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BNetzA schaut sich Mobilfunk-Netzabdeckung genauer an

Alle Anbieter haben es 2015 klar gesagt bekommen: Bis Ende 2019 mussten bestimmte Versor­gungs­auflagen erfüllt werden. Nicht alle schaffen die wirk­lich.
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Die Bundesnetzagentur schaut sich die Ausbauberichte der Netzbetreiber genau an und misst nach. Die Bundesnetzagentur schaut sich die Ausbauberichte der Netzbetreiber genau an und misst nach.
Foto: Picture Alliance / dpa
Als 2015 die Frequenzen für LTE verstei­gert wurden, machte die Bundes­netz­agentur klar, dass bis Ende 2019 gewisse Versor­gungs­auflagen zu erfüllen sein würden.

Erste Berichte zum Ausbau vorge­legt

Die Bundesnetzagentur schaut sich die Ausbauberichte der Netzbetreiber genau an und misst nach. Die Bundesnetzagentur schaut sich die Ausbauberichte der Netzbetreiber genau an und misst nach.
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Mobil­funk­netz­betreiber Telefónica Germany (o2), Telekom Deutsch­land und Voda­fone haben der Bundes­netz­agentur ihre Berichte zur Erfül­lung der Versor­gungs­auflagen aus jener Verstei­gerung vor vier Jahren vorge­legt. Die verant­wort­lichen Entscheider in Bundes­netz­agentur werden diese Angaben nun über­prüfen, ließen sie heute in Bonn mitteilen.

Jochen Homann, der Präsi­dent der Bundes­netz­agentur spricht klare Worte: „Wir setzen alles daran, dass die Unter­nehmen von uns ermit­telte Defi­zite bei der Erfül­lung unserer Auflagen zügig beheben. Unser Ziel ist es, dass der Ausbau mit mobilem Breit­band in der Fläche schnellst­möglich weiter voran­kommt." Und dann wird er noch deut­licher: "Behörd­liche Sank­tionen sind nicht ausge­schlossen. Die Bundes­netz­agentur wird sie dann einsetzen, wenn sie dem Ziel einer Verbes­serung der Versor­gung dienen“. Solche Töne waren bisher nicht gewohnt.

Unter­nehmen sagen: Wir haben Auflagen erfüllt

Nach eigenen Angaben haben die Unter­nehmen Telekom und Voda­fone die Auflage zur Versor­gung der Haus­halte grund­sätz­lich erfüllt. Der dritte im Bunde die Telefónica konnte nach eigenen Angaben die von der Bundes­netz­agentur gefor­derten Versor­gungs­auflagen nicht frist­gerecht errei­chen. Das Unter­nehmen geht aller­dings davon aus, dass es die Auflagen bis zum Ende dieses Jahres erfüllen wird.

Verkehrs­wege nicht voll­ständig versorgt

Schon jetzt steht fest, dass die Haupt­verkehrs­wege nach Angaben der Mobil­funk­netz­betreiber zum Jahres­ende noch nicht in vollem Umfang versorgt werden können.

Warum es länger als geplant dauert? Die Mobil­funk­netz­betreiber begründen das mit "externen" Einflüssen, wie zum Beispiel fehlende Vermiet­bereit­schaft an poten­tiellen Stand­orten, fehlende Bauge­nehmi­gungen, oder Auflagen beim Denkmal-, Natur- und Umwelt­schutz.

Darüber hinaus verweisen die Mobil­funk­unter­nehmen auf unter­schied­liche Rechts­ansichten zum Inhalt der Versor­gungs­auflage, die sogar Gegen­stand laufender Gerichts­verfahren sind.

Telefónica begründet Verzö­gerungen

Telefónica trägt außerdem unter­nehmens­spezi­fische Beson­derheiten vor, die eben­falls zu Verzö­gerungen beim Netz­ausbau geführt hätten, wie etwa die Zusam­menle­gung der ehema­ligen Netze von E-Plus und o2. Telefónica plane aber, durch weitere 7.600 Stand­orte die Versor­gungs­auflagen noch in diesem Jahr zu erfüllen. Die "neuen" Frequenzen im Bereich 700 MHz, die bisher vom TV-Rund­funk genutzt wurden und erst einmal koor­diniert zu räumen waren, stehen erst seit Mitte 2019 voll­ständig zur Verfü­gung. Seitdem haben die Unter­nehmen das Ausbau­tempo spürbar erhöht, stellte die Netz­agentur fest.

Wer sich ein eigenes Bild machen möchte: Die Angaben der Mobil­funk­netz­betreiber zur Versor­gung der einzelnen Bundes­länder und bundes­weit können auf der Inter­netseite zum mobilen Breit­band der Netz­agentur abge­rufen werden.

Statis­tische Zahlen sagen wenig über die Wirk­lich­keit

Nach den bei der Bundes­netz­agentur einge­lieferten Daten erreicht Telefónica bundes­weit 84,3 Prozent der Bevöl­kerung, die Telekom nennt 98,1 Prozent, könnte aber kurz­fristig 98,5 Prozent versorgen, wenn bestimmte Geneh­migungs­probleme gelöst werden, Voda­fone nimmt die Zahl von 98,6 Prozent für sich in Anspruch. Er gibt "statis­tisch" im Mittel eine Versor­gung von 98 Prozent der Bevöl­kerung. Entlang der Auto­bahnen nennt Telefónica 77,9 Prozent, die Telekom gibt 97,6 Prozent an und Voda­fone hätte 96 Prozent, wenn bestimmte Stand­orte und die notwen­digen Geneh­migungen kurz­fristig zu bekommen wären.

Entlang der Schiene kämpft Voda­fone mit "Ausbau­hinder­nissen" an 105 Stand­orten. Gäbe es die nicht, wären 95 Prozent versorgt, die Telekom wäre mit 96,4 Prozent etwas besser und Telefónica würde 80,3 Prozent errei­chen.

Bei den Bundes­ländern liegt Telefónica in Bran­denburg mit 62,6 und Rhein­land-Pfalz 65,4 Prozent auf dem letzten Platz, gibt für Hamburg und Berlin 100 Prozent, für Bremen 99,9 Prozent an.

Die Telekom ist derzeit im Saar­land am schlech­testen (95,43 Prozent), könnte aber 99,1 Prozent errei­chen, wenn es dort keine büro­krati­schen Hinder­nisse gäbe. Voda­fone nennt in allen Bundes­ländern über 97 Prozent Abde­ckung, was von einigen Bran­chen-Kennern "subjektiv" in Zweifel gezogen wird.

Über­prüfung durch die Bundes­netz­agentur

Die Bundes­netz­agentur will derzeit die Angaben der Mobil­funk­netz­betreiber über­prüfen und wird in jedem Bundes­land eigene Messungen durch­führen. Hierbei wird durch den Prüf- und Mess­dienst der Bundes­netz­agentur ermit­telt, ob die von den Mobil­funk­netz­betrei­bern gemel­dete Versor­gung tatsäch­lich vorhanden ist. Diese Über­prüfungen werden mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Im Rahmen einer Gesamt­betrach­tung entscheidet die Bundes­netz­agentur dann über die Erfül­lung der Versor­gungs­auflage und prüft, welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Hinter­gründe zu Versor­gungs­auflage

Die Bundes­netz­agentur hat in der Zutei­lung der im Jahr 2015 verstei­gerten Frequenzen Auflagen gemacht, dass die Mobil­funk­netz­betreiber ab dem 1. Januar 2020 mindes­tens 98 Prozent der Haus­halte bundes­weit und 97 Prozent der Haus­halte je Bundes­land mit einer Mindest­daten­rate von 50 MBit/s pro Anten­nensektor zu versorgen haben. Über­dies sind die Haupt­verkehrs­wege voll­ständig (=100 Prozent) zu versorgen.

Eine Einschät­zung

Pessi­misten haben es ja immer "gewusst", dass die Netz­betreiber diese Auflagen nicht recht­zeitig oder niemals erfüllen werden. Einige Gegen­argu­mente der Netz­betreiber sind durchaus stich­haltig: Jeder schimpft heute laut über Funk­löcher. Sobald aber in der eigenen Nach­barschaft ein Mobil­funk­sender instal­liert werden soll, entstehen Bedenken. "Das sieht ja häßlich aus", "das schadet meiner Gesund­heit" oder "In Deinem Laden kaufe ich nichts mehr, wenn Du diese Antenne auf dem Dach behälst" und vieles mehr.

Die im Zahlen­werk genannten Abde­ckungs­zahlen von 84, 98 oder 100 Prozent sind reine Statistik und sagen für den Einzelnen nicht viel aus. Denn, jeder Anwender "fühlt" das für sich anders, wenn es bei ihm daheim, am Arbeits­platz oder auf dem Weg dorthin über­haupt nicht oder nur gele­gent­lich funk­tioniert.

Dennoch hat sich etwas in Bewe­gung gesetzt: Die Erkenntnis, dass eine digi­tale Gesell­schaft nur mit einem "überall" verfüg­baren Netz richtig funk­tionieren kann.

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