Mehr 4G

Kanzleramt: Mehr 4G statt flächendeckend 5G?

Im Interview mit dem Handelsblatt deutet Kanzleramtsminister Helge Braun an, wohin die Reise Richtung Flächendeckung gehen könnte.
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Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun (rechts), Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Mitte), Finanzminister Olaf Scholz (links) Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun (rechts), Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Mitte), Finanzminister Olaf Scholz (links)
Foto: Picture Alliance / dpa
Alle Welt kritisiert den mangelhaften Netzausbau bei schnellem Internet und Mobilfunk. Die Frequenzvergabe für 5G steht vor der Tür und die Politik beginnt, auf bestehende und vielleicht auch künftige Netzbetreiber deutlich Druck zu machen.

Nutzer und Politik möchten, dass endlich die ganzen nervigen Funklöcher in Stadt und Land nachhaltig gestopft werden. So forderte die Politik bislang, dass die Mobilfunker das neue "Echtzeit-Mobilfunknetz 5G" flächendeckend aufbauen sollen.

Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun (rechts), Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Mitte), Finanzminister Olaf Scholz (links) Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun (rechts), Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Mitte), Finanzminister Olaf Scholz (links)
Foto: Picture Alliance / dpa

Funklöcher jetzt schließen

Das in Düsseldorf erscheinende Handelsblatt hat dazu Kanzleramtsminister Helge Braun befragt. Der studierte Anästhesist kennt sich wie seine Chefin ziemlich gut mit Technik aus und antwortet deshalb erstaunlich konkret: "Wir müssen zunächst die bestehenden Funklöcher im LTE-Netz schließen. 5G wird frühestens in fünf Jahren zur Verfügung stehen. So viel Zeit haben wir nicht. Deshalb brauchen wir eine schnelle Lösung, über die wir auf dem Mobilfunkgipfel mit den Anbietern reden wollen, damit sie über ihre förmliche Verpflichtung hinaus die Netzstruktur erheblich verbessern."

Kein Fördergeld notwendig

Da ergibt sich die Frage, ob denn Fördergeld die Mobilfunker zum besseren Ausbau bewegen könnte. Dem erteilte Braun eine Absage. Wörtlich: "Ich glaube, Mobilfunk ist ein sehr lukratives Geschäft, auch ohne staatliche Hilfe. Die Unternehmen können sich überlegen, ob sie im bestehenden Netz die Funklöcher schließen oder bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen Versorgungsauflagen bekommen, die weit kostspieliger sein werden."

99 Prozent Abdeckung?

Das würde verständlicher machen, warum die Netzbetreiber auf einmal verstärkte Ausbauaktivitäten ankündigen und sich beispielsweise in einem Dreierbündnis beim Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen dazu bekannt haben, in eigener Regie den Netzausbau zu verstärken. Wie aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen zu hören ist, soll der von der BNetzA vorgeschriebene Abdeckungsgrad von 98 Prozent der Bevölkerung bei LTE freiwillig auf 99 Prozent erhöht werden.

Für 5G sind in erster Linie Frequenzen bei 2,1 GHz oder 3,5 GHz im Gespräch. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass ein flächendeckender Netzausbau auf 3,5 GHz, aufgrund der geringeren Reichweite höhere Frequenzen extrem aufwendig und damit richtig teuer werden könnte.

Mehr 4G dafür weniger 5G Ausbau

Helge Braun deutet einen Kompromiss an: "Die Frequenzen für 5G sind kurzwellig, benötigen also mehr Sendestationen als beim LTE-Netz, um eine Fläche abzudecken. Insofern bietet es sich für die Unternehmen an, jetzt durch eine freiwillige Maßnahme die Funklöcher zu schließen. Dann müssen wir uns beim 5G-Ausbau weniger auf die Forderung nach einem flächendeckenden Netz konzentrieren, sondern können unsere Gedanken auf technische Anforderungen lenken, die dort nötig sind, wo 5G am Ende auch nachgefragt wird: Etwa beim autonomen Fahren auf Autobahnen."

Das bedeutet: Künftig wird 4G die Standardgrundversorgung bilden, wie es bei 2G heute schon der Fall ist oder genauer sein sollte.

Deutschland möchte bei 5G eine wichtige Rolle spielen

Wie kann Deutschland, international gesehen, bei 5G eine wichtige Rolle spielen?

Minister Braun stellt sich ein "digitales Airbus-Projekt für Europa" vor, denn das Flugzeug Airbus ist ein weltweites Erfolgsmodell. Viele wissenschaftliche Institute sollen besser vernetzt werden und beispielsweise an künstlicher Intelligenz forschen. Frankreich und Deutschland wollen hier Vorreiter sein, andere Länder Europas sollen später mit eingebunden werden.

Selbstlernende Maschinen

Ein zweiter Pfeiler dieser digitalen Zukunft könnte der Einsatz selbstlernender Maschinen in der Produktion sein. Da wären die Amerikaner mit Google und Facebook ziemlich stark, während die Chinesen bei der Unterhaltungselektronik die Nase vorne haben. Deutschland ist laut Braun bei der Produktion von Autos und Haushaltsgeräten führend. Und hier könnte Deutschland punkten, wenn solche Geräte miteinander zum Internet der Dinge verknüpft werden könnten.

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