Netztest: Deutschland, Österreich & Schweiz im Vergleich
Nach Computerbild, Chip und Connect meldet sich wieder das Netzanalsyetool OpenSignal zu Wort. In seinen jüngsten Analysen der globalen Mobilfunknetze habe OpenSignal ein ziemlich breites Spektrum an Nutzererfahrungen in ganz Europa gesehen, schreibt Peter Boyland auf der Webseite des Unternehmens.
Das sei zu erwarten, da Europa einige der fortschrittlichsten Mobilfunkmärkte der Welt beherberge. Weitere Länder seien auf dem Sprung. Also hat sich OpenSignal die entwickelten Mobilfunkmärkte in Mitteleuropa, die DACH-Staaten (D-Deutschland, A-Österreich, CH-Schweiz), angeschaut.
OpenSignal sammelte Nutzererfahrungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Die Schweizer Kunden, die OpenSignal nutzen, "genießen die besten Geschwindigkeiten und 4G-Verfügbarkeiten, während es die Österreicher sind, die das hochwertigste mobile Videoerlebnis haben."
OpenSignal fiel auf, dass die deutschen Nutzer in den meisten Vergleichspunkten "ziemlich weit hinter ihren beiden DACH-Nachbarn zurückbleiben".
Die Problematik statistischer Vergleiche
Opensignal vergleicht die gemittelten Download- und Upload-Werte zwischen den Ländern. Deutschland (gelb) sieht dabei nicht gut aus
Grafik: Opensignal
Und damit kommt das Grundproblem der Methodik zum Vorschein: Wenn in einem Land ein richtig gutes und ein richtig schlechtes Netz an den Start gehen, bekommt das Land statistisch eine Gesamtnote eines eher "schlechten" Netzes, das es in Wirklichkeit so gar nicht gibt. Denn: Nationales Roaming, das heißt eine Auswahl haben deutsche Kunden nicht, es sei denn, sie wären mit zwei bis drei (Dual-SIM-)Handys mit drei SIM-Karten unterwegs. Und dann würden sie das jeweils "beste Netz" vor Ort verwenden.
Nichts Neues ist, dass die Schweiz weit über ihren "germanischen Nachbarn" liegt, wie OpenSignal das aus britischer Sicht formuliert. Beim Download lagen die gemittelten Schweizer über 46 Prozent schneller als in Österreich und 68 Prozent schneller als Deutschland. Auch beim Upload trug die Schweiz den Sieg davon: 67 Prozent schneller als Österreich und fast 79 Prozent schneller als in Deutschland.
Der jüngste Bericht zeigt einige wesentliche Verbesserungen in der Schweiz, insbesondere bei Swisscom, die von der Nutzung eines höheren Frequenzspektrums in städtischen Gebieten profitieren.
Deutschland behält hohes Tempo bei
Immerhin: Bei Videosignalen kann selbst Deutschland gut mithalten
Grafik: Opensignal
Im Vergleich dazu habe die Telekom in Deutschland gegenüber dem vorletzten Bericht beide Prämierungen für die beste Geschwindigkeit gehalten - hier wurde also nach Netzen getrennt ausgewertet. Aber, so OpenSignal, in den vergangenen sechs Monaten habe es kein statistisches Wachstum beim Download oder Upload gegeben. Das könnte dazu führen, dass Deutschland nächstes Jahr weiter hinter seinen DACH-Nachbarn zurückbleibt.
Deutschland blieb auch bei der 4G-Verfügbarkeit hinter seinen nächsten Nachbarn zurück und lag über zehn Prozentpunkte hinter der Schweiz und fast sechs Punkte hinter Österreich. OpenSignal bemängelt, dass die Performance der Telekom bei der 4G-Verfügbarkeit stagniere. Deutsche Anwender seien im Durchschnitt bei den Latenzen fast zehn Millisekunden langsamer als Schweizer Anwender gewesen.
Die Schweiz habe jedoch nicht in allen Messpunkten die DACH-Krone erringen können. Sowohl bei der Video- als auch bei der OTT-Voice-App hatten die Nutzer in Österreich ein besseres "Kundenerlebnis", - obwohl die Schweiz bei beiden Kennzahlen sehr nah am Marktführer lag.
Immerhin hat OpenSignal eine gewisse Verbesserung bei den Videoübertragungen in Deutschland bemerkt.
Bei der 4G-Verfügbarkeit und en Latenzen liegt das "statistische Deutschland" ebenfalls hinten.
Grafik: Opensignal
Obwohl Deutschland flächenmäßig deutlich größer als Österreich oder die Schweiz ist, "haben die drei wirtschaftlich und geopolitisch viel gemeinsam: Ihre mobilen Märkte haben sich weitgehend parallel entwickelt", stellt OpenSignal fest. Alle drei Märkte haben einen "dominanten ehemaligen etablierten Marktteilnehmer" - also Deutsche Telekom, Austria Telecom oder Swisscom - und aufgrund von Fusionen oder dem Ausstieg eines großen europäischen Unternehmens Wettbewerbsveränderungen erfahren. In Deutschland ist damit die Fusion von E-Plus mit o2 gemeint, Schweiz Orange hat Orange Schweiz verkauft und für Österreich gilt die Fusion von Drei und Orange.at/One.
Deutschland liegt statistisch auf Platz 3
In einigen Märkten sind die Unterschiede zwischen den Betreibern groß. Dennoch liegt der Marktführer hinsichtlich des neuesten Deutschland-Berichtes immer noch hinter den nationalen Durchschnittswerten von Österreich und der Schweiz bei den meisten für OpenSignal relevanten Kennzahlen zurück. Nur in puncto Geschwindigkeit konnte die Telekom den österreichischen Landesdurchschnitt übertreffen.
Wie bewertet OpenSignal?
Das Analyse- und Messverfahren von OpenSignal konzentriert sich auf "realitätsnahe, benutzerorientierte Messungen". OpenSignal möchte "die Erfahrungen, die alltägliche Benutzer in ihren drahtlosen Netzwerken machen" messen. Man ist fest davon überzeugt, dass das Benutzererlebnis im Mittelpunkt eines jeden Mobilfunkangebots stehen muss, worin wohl jeder Leser zustimmen kann.
Der Vergleich von OpenSignal hinsichtlich der DACH-Länder zeige, dass es immer noch einen ziemlich großen Unterschied in der Erfahrung mit Mobilfunknetzen in diesen ähnlichen europäischen Märkten gibt. Wen wundert es.