Comeback

1&1-Chef Dommermuth wünscht sich viertes Netz

1&1-Drillisch Chef Dommermuth möchte seinen Traum eines vierten Netzes realisieren, aber nur unter klar definierten Bedingungen: National Roaming ist Pflicht
Von

1&1 Chef Ralph Dommermuth träumt vom "eigenen" Mobilfunknetz 1&1 Chef Ralph Dommermuth träumt vom "eigenen" Mobilfunknetz

Foto/Logo: United Internet AG, Montage: teltarif.de
Vor der auf 2019 verschobenen Frequenzversteigerung für 5G brodelt die Gerüchteküche. Eine Idee zur Erreichung eines optimalen Netzausbaus, einer „französischen Versteigerung“ einer Art Vertrag zwischen der Bundesregierung und den "großen Drei", nämlich Telekom, Vodafone und Telefónica dürfte damit in weiter Ferne gerückt sein.

Weitere Lizenzbewerber?

1&1 Chef Ralph Dommermuth träumt vom "eigenen" Mobilfunknetz 1&1 Chef Ralph Dommermuth träumt vom "eigenen" Mobilfunknetz

Foto/Logo: United Internet AG, Montage: teltarif.de
So zitiert das Handelsblatt aus Unterlagen des ZVEI (Zentralverband der Elektroindustrie), wonach große deutsche Industrie­konzerne wie BASF, Bosch, Daimler, Siemens und weitere Unternehmen sich um eigene Lizenzen bemühen wollen, um ihre Industriegelände besser selbst zu versorgen, weil sie den drei großen Anbietern Telekom, Vodafone oder Telefónica (o2) nicht mehr zutrauen, so schnell und so flächendeckend, wie es gebraucht wird, auszubauen.

Service-Provider zu echten Netzbetreibern?

Neben den Industrieunternehmen kommen noch die bestehenden Mobilfunk-Service-Provider als Kandidaten infrage. Christoph Vilanek, CEO der Freenet AG (bekannt unter dem Markennamen Mobilcom-Debitel) hat schon abgewunken, weil er mit der Bewerbung als eigener Mobil­funk­anbieter über Nacht seine Service-Provider-Lizenzen verlieren würde. Bleibt die United Internet AG, bekannt unter den Markennamen GMX, web.de, 1&1, Drillisch und so weiter.

Vierte Lizenz mit National Roaming?

Deren Konzern-Chef Ralph Dommermuth sprach schon öfters von einem vierten Netz, das er für wünschenswert hält. Da ein solches Netz aus dem Nichts heraus so schnell gar nicht realisierbar wäre, möchte Dommermuth als Grundvoraussetzung "Nationales Roaming" haben, sprich ein oder mehrere bestehende Netze müssten ihn bzw. seine Kunden ins Netz der Konkurrenz lassen. Im Interview mit dem Spiegel hat er seine Vorstellungen noch einmal erneuert. Möglicherweise könnte er sich selbst um Frequenzen für sein "eigenes" Mobilfunknetz bei der Versteigerung bewerben. Mit einem interessanten Aspekt: Er könnte in schlecht versorgten abgelegenen Gebieten den potenziellen Kunden eine Alternative zur dort immer noch nicht vorhandenen Glasfaser anbieten.

Erst vier dann drei und bald wieder vier?

Bevor die Megafusion zwischen E-Plus und Telefónica (o2) über die Bühne ging, hatten wir schon einmal vier Mobilfunknetze. Daraus wurden am Ende nur noch drei, weil sich eines Tages herausstellte, dass die im erbitterten Wettbewerb in den Keller gedrückten Preise nicht mehr genügend Einnahmen zum flächendeckenden und leistungsfähigen Ausbau übrig ließen.

Neue Frequenzen mit wenig Reichweite

Bei der Frequenz-Versteigerung im ersten Halbjahr 2019 wird es um Frequenzen für den nächsten Standard 5G gehen, die bei 3,5 GHz liegen sollen. Die Reichweite dieser Frequenzen ist aber weitaus geringer als die bisher vergebenen Frequenzen bei 700, 800, 900, 1800, 2100 oder 2600 MHz. Sprich: Es sind viel mehr Sendestationen in der Fläche erforderlich. Dommermuth könnte sich vorstellen, gerade die ländlichen Regionen über Mobilfunk mit 5G zu versorgen und möchte diese Netze "gemeinsam mit interessierten Kommunen" aufbauen, seine Argumente sind charmant: "Sie müssen nicht graben oder Ihr Haus neu verkabeln".

Dommermuth hat sich aber bereits einen Fluchtweg eingebaut. Er erwartet, dass die große Koalition den Aufbau der "wichtigsten Zukunftstechnologie" nicht einem "Duopol überlässt", sondern neue Wettbewerber zulässt. Dazu wäre für ihn entscheidend, dass die neuen 5G-Netze ein Nationales Roaming mit den bestehenden Netzen erlauben. Ohne diese Auflage "werden nicht nur wir abwinken, da bin ich sicher".

Viertes Netz alleine nicht zu schaffen

Dommermuth hat richtig erkannt, dass ein bundesweiter Aufbau eines nagelneuen Netzes aus dem Stand gar nicht realisierbar ist. Potenzielle Kunden werden bei Mobilfunk keine Versorgungsinseln akzeptieren. Zudem wünscht sich Dommermuth mehr Zusammenarbeit der Wettbewerber beim Ausbau der Netze. Gerade in Regionen, die für einen Anbieter alleine nicht lukrativ sind, könnten sich die Anbieter die Infrastruktur teilen. Das würde, so Dommermuth den Ausbau beschleunigen und auch die Umwelt entlasten. Doch Telekom Chef Höttges möchte Infra­struktur­wettbewerb, weil er genau weiß, was der Bau von guter Infrastruktur kostet. Bei der Pflicht zu nationalem Roaming müsste die Telekom aber ihre Technik zu viel zu günstigen Preisen der Konkurrenz überlassen und hätte dann kein Alleinstellungsmerkmal ("das bessere Netz") mehr. Dommermuth muss hingegen versuchen, sein neues Netz zu Kampfpreisen in den Markt zu drücken. Das könnte funktionieren, wenn es nur günstig genug wäre. Nur die Mitbewerber werden ihre Kunden nicht kampflos hergeben wollen. Das könnte vielleicht zu sinkenden Preisen, aber auch zu sinkender Qualität und weiter nicht gestopften Funklöchern führen.

Bundesnetzagentur könnte regionale Lizenzen vergeben

Die Bundesnetzagentur hat inzwischen bereits angekündigt, auch regionale und lokale 5G-Lizenzen vergeben zu wollen. Die sollen aber für spezielle Anwendungen vorgesehen werden. Genaues ist noch nicht bekannt.

Über sein Mobilfunk Angebot hat 1&1 Drillisch bereits mehrere Millionen Mobilfunkkunden über einen MVNO-Vertrag im Netz von Telefónica-o2, welcher dem Unternehmen theoretisch schon heute die Möglichkeit gibt, nach und nach zusätzliche eigene Mobilfunkinfrastruktur zu errichten und damit den Anteil der heute mitgenutzten Telefónica-Technik schrittweise zu verringern. Der aktuelle Vertrag mit Telefónica läuft im Augenblick noch etwas länger als zwei Jahre, könnte jedoch noch zweimal um jeweils fünf Jahre verlängert werden.

Mehr zum Thema Breitband-Internet