Höttges: Auktions-Milliarden reichen für 30-50 000 Stationen
Höttges äußert sich zur Frequenz-Auktion
Bild: teltarif.de, Logo Telekom
Die unendliche Frequenzauktion in Mainz war ein wichtiges Thema bei der Vorstellung der Quartalszahlen der Deutschen Telekom heute morgen. Tim Höttges nahm kein Blatt vor den Mund: "Das Geld fehlt in Deutschland und auch den USA für Netzausbau."
Hätte man alleine 10 MHz der für die Industrie reservierten "ungenutzten" Frequenzen in die Auktion (mehr) einbezogen, wäre diese schon vor über 100 Runden vorbei gewesen, rechnete Höttges vor. So sei die Auktion für einen "deutschen Weg" designed worden. "Warum wird Frequenzauktion so gestaltet, dass dem Bund extrem hohe Einnahmen zufließen? Hieß es nicht, die Politik wollte nicht Erlöse maximieren, sondern den Ausbau im ländlichen Raum fördern?"
Nun werde ein immenser Aufwand für die Umverteilung zum Ausbau getrieben, damit das Geld irgendwann wieder zurück an die Industrie fließen könne. "Ist das klug? Die Fördermittel werden kaum abgerufen." Und weiter: "Warum bleibt das Kapital nicht dort, wo es die Industrie direkt investieren könnte?"
Sieben Wochen und über 300 Runden statt 50 000 Stationen
Höttges äußert sich zur Frequenz-Auktion
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Wie die Auktion nach sieben Wochen und 300 Runden stehe, könne man bei der Netzagentur im Internet sehen. Höttges frage sich, ob es richtig war, alleine 100 MHz für die Industrie zu reservieren. "War es klug, Spektrum zu verknappen, ausgerechnet für die Netzbetreiber, die heute schon rund 50 Millionen Kunden versorgen? Warum wurden die Frequenzen nicht an die Netzbetreiber vergeben, die heute schon versorgen? Ein Kunde brauche heute alleine im Schnitt 2,58 GB Daten im Monat".
Mit dem in Mainz versteigerten Geld hätten vielleicht sogar 50 000 neue Mobilfunkmasten gebaut werden können, hat Höttges ausgerechnet. Die werden der Industrie für eine flächendeckende Infrastruktur in Deutschland erst mal fehlen. Er sagte aber auch, dass die Telekom als Marktführer das Spektrum bekommen werde, "was wir brauchen. Wir werden fleißig mitbieten."
teltarif.de fragte, ob "60 Milliarden für ein paar Blätter Papier nicht der falsche Weg seien. Warum niemand den Mut habe in Mainz aufzustehen und klar zu sagen: Wir machen diesen wirtschaftlichen Irrweg nicht mehr mit und hinaus zu gehen?"
Höttges fand den Einwand richtig: "Mut ist gut. Als Held sterben ist allerdings auch keine unternehmerische Verantwortung. Aber tatsächlich stellen sich Fragen. War es richtig, 100-MHz-Spektrum frei an Unternehmen zu vergeben und das Spektrum so zu verknappen? Statt den Unternehmen, auf deren Netzen mehr als 80 Millionen Kunden unterwegs sind? Und die im Schnitt 2,8 Gigabyte Daten im Monat nutzen und dafür Spektrum brauchen? (10 MHz aus den 100 reservierten MHz und die Auktion wäre lange vorbei.) Macht es Sinn, Geld erst aus dem Markt zu nehmen, nur um es anschließend wieder irgendwie zu verteilen? Mit hohem Aufwand und Verwaltungskosten, die nicht in Netze gehen? Hätte man mit dem Geld für die Auktion nicht lieber gleich Masten gebaut, vielleicht 30 000?"
Mehr scherzhaft hofft Höttges, dass die Auktion bis Jahresende abgeschlossen sei, "das kann noch ein bisschen länger dauern".
Leuchtendes Beispiel: Österreich
Höttges lobte die vollzogene Fusion von T-Mobile Austria und UPC Austria zur "Magenta Telekom Austria". "Österreich ist ein tolles Land", schwärmte der CEO, denn "die Investitionen zahlten sich aus". Die connect hatte dem Netz von T-Mobile Austria höchste Qualität bescheinigt.
Der Blick über die Grenze lohne sich. In Österreich war die Versteigerung "nach drei Wochen abgeschlossen, weitere drei Wochen später wurden die ersten 5G-Mobilfunkstationen eingeschaltet. Telekom ist vorne." Und der österreichische Bundeskanzler Kurz habe Tim Höttges noch am Montag bestätigt, wie stolz und wie froh der Bundeskanzler sei, die Deutsche Telekom als Investor im Land zu haben. (Um dieses Statement zu verstehen, muss man sich vorstellen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den Chef der spanischen Telefónica für den Netzausbau durch o2 in Deutschland loben würde.)
Österreich: 5G schnell und günstig
Die Deutsche Telekom bzw. Magenta Telekom Austria zahlten in Österreich für 110 MHz Bandbreite an 5G-Frequenzen 57 Mio. Euro. Im Vergleich auf Deutschland umgerechnet wären das 600 Millionen.
Höttges betonte: Die hohen Investitionen in den Netzausbau hätten den Cashflow nicht beeinflusst, im Gegenteil, der sei sogar um 9,6 Prozent im operativen Geschäft gestiegen.
Deutschland: 97 Prozent LTE
Die Telekom würde gerne noch mehr Stationen aufbauen, hängt aber in örtlicher Bürokratie und bei Bedenkenträgern fest. Zu sehen ist ein Mast in Kyritz in Brandenburg.
Foto: Deutsche Telekom
Bei der Abdeckung des LTE-Netzes liege die Telekom bundesweit aktuell bei 97,7 Prozent der Bevölkerung, "damit sind wir nahe an der Ausbauverpflichtung von 2015. Wir werden die Ausbauauflagen erfüllen, das stelle ich für die Deutsche Telekom sicher."
Die Telekom werde dieses Jahr 1800 neue Sendestationen bauen. "Wir würden gerne mehr machen, aber langwierigen Genehmigungsverfahren hindern uns daran. Bis Ende 2021 möchte die Telekom alleine 36 000 Sendestationen haben. Bis 2025 sollen 99 Prozent der Bevölkerung oder 90 Prozent der Fläche mit 5G versorgt sein. "Wir bauen schon jetzt und warten nicht auf das Ende der Auktion."
Telekom: Europäischer Testsieger
Bei den gefürchteten Netztests der connect, die längst auf Europa ausgedehnt wurden, hat die Telekom auch in den Niederlanden gewonnen, wo sie das beste von connect und dem Messlabor P3 gefundene Netz überhaupt hat.
Die Telekom wolle den Glasfaserausbau bis an den Verteilerkasten (FTTC oder VDSL Vectoring) bis Ende 2019 fertig haben.
Karte der verhinderten Sendestationen jetzt online
Um neue Sendestationen bauen zu können, seien komplexe Standortgenehmigungsverfahren notwendig. "Warum ist hier ein Funkloch?" fragte er und räumte ein "Wir haben noch nicht alles ausgebaut, insbesondere die Wettbewerber noch nicht." "Da, wo wir sofort bauen würden", um weiße Flecken zu beseitigen, gäbe es schwierige Genehmigungsverfahren, das wolle er transparent machen.
Wie angekündigt, hat die Telekom eine Webseite eingerichtet, wo man nachschauen kann, wie lange die Genehmigung einer Sendestation aktuell dauert. Auf der Seite der Deutschen Funkturm dfmg.de finde man unter "Herausforderungen im Mobilfunk" über 1000 Standorte, "wo die Deutsche Telekom nicht weiter kommt, wo der Hase vergraben liegt."
Objekt Nr. 1931783 in 71732 Tamm (Baden-Württemberg) schmore seit drei Jahren in der Behörde. In 64347 Griesheim (bei Darmstadt in Hessen, Objekt Nr. 1239121) suche die Deutsche Telekom seit 1023 Tagen (!) ein Grundstück für einen Mobilfunksender. Aber niemand wolle dort der Telekom einen Standort zur Verfügung stellen. Überall, wo auf der Karte ein roter Punkt erscheint, kann man durch Klick darauf erfahren, um welche Station es geht und seit wann der Antrag bei der örtlichen Bürokratie oder bei lokalen Kritikern feststeckt.