeiter von Fritzsche ist noch bei o2. "Ich habe hier keinen Empfang", stellt er enttäuscht im Gespräch mit teltarif.de fest.

Eine Messung vor Ort mit der App speedtest.net ergab auf dem iPhone Xs im Freien 61 MBit/s im Down- und 34 MBit/s im Upstream. Damit lässt sich schon etwas anfangen.

Gäste flüchteten aus dem Ort

Jan de Bruin, Wirt des Gasthofs "An der Salm" ist bester Dinge. Jetzt sind seine Gäste im Telekom-Netz erreichbar. Bei Vodafone und o2 herrscht im Ort weiterhin Funkstille. Jan de Bruin, Wirt des Gasthofs "An der Salm" ist bester Dinge. Jetzt sind seine Gäste im Telekom-Netz erreichbar. Bei Vodafone und o2 herrscht im Ort weiterhin Funkstille.
Foto: Detlef Heese
Einst verlor Mühlen-Hotel-Betreiber Molitor seine Gäste, weil es dort kein Mobilfunknetz und kein vernünftiges Internet gab. Heute kann Jan de Bruin, Wirt des Gasthofes "An der Salm" in Eisenschmitt nur noch drüber lachen. Denn jetzt gibt es Netz und das geht sogar richtig flott. Die Einwohner sehen es ziemlich entspannt und sind in der "Jetztzeit" angekommen.

Digitalisierung erfordert Geduld

Stellt die Verbindung zum Mobilfunknetz der Telekom her: Sendemast bei Eisenschmitt (Eifel) Stellt die Verbindung zum Mobilfunknetz der Telekom her: Sendemast bei Eisenschmitt (Eifel)
Foto: Detlef Heese
Die Geschichte zeigt: Wenn sich Betroffene und die örtliche Politik einig sind und sich überregional bemerkbar machen, dann gibt es irgendwann auch den Netzausbau, von dem derzeit alle sprechen.

Totgeglaubte Orte und Regionen erwachen zu neuem Leben. Daher ist das Geld sehr gut angelegt.

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