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Netflix-CEO Hastings: "Wir bewundern Disney"

Anfang November skiz­zierte Netflix-CEO Reed Hastings bei den New York Times Confe­rences, wie sich der Strea­ming-Markt­führer gegen­über neuen Wett­bewer­bern posi­tionieren will. Vor Disney zeigte er dabei beson­deren Respekt.
Von Björn König

Netflix-CEO Reed Hastings Netflix-CEO Reed Hastings
Foto: dpa
Im Rahmen der renom­mierten New York Times Confe­rences sprach Netflix-CEO Reed Hastings Anfang November mit dem Wirt­schafts­jour­nalisten Andrew Ross Sorkin über die Frage, wie Netflix sich dem neuen Wett­bewerb um Disney und Warner stellen will. Das Inter­view brachte durchaus einige inter­essante und gleich­zeitig über­raschende Äuße­rungen hervor, welche man so von Hastings nicht erwartet hätte. Unter anderem wurde schnell klar, dass er den scharfen Wett­bewerb keines­wegs als proble­matisch empfindet, sondern sich daraus sogar neue Chancen für Netflix ergeben könnten.

"Wir bewun­dern Disney"

Netflix-CEO Reed Hastings Netflix-CEO Reed Hastings
Foto: dpa
Hastings machte absolut keinen Hehl daraus, dass Disney auch für Netflix zum wich­tigsten Thema im kommenden Jahr wird. Der Micky Maus-Konzern sei vor allem eine Quelle der Krea­tivität: "Wir bewun­dern Disney und können von ihnen lernen", so Hastings. Er machte aller­dings ebenso deut­lich, dass man sich mit dem eigenen Programm keines­wegs verste­cken müsse. Man sehe sich insbe­sondere in einem Wett­bewerb um die kost­bare Frei­zeit des Zuschauers. Mit dieser Zeit stimmten letzt­endlich Nutzer über die verschie­denen Ange­bote ab. Es sei zudem groß­artig für Konsu­menten, dass die Dienste in ihr Programm inves­tieren. Netflix selbst sei bereits im Seri­enbe­reich stark, nun wachse man im Segment Filme. Erzählt werden sollen vor allem unge­wöhn­liche Geschichten, die es zuvor an anderer Stelle noch nicht zu sehen gab. Hastings machte zudem noch einmal klar, dass man die Zuschauer durch Inhalte und nicht etwa lange Vertrags­lauf­zeiten binden wolle. Entspre­chende Modelle seien nicht im Sinne von Netflix.

Keine sinkenden Preise

Hastings geht nicht davon aus, dass mit dem stei­genden Wett­bewerb nied­rigere Preise bei Netflix zu erwarten sind. Man habe zwar zum Beispiel in Indien ein güns­tiges Abo-Modell einge­führt, dies orien­tiere sich aber am dortigen Einkommen. Zudem wolle man im Hinblick auf eigene Produk­tionen trotz zuneh­mendem Wett­bewerb beim Thema Ausgaben nicht über die Stränge schlagen: "Wir werden keine 500 Millionen Dollar-Filme produ­zieren", stellte Hastings klar.

Somit dürften große Block­buster auch in Zukunft wohl eher bei etablierten Studios wie Disney und Warner bleiben. Man werde sich ökono­misch verhalten und in groß­artige Geschichten inves­tieren. Als Beispiel für beson­dere Film­high­lights fiel in der Diskus­sion unter anderem der Scor­sese-Film "The Irishman". Trotz des güns­tigen Preises sieht Hastings Apple nicht als wirk­lichen Konkur­renten an: "Sie sind primär eine Tech-Company".

Twitch und Kinos

Ein weiteres großes Thema war der zuneh­mende Wett­bewerb durch Online-Spiele, wie beispiels­weise Fort­nite. Mit diesen Gaming-Streams, welche vor allem auf Twitch zu sehen sind, wolle man sich aber eindeutig nicht messen. "Wir tun es nicht, weil wir darin nicht beson­ders gut sind". Somit ist ein Einstieg von Netflix in den Bereich Online-Gaming auch künftig nicht zu erwarten. Ein heißes Eisen schnitt Andrew Sorkin jedoch mit der Frage an, ob Netflix nicht viel­leicht in Zukunft sogar eigene Kinos eröffnen wolle.

In diesem Punkt wurde Hastings deut­lich: Es sei völlig in Ordnung, dass Zuschauer für das gemein­same Erlebnis gerne ins Kino gehen. Dennoch habe man ein Problem damit, wenn ein exklu­sives Zeit­fenster vorge­geben werde, bevor ein Film nach seinem Kino­start auf Netflix zu sehen sei. Eine bemer­kens­werte Äuße­rung macht Hastings übri­gens abschlie­ßend auf die Frage einer Zuschauerin, ob künftig ein werbe­finan­ziertes Angebot zu erwarten sei. Man wolle sich hier an Disney+ orien­tieren und dies nicht tun. Damit ist klar, dass Mehr­ausgaben für Eigen­produk­tionen auch in Zukunft ausschließ­lich von den Zuschauern finan­ziert werden müssen.

Netflix bleibt sich treu

Der Strea­ming-Dienst aus Los Gatos wird damit wohl auch im kommenden Jahr trotz stei­gender Konkur­renz ein konser­vatives und weit­gehend ökono­misches Geschäfts­modell umsetzen. Es gibt keine großen Block­buster-Produk­tionen, statt­dessen setzt man laut Hastings auf Dreh­bücher und Geschichten, die es so am Markt noch nicht gibt. Dass der Einstieg in Gaming-Streams wohl nicht kommt, dürfte die meisten Netflix-Zuschauer aber wohl kaum beson­ders stören. Studios wie Disney und Warner nicht als Konkur­renz zu bezeichnen, wirkte im Inter­view zwar sehr diplo­matisch, daran glauben dürfte er selbst jedoch wohl kaum. Fakt ist, der Kampf um Zuschauer geht im kommenden Jahr erst richtig los. Netflix hat dabei als bishe­riger Platz­hirsch eindeutig am meisten zu verlieren.

Das voll­stän­dige Gespräch von Netflix-CEO Reed Hastings mit Andrew Ross Sorkin im Rahmen der New York Times Confe­rences:

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