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5G: So funktioniert der aktuelle Mobilfunk-Standard

Die logi­sche Weiter­ent­wick­lung von LTE (4G) heißt 5G. Das revo­lutio­niert die Mobil­funk­nutzung, da mit einem neuen Netz gleich mehrere Netz-Archi­tekturen gebaut und Anfor­de­rungen erfüllt werden.
Von / / Julian Ruecker

Schon bei den Mobile-World-Congress-Terminen in Barce­lona vor der Corona-Pause keinen Ausrüster oder Netz­be­treiber, der nicht 5G zum "Stan­dard" erklärt hätte.

Die Deut­sche Telekom hatte schon 2015 im Rahmen der von ihr stark unter­stützten NGMN-Initia­tive ("Next Gene­ration Mobile Network") zur Pres­se­kon­fe­renz gerufen. "2020 muss das neue Ding da sein", forderte der dama­lige Telekom-CTO Bruno Jacob­feu­er­born klar und unmiss­ver­ständ­lich. Und der Termin hat hinge­hauen.

Lange war nicht so ganz klar, wie das "neue 5G-Ding" aussehen könnte. Längst sind 5G-Netze in den meisten Ländern "Stan­dard". Wir geben einen Einblick in das, was 5G/NR ("New Radio") möglich machen kann.

5G hat die Grenzen dessen, was über­haupt mit Mobil­netzen möglich ist, erheb­lich erwei­tert. Die Entwick­lung läuft in mehrere Rich­tungen gleich­zeitig: Von "ultra-schnell" (ein bis mehrere Gigabit pro Sekunde in einer Zelle; mindes­tens 50 bis 100 MBit/s beim indi­vi­du­ellen Nutzer) über "ultra-schnelle Antworten" (Ping-Zeiten) bis hinunter zu 1 ms Antwort­zeit vom Netz­werk, statt derzeit typisch 30-50 ms) hin zu "ultra-sparsam" (Dauer­be­trieb eines per Mobil­funk ange­bun­denen Sensors mit einer handels­üb­li­chen Batterie für zehn Jahre) reicht das Spek­trum.

Endge­räte können auch direkt mit anderen Endge­räten Daten austau­schen, zwar auto­ri­siert über die Basis­sta­tion, aber ohne Umweg über die Basis­sta­tion. Nicht zuletzt: Die von den Netzen trans­por­tierte Gesamt­da­ten­menge hat sich verviel­facht und kann sich bald vertau­send­fa­chen, während der Gesamt­ener­gie­ver­brauch sinken soll, das Ziel wäre eine Halbie­rung.

Heraus­for­de­rung ange­nommen

5G kann eigentlich zweistellig, wenn auch nicht überall. 5G kann eigentlich zweistellig, wenn auch nicht überall.
Bild: teltarif.de
Es gehört zu den Gesetzen der Branche, dass solche Heraus­for­de­rungen in der TK-Indus­trie regel­mäßig eine gewisse Aufbruchs­stim­mung auslösen. Die tech­nolo­gischen Entwick­lungen, die darauf basie­renden Stan­dar­di­sie­rungen, die konkreten Produkt­ent­wick­lungen und die nötigen Inter­ope­ra­bi­li­täts­tests sind ein perma­nent sich weiter entwi­ckelnder Prozess.

Zwei Jahre vor dem eigent­lichen Wunsch­termin star­tete 5G in Südkorea (zur Winter-Olym­piade 2018). Fix war die Schweiz (5G seit 2019), und auch in Deutsch­land gingen bereits 2019 die ersten 5G-Netze bei der Telekom und Voda­fone in den öffent­li­chen Wirk­be­trieb, wobei Voda­fone für sich rekla­miert, "erster" gewesen zu sein.

In den USA ist "5G-America" sehr weit voran­geschritten. T-Mobile USA nimmt für sich in Anspruch, das größte 5G-Netz "nation­wide" zu betreiben, was nach allem, was bekannt ist, wohl stimmt.

Entwick­lung beschleu­nigt sich

2015 zeigte Ericsson auf dem Mobile World Congress ein "mobiles" Endgerät ("mobil" im Sinne von: "kann geschoben werden") mit 5 GBit/s. Der südko­rea­nische Netz­be­treiber SK Telecom gab damals an, darüber schon 7,5 GBit/s erreicht zu haben. 2016 hatten Ericsson, ZTE und viele andere bereits die 20 GBit/s über­schritten. Und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnen­stange.

Doch bei aller Begeis­terung heißt es aufpassen: Nicht überall, wo 5G drauf­steht, ist wirk­lich 5G drin. Oft zeigen die Handys auch in den 4G-LTE-Netzen mitunter bereits "5G" an. Das bedeutet dann, es wäre 5G möglich, wenn bestimmte Bedin­gungen erfüllt wären, aer es fehlt beispiels­weise ein ausrei­chend stabiles "5G-Signal" auf 700, 1800, 2100 oder 3600 MHz je nach Netz und Anbieter. 5G dienst hier als "ULI" (Upper Layer Indi­kator), das heißt, da wäre 5G möglich.

Dutzende oder gar hunderte Antennen auf einmal

Die Stei­ge­rung der Gesamt­ka­pa­zität eines Netzes kann durch verschie­dene Maßnahmen erreicht werden:

  • Bessere Modu­la­tion
  • ange­passte Duplex-Verfahren
  • bis hin zu full duplex
  • Verdich­tung der Zellen
  • Nutzung brei­terer Frequenz­bänder
  • mehr Antennen pro Zelle

Eine Maßnahme alleine reicht dabei nicht. Man kommt nicht umhin, mehrere Maßnahmen zu kombi­nieren, um die Ziele zu errei­chen.

Massive-MIMO-Antenne von ZTE Massive-MIMO-Antenne von ZTE
Bild: teltarif.de
Als einer der ersten zeigte ZTE in Barce­lona eine ange­sichts der 256 einzelnen enthal­tenen Antennen, Endver­stärker, Empfänger und zuge­hö­rigen Base­band-Einheiten sehr kompakte Massive-MIMO-Antenne. Diese versorgte mit einem ledig­lich 20 MHz breiten LTE-Frequenz­band im soge­nannten TDD-Modus (in diesem senden Basis­sta­tion und Endge­räte abwech­selnd auf derselben Frequenz) insge­samt ein Dutzend normale LTE-Endge­räte mit jeweils um die 35 MBit/s. In Summe wurden somit gut 400 MBit/s in einer Zelle über­tragen. Mit herkömm­li­chen 4x2-MIMO (4 Antennen auf Seiten der Basis­sta­tion, je zwei im Endgerät) und TDD wäre hingegen nur ein Viertel dieser Gesamt­band­breite erreicht worden.

Möglich­keiten und Limi­tie­rungen von MIMO und Beam­for­ming

ZTE (und inzwi­schen auch alle anderen großen Hersteller wie Huawei, Ericsson, Nokia, etc.) stell(t)en Möglich­keiten und Grenzen vor: Deut­liche Band­brei­ten­stei­ge­rung als auch die Limi­tie­rungen von MIMO und Beam­for­ming: Die Ver-64-fachung der Zahl der Anten­nen­ele­mente auf der Seite der Basis­sta­tion bringt nur eine Vervier­fa­chung des Gesamt­durch­satzes. Kritiker geben immer wieder zu bedenken, dass MIMO ständig "over promised" und "under deli­vered" gewesen sei.

MIMO allein kann die nötige Kapa­zi­täts-Erwei­te­rung nicht leisten. Deswegen wird fort­lau­fend über weitere, zusätz­liche Frequenz­bänder nach­ge­dacht und disku­tiert. In den USA sind bereits 26 GHz und 60 GHz (soge­nannte Milli­meter­wellen) in Benut­zung, in Europa sind diese Frequenzen noch nicht vergeben. Strah­len­gegner bekommen schon "Kopf­schmerzen", wenn sie über diese Frequenzen nur nach­denken.

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Klei­nere Zellen und höhere Frequenzen

Derzeit stehen in den typi­schen Mobil­funk-Frequenz­bän­dern um 700, 800, 900, 1500 (nur Down­load), 1800, 2100, 2600 oder 3600 MHz jeweils 60 bis knapp über 100 MHz an Band­breite zur Verfü­gung, die sich auch noch alle Anbieter in einem Land teilen müssen. Daher standen für einzelne Dienste oft kaum mehr als 20 MHz gepaart zur Verfü­gung. Zwar wurden immer wieder Frequenz­bänder von den bishe­rigen Nutzern geräumt und dem Mobil­funk über­eignet, beispiels­weise im Rahmen der Digi­talen Divi­dende II, doch reichte das kaum, um das erwar­tete Kapa­zi­täts­wachstum zu ermög­li­chen.

Der Trick ist das "Zusam­men­kleben" von Frequenz­bän­dern, als Fach­begriff "Carrier Aggre­gation" (CA) genannt.

Die 2019 für 5G verstei­gerten Frequenz­bänder im Bereich 3,4 bis 3,8 GHz (ehema­lige WLL-Frequenzen) bieten mehr Band­breite und werden über­wie­gend in Ballungs­räumen, teil­weise auch "in der Botanik" genutzt. Als nächsten Schritt soll es in einigen Jahren über 6 GHz bis hinauf zu etwa 60 GHz gehen. Dort können dann pro Band nicht jeweils einige Dutzend, sondern gleich einige hundert Mega­hertz an Band­breite bereit­ge­stellt werden können.

Telefónica Deutsch­land hatte einen Fixed-Wire­less-Access-Versuch auf 26 GHz erfolg­reich abge­schlossen, die Telekom testet(e) in Berlin sogar auf 60 GHz.

Beamforming Beamforming in Aktion: Der grüne und der blaue Fleck zeigen, wohin die Energie der Test-Basisstation gerichtet wird.
Bild: teltarif.de
Das Problem: Die genannten hohen Frequenzen verhalten sich in vieler Hinsicht schon wie Licht­strahlen. Sie dringen beispiels­weise kaum durch Wände, sondern werden von diesen in der Regel reflek­tiert. Auch an Luft ist die Dämp­fung dieser hohen Frequenz­be­reiche viel­fach höher als die Dämp­fung der gewohnten Frequenzen. Herkömm­liche Zellen mit Radien von hunderten oder gar tausenden von Metern lassen sich mit diesen hohen Frequenzen nicht aufspannen.

Die Chance: Die genannten hohen Frequenzen verhalten sich in vieler Hinsicht schon wie Licht­strahlen. Sie können stark gebün­delt dorthin abge­strahlt werden, wo sich das Endgerät befindet. Anders als beim herkömm­li­chen Mobil­funk wird also nicht mehr die ganze Zelle ausge­leuchtet - sondern gezielt der Ort ange­strahlt, an dem sich auch das Endgerät befindet. Diese Strahl­for­mung (englisch: "beam­for­ming") kann grund­sätz­lich in beide Rich­tungen verwendet werden: Von der Basis­sta­tion zum Endgerät und umge­kehrt.

Wird neben Beam­for­ming auch noch MIMO zur Kapa­zi­täts­stei­ge­rung verwendet, müssen entspre­chend selbst im Endgerät ca. ein Dutzend Anten­nen­ele­mente unter­ge­bracht werden. Bei den genannten hohen Frequenzen sind die Anten­nen­ele­mente aber so klein, dass Platz genug dafür vorhanden ist.

5G-Basis­sta­tionen werden deut­lich dichter stehen müssen

Die hohen Verluste bei der Über­tra­gung auf hohen Frequenzen werden durch die Fähig­keit zum Beam­for­ming teil­weise wieder kompen­siert.

Dennoch: 5G-Basis­sta­tionen müssen dort, wo hohe Kapa­zi­täten benö­tigt werden, deut­lich dichter stehen, als seiner­zeit 3G- als bislang die 4G-Basis­sta­tionen. Zugleich müssen diese 5G-Basis­sta­tionen mit Down­link-Bitraten von etli­chen Gigabit pro Sekunde ange­bunden werden, wenn man die Fähig­keiten von 5G ausnutzen will. Dazu ist eine Glas­faser-Anbin­dung ("Back­bone") zwin­gend erfor­der­lich.

5G verwendet also Massive MIMO bei den "tiefen" Frequenzen bis ca. 3,6 GHz, zudem Beam­for­ming und hohe Band­breiten bei den "hohen" Frequenzen ab ca. 6 GHz, die hier­zu­lande (auf Antrag) nutzbar wären, aber wegen der geringen Reich­weiten bis auf einige Pilot­pro­jekte noch nicht einge­setzt werden.

Ping-Zeit: 0,001 Sekunden

Es gibt noch weitere Anfor­de­rungen an 5G-Netze neben der massiven Stei­ge­rung der Zell­ka­pa­zität: Eine ist die Kommu­ni­ka­tion mit geringer Latenz. Die Rede ist von Ping-Zeiten von gerade mal 0,001 Sekunden, also 1 Milli-Sekunde. Das ist 20 bis 40 mal schneller als die in 4G-Netzen übli­chen 20 bis 40 ms.

In vielen Fällen sollen Anwen­dungen mit dieser ultra­kurzen Latenz direkt von Endgerät zu Endgerät kommu­ni­zieren. Das Netz vermit­telt dann nur noch den Funk­kanal, verar­beitet aber die Daten nicht mehr selbst. In anderen Fällen werden die Daten weiterhin von und zum Netz über­tragen werden.

Der Server, der diese verar­beitet, muss dann aber direkt in der Basis­sta­tion stehen, da andern­falls schon die Signal­lauf­zeiten im Back­bone zu lange wären. "Edge Compu­ting" nennen die Ausrüster die Fähig­keit, Rechen­ka­pa­zi­täten direkt an die Netz­knoten zu verla­gern.

Zwei funktionsfähige 5G-Antennen am Messestand Zwei funktionsfähige 5G-Antennen am Messestand
Bild: teltarif.de
Ein oft genannter Kandidat für direkte Gerät-zu-Gerät-Kommu­ni­ka­tion und das Edge Compu­ting sind selbst­fah­rende Autos. Seit einiger Zeit wird immer mehr an diesen geforscht. Proto­typen verwenden Kameras, Laser-Entfer­nungs­messer, akus­ti­sche Abstands­sen­soren und derglei­chen mehr, um den Verkehr zu über­wa­chen und darauf zu reagieren.

Die 5G-Prot­ago­nisten gehen davon aus, dass selbst­fah­rende Autos zur weiteren Erhö­hung der Sicher­heit auch direkt unter­ein­ander Daten austau­schen werden. Denn wenn das voraus­fah­rende Fahr­zeug direkt an das hinter­her­fah­rende Fahr­zeug funkt, dass es bremst, dann kann letz­teres viel schneller reagieren, als wenn es dazu erst die Brems­lichter oder die tatsäch­liche Verzö­ge­rung des voraus­fah­renden Autos auswerten muss.

Ist die Daten­über­tra­gung zwischen den Fahr­zeugen ausrei­chend schnell und der Kanal zwischen den Fahr­zeugen ausrei­chend zuver­lässig, dann können auto­nome Autos direkt hinter­ein­ander im Wind­schatten fahren. Das spart beim hinterher fahrenden Fahr­zeug nicht uner­heb­lich Sprit und verbes­sert die Auslas­tung der Straßen. Aber es benö­tigt einen sicheren Funk­kanal direkt zwischen den Autos, der Latenz­zeiten deut­lich unter­halb der übli­chen mensch­li­chen Reak­ti­ons­zeit von 100 bis 200 ms aufweist.

Die kurze Latenz geht dabei Hand in Hand mit den hohen Bitraten, die 5G ermög­licht: Je höher die Bitrate, desto schneller erfolgt natür­lich die Über­mitt­lung eines einzelnen Daten­pa­kets vorge­ge­bener Länge.

5G speziell für indus­tri­elle Steu­er­auf­gaben

Dank der Flexi­bi­lität der 5G-Netze wird nicht nur die Kommu­ni­ka­tion zwischen auto­nomen Autos, sondern auch diverse weitere indus­tri­elle Steu­er­auf­gaben attraktiv. Bisher konnte die Indus­trie nur mit proprie­tären Kommu­ni­ka­ti­ons­sys­temen arbeiten. Die Nutzung einheit­li­cher Stan­dards soll die Stück­zahlen nach oben und damit die Kosten pro Gerät nach unten treiben.

10 Jahre Standby

Eine weitere Anfor­de­rung an 5G-Netze ist, dass Sensoren mit einer handels­üb­li­chen AA-Batterie 10 Jahre lang betrieben werden können. Bei 5G soll im "Internet der Dinge" (kurz IoT) künftig alles mit allem vernetzt sein.

Als Beispiel sei ein Feuch­te­messer genannt, den ein Land­wirt in den Boden steckt, und der ihn warnt, wenn es zu trocken wird, sodass er dann gezielt künst­lich bewäs­sern kann. Nicht nur will der Bauer bei solchen Sensoren nicht regel­mäßig die Batterie wech­seln müssen. Sie werden oft auch an Stellen weitab von Sied­lungen, mit folg­lich schlechter Netz­ver­sor­gung aufge­stellt werden. Dieselben Probleme haben aber zum Beispiel auch Feuer­melder oder elek­tro­ni­sche Wasser­uhren.

Selbst erste 5G-Prototypen erreichten schon einstellige GBit/s Selbst erste 5G-Prototypen erreichten schon einstellige GBit/s
Bild: teltarif.de
Vorteil ist: Solche Sensoren benö­tigen nicht die eingangs genannten hohen Bitraten. Ob das Absetzen einer Dürre­mel­dung fünf Milli­se­kunden oder fünf Sekunden dauert, ist egal. Wichtig ist, dass die Meldung über­haupt ankommt.

Hierfür werden in 5G-Netzen zwei Tricks ange­wendet, die sich übri­gens im Rahmen des Stan­dards "Narrow­band Internet of Things" (kurz: NB-IoT) auch in aktu­elle 4G-Netze imple­men­tieren lassen. Der erste ist, nur einen der OFDM-Subträger zu verwenden und auch auf MIMO und all die anderen Maßnahmen zur Geschwin­dig­keits­stei­ge­rung zu verzichten. Das limi­tiert die Bitrate auf einige hundert Kilobit pro Sekunde. Aber es redu­ziert den Ener­gie­ver­brauch und verein­facht den Aufbau der Sender.

Trick: Signal­wie­der­ho­lung

Der andere Trick ist, dass die IoT-Sender ihr Sende­si­gnal bei Bedarf beharr­lich wieder­holen, bis zu 100- oder gar 1000-mal. Selbst wenn das einzelne Signal im Rauschen unter­geht: Durch die Wieder­ho­lung verbes­sert sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis entspre­chend der Zahl der Wieder­ho­lungen. Die Filter in den Basis­sta­tionen müssen nur gezielt nach diesen sich wieder­ho­lenden Signalen suchen, dann können sie diese aus dem Hinter­grund­rau­schen heraus­fil­tern.

Natür­lich eignet sich diese Methode nicht, um ein 20-Mega­pixel-Foto in die Cloud hoch­zu­laden. Hier würde die tausend­fache Wieder­ho­lung die Netze über­lasten. Die Meldung: "Dichter Rauch und leicht erhöhte Tempe­ra­turen bei Feuer­melder 349348" belegt aber auch in tausend­fa­cher Wieder­ho­lung weniger als 0,1 MB. Haupt­sache, sie kommt an.

Bei jedem Update der Mobil­funk-Tech­no­logie wurde auch die Modu­la­tion verbes­sert.

Modu­la­tion: Schon am Ende ange­kommen?

Alle modernen Funk­ver­fahren über­tragen mehrere Bits mit einem Signal. Die derzeit bei LTE einge­setzte 64-QAM-Modu­la­tion verwendet beispiels­weise 64 verschie­dene Symbole. Mit jedem Symbol wird dadurch ein Zahlen­wert zwischen 0 und 63 über­mit­telt - das entspricht genau 6 Bit.

Im Ideal­fall werden daher mit 64-QAM-Modu­la­tion auf einem 20 MHz breiten Kanal somit 6 Bit/Hz * 200 MHz = 1200 MBit/s über­tragen. Nach Abzug von Framing und Korrek­tur­bits bleibt eine Nutz­da­ten­rate von bis zu 1000 MBit/s. Die eingangs bereits erwähnte MIMO-Tech­no­logie erlaubt dann durch Nutzung von mehreren Antennen im Sender und im Empfänger parallel die Kapa­zität noch weiter zu stei­gern - mit 4x4-MIMO bei der genannten Kanal­breite beispiels­weise auf bis zu 4000 MBit/s.

Ein 'mobiles' 5G-Endgerät, Stand Anfang 2015 Ein "mobiles" 5G-Endgerät, Stand Anfang 2015
Bild: teltarif.de
Eine weitere Erhö­hung der Nutz­da­ten­rate durch eine Modu­la­tion mit noch mehr Symbolen, etwa mit 256 QAM mit 256 verschie­denen Wellen­formen, bringt nur einen geringen Gewinn. Denn sie erfor­dert einwand­freien Empfang mit nur sehr geringen Störungen. Andern­falls lassen sich die 256 Symbole nicht mehr eindeutig vonein­ander unter­scheiden. Im Vergleich zu 64 QAM kann 256 QAM zudem nur 33 Prozent zusätz­lich über­tragen - nämlich 8 statt 6 Bit pro Symbol.

Am Zellen­rand, wo die Nach­bar­zellen meist stark stören, ist man in der Praxis schon froh, wenn 16 QAM (4 Bit/Hz) einge­setzt werden kann, und nicht gar auf 4 QAM (auch als QPSK oder 4-PSK bezeichnet) zurück­ge­schaltet werden muss. Letz­tere über­trägt ledig­lich 2 Bit/Hz.

Das mit n-QAM kodierte Rohsi­gnal muss aber noch auf eine Träger­fre­quenz aufmo­du­liert werden. Letz­teres ist die bekannte Sende­fre­quenz von z. B. 700/800/900/1800/2100/2600/3600 MHz. Hierbei gibt es das Problem, dass die Folge der QAM-Symbole aufgrund der harten Über­gänge zwischen den Symbolen auch Frequenz­an­teile enthält, die höher sind als die Symbol­rate. Diese stören, auf den Träger aufmo­du­liert, jeweils die Nach­bar­bänder.

Wenn Gauß das wüsste

Bei GSM hatte man noch ein Verfahren - Gaus­sian Minimum Shift Keying, kurz GMSK - einge­setzt, das diese Störungen jenseits des Kanals mini­miert. Bei 3G/UMTS wurde auf die Gauß-Filter zugunsten eines einfa­cheren Aufbaus des Funk­sys­tems verzichtet. Die Folge sind stär­kere Störungen in den Seiten­bän­dern.

Bei UMTS wurden dabei die Störungen in benach­barte Bänder zumin­dest dadurch etwas redu­ziert, dass die Chip-Rate mit 3,84 MHz deut­lich unter der Kanal­band­breite von 5 MHz liegt. So wurde zwar der Aufbau der Sender einfa­cher, aber auch signi­fi­kant Band­breite verschwendet.

LTE/4G/5G: Signal wird mit zahl­rei­chen Subcar­riern über­tragen

LTE/4G und NR/5G verwenden den Trick, das Sende­band in viele schma­lere Unter­bänder zu zerlegen und die Aufmo­du­la­tion des Nutz­si­gnals auf das Träger­si­gnal in allen Unter­bän­dern so abzu­stimmen, dass die Störungen des einen Bandes nicht die Deko­die­rung des Nach­bar­bandes beein­flussen.

Dieser Ortho­gonal Frequency Divi­sion Multi­plex (kurz OFDM) funk­tio­niert jedoch nur, wenn alle Subträger perfekt aufein­ander abge­stimmt sind und auch mit der glei­chen Charak­te­ristik vom Sender zum Empfänger über­tragen werden.

Ist das Refle­xi­ons­ver­halten von Bauteilen zum Beispiel (leicht) frequenz­ab­hängig, oder sendet eine benach­barte Basis­sta­tion auf benach­barten Kanälen, dann kommt es doch zu Störungen.

Schon wegen der oben genannten Narrow­band-Anfor­de­rung wird beim 5G-Stan­dard das Signal wie LTE/4G mit zahl­rei­chen Subcar­riern über­tragen werden.

Ein Handy im Standby oder ein Low-Power-Endgerät wird dann nur einen dieser Subcar­rier empfangen, während ein Smart­phone für einen dicken Down­load natür­lich zahl­reiche Subcar­rier akti­vieren wird. Um aber die gegen­sei­tigen Störungen zu redu­zieren und so die Kanal­qua­lität und damit die mögliche Zahl an über­tra­genen Bits zu verbes­sern, sehen mehrere der für 5G vorge­schla­genen Modu­la­ti­ons­ver­fahren wieder Filter vor, ähnlich dem GMSK-Filter von GSM.

Der meiste zusätz­liche Aufwand für die Filter entsteht übri­gens auf Empfän­ger­seite: Je genauer das Signal im Sender auf die vorge­ge­bene Band­breite limi­tiert wird, desto stärker verschmieren die Bits auf der Zeit­achse. Damit steigt der Aufwand, diese sauber vonein­ander zu trennen. Dennoch über­wiegen die Vorteile der Filte­rung. Weniger Störung von Nach­bar­bän­dern bedeutet nun mal, dass in allen Bändern das Signal sauberer wird.

Nur: Große Sprünge bei der über­tra­genen Band­breite werden auch mit den wieder­ein­ge­führten Filtern nicht möglich sein. Der posi­tiven Wirkung der gerin­geren Störungen in die Nach­bar­bänder stehen die schnell weiter stei­gende Zahl an Endge­räten und die immer dichter stehenden Basis­sta­tionen gegen­über, sodass die Zahl der Störungen inner­halb eines Bandes zunimmt.

Senden und Empfangen gleich­zeitig!?

Eine andere Möglich­keit zur Stei­ge­rung der effek­tiven Band­breite zeigte Kumu Networks schon 2015 auf dem Mobile World Congress am Stand der spani­schen Telefónica:

Full Duplex, also das gleich­zei­tige Senden und Empfangen auf ein- und derselben Frequenz. In kabel­ge­bun­denen Medien, allen voran dem bekannten Ethernet, ist die Full-Duplex-Über­tra­gung bereits Stan­dard. Für Funk­me­dien ist sie aber noch neu und tech­nisch eine enorme Heraus­for­de­rung.

So ist bei kabel­ge­bun­dener Über­tra­gung über kurze Entfer­nungen das Sende­si­gnal 1 bis 3 Größen­ord­nungen (entspre­chend einem Faktor 10 bis 1000) stärker als das Empfangs­si­gnal. Bei Funk­über­tra­gung mit typi­schen Abständen zwischen Handy und Basis­sta­tion beträgt die Stärke des von der Gegen­stelle empfan­genen Signals hingegen oft nur ein Milli­ardstel des ausge­sen­deten Signals! Entspre­chend schwie­riger ist die Tren­nung der beiden Kanäle.

Zwar arbeiten in 4G-Netzen beim hier­zu­lande übli­chen FDD (frequency divi­sion duplex) schon derzeit Sender und Empfänger gleich­zeitig, aber auf unter­schied­li­chen Frequenzen.

Durch die Diffe­renz von beispiels­weise 190 MHz (bei UMTS 2100) oder 59 MHz (bei LTE 800) zwischen Uplink- und Down­link-Frequenz können Basis­sta­tion und Smart­phone jeweils das eigene Signal sicher vom Signal der Gegen­stelle trennen. Aber genau dieses Verfahren ist bei einer Full-Duplex-Über­tra­gung nicht mehr anwendbar.

Probleme und Lösungen der Full-Duplex-Über­tra­gung

Um bei einer Full-Duplex-Über­tra­gung das eigene und das fremde Signal sauber zu trennen, ist es nötig, alle Rück­kopp­lungen des eigenen Signals zu ermit­teln und vom empfan­genen Signal abzu­ziehen. Das betrifft nicht nur die Rück­kopp­lung direkt an der Antenne, auch, wenn diese ener­ge­tisch mit Abstand am höchsten ist.

Denn genauso, wie wir an geeig­neten Orten ein Echo unserer eigenen Sprache hören können, empfängt das Smart­phone auch zahl­reiche Echos seiner eigenen Aussen­dungen. Dabei sind Echos von planen Objekten, die sich näher befinden, als etwa der halbe Abstand zwischen Basis­sta­tion und Smart­phone, stärker als das erwünschte Signal des Gegen­übers, denn der Gesamtweg Smart­phone -> Echo­ob­jekt -> Smart­phone ist dann kürzer als der Weg Basis­sta­tion -> Smart­phone.

Sind die reflek­tie­renden Objekte geeignet gewölbt, in der Form eines Hohl­spie­gels, und passend ausge­richtet, können die von diesen zurück­ge­wor­fenen Echos des eigenen Signals im Einzel­fall selbst dann das direkte Signal der Gegen­stelle über­tönen, wenn sie deut­lich weiter entfernt sind als diese.

Da sich die Echo­land­schaft laufend und schnell ändert, beispiels­weise durch Körper­be­we­gungen des Smart­phone-Nutzers, durch die Verän­de­rung der Smart­phone-Ausrich­tung oder durch die Bewe­gung von Fahr­zeugen (entweder mit dem Smart­phone oder auf einer in der Nähe laufenden Straße), muss die Echo-Signatur laufend neu ermit­telt werden. Allein die dafür nötigen Berech­nungen hätten vor einem Jahr­zehnt noch die Leis­tung eines Super­com­pu­ters benö­tigt.

Hinzu kommt, dass die Voll-Duplex-Über­tra­gung nur dann eine deut­liche Stei­ge­rung der Kanal­ka­pa­zität bewirkt, wenn Up- und Down­stream ähnlich hohe Bitraten haben. Wenn die Bitraten hingegen deut­lich unter­schied­lich sind, reicht bereits der Wechsel von FDD (wo für Up- und Down­link getrennte Frequenz­bänder reser­viert werden) zu TDD (wo ein Frequenz­band im zeit­li­chen Wechsel glei­cher­maßen für Up- und Down­link verwendet wird), um den Uplink-Kanal und die dafür benö­tigte Band­breite einzu­sparen.

In einem Szenario mit vielen, nah zuein­ander befind­li­chen Endge­räten dürfte das Full-Duplex-Verfahren zudem komplett schei­tern. Es ist daher eine span­nende Tech­no­logie-Option für Punkt-zu-Punkt-Funk­stre­cken mit symme­tri­schem Daten­ver­kehr, aber wahr­schein­lich nichts für den allge­meinen Mobil­funk.

Ok, Full Duplex bringts nicht.

Pola­ri­sie­rung: Links- und Rechts­dre­hend

Einen weiteren Trick zur Stei­ge­rung der Kanal­ka­pa­zität kennt man aus dem 3D-Kino oder vom heimi­schen 3D-Fern­seher: die Pola­ri­sa­tion. Die beiden Gläser einer 3D-Brille lassen jeweils nur rechts­dre­hendes bzw. links­dre­hendes Licht durch. Der Projektor kann so zwei Film­se­quenzen gleich­zeitig via Lein­wand zum Benutzer über­tragen - einmal den Film aus der Perspek­tive des rechten Auges und einmal aus der Perspek­tive des linken.

Dieselbe Kanal­stei­ge­rung um den Faktor 2 ist auch bei Funk­sys­temen verwendbar. Beim Satel­liten-TV ist sie bereits Stan­dard, die Kanäle sind entweder hori­zontal oder vertikal pola­ri­siert. Zwar haben H- und V-Kanäle unter­schied­liche Mitten­fre­quenzen, die Kanäle sind jedoch so breit, dass sich benach­barte H- und V-Kanäle über­lappen. Die zur Verfü­gung stehende Gesamt­band­breite wird dadurch bei Satel­li­ten­sys­temen (in etwa) verdop­pelt.

Ein 'mobiles' 5G-Endgerät, Stand Anfang 2016 Ein "mobiles" 5G-Endgerät, Stand Anfang 2016
Bild: teltarif.de
Im Mobil­funk ist die Nutzung der Pola­ri­sa­tion aber ungleich schwie­riger. Anders als Satel­li­ten­an­tennen sind Smart­phones nicht orts­fest. Ein Schwenk um 90 Grad, und die Bedeu­tung von "hori­zontal" und "vertikal" vertauscht sich genau.

Schlimmer noch, ein Schwenk um 45 Grad bewirkt, dass die Hori­zontal- und die Vertikal-Antenne jeweils das hori­zontal und das vertikal ausge­sen­dete Signal genau gleich stark empfangen - das lässt sich dann, anders als beim 90-Grad-Schwenk, auch mit der Auswer­te­elek­tronik nicht mehr ausein­ander sortieren.

Das Problem mit dem Handy-Schwenk

Verwendet man nicht ein hori­zontal und ein vertikal pola­ri­siertes Signal, sondern wie im Kino zwei zirkular pola­ri­sierte Signale, nämlich links­dre­hend und rechts­dre­hend, umgeht man das Problem mit dem Handy-Schwenk: Egal, wie stark man das Handy dreht, links­zir­kular bleibt links­zir­kular und rechts­zir­kular bleibt rechts­zir­kular.

Nur: Bei Refle­xionen an Wänden oder belie­bigen anderen Ober­flä­chen wird aus links- dann rechts­dre­hend und umge­kehrt. Und viele Smart­phones im "Funk­schatten" einer Basis­sta­tion sind über­haupt nur über Ausbrei­tungs­wege erreichbar, die eine oder mehrere Refle­xionen enthalten.

Im Worst Case kommen zwei Signale mit refle­xi­ons­be­dingt unter­schied­li­cher Dreh­rich­tung gleich stark beim Empfänger an. Ein doppelt reflek­tiertes links­dre­hendes Signal und ein drei­fach reflek­tiertes rechts­dre­hendes Signal ergeben beim Empfänger dann zusammen ein linear pola­ri­siertes Signal.

Dessen Schwin­gungs­rich­tung kann hori­zontal, vertikal oder ein belie­biger Winkel dazwi­schen sein. Wenn sich durch Bewe­gung des Smart­phones das Verhältnis der Weglängen des doppelt und drei­fach pola­ri­sierten Signals ändert, dann rotiert die Pola­ri­sa­ti­ons­ebene.

Lange Rede, kurzer Sinn: Auch, wenn einige wenige Aussteller auf dem Mobile World Congress die Nutzung der Pola­ri­sa­tion als mögliche weitere Maßnahme zur Kapa­zi­täts­stei­ge­rung nannten, ging das 5G White Paper der NGMN mit keiner Silbe darauf ein. Wahr­schein­lich zu Recht!

Gerade dort, wo die Empfangs­si­tua­tion derzeit schon schwierig ist, dürften auch mit Nutzung der Pola­ri­sa­tion keine zusätz­li­chen Bits ankommen.

Fazit: Die umfas­sende Mobi­li­sie­rung und Flexi­bi­li­sie­rung

Einige Aussteller des Mobile World Congress waren sich schon 2016 sicher: Die 5G-Tech­no­logie wird so flexibel, dass sie 4G/LTE und 2G/GSM (nicht jedoch 3G) mit enthält, die Zauber­formel lautet "Single RAN". Man kann eine 5G-Basis­sta­tion so konfi­gu­rieren, dass sie 5G-kompa­tibel mit LTE- oder GSM-Handys kommu­ni­ziert. 5G wird Anwen­dungen abde­cken, die von unter dem, was derzeit mit GSM möglich ist, bis weit über das reichen, was 4G/LTE entspricht. "Unter GSM" bedeutet insbe­son­dere nied­rige Bitraten und einen nied­rigen Ener­gie­ver­brauch, aber auch nur nied­rige nötige Feld­stärken am Ort des Modems, und "über LTE" bedeutet beson­ders hohe Bitraten und kurze Ping-Zeiten.

5G NB-IoT, Massive MIMO

Einige der neuen Funk­tionen von 5G, vorwie­gend Massive MIMO und NB-IoT, sind bereits in 4G imple­men­tiert. Insbe­son­dere auf den derzeit mit 4G benutzten Frequenzen bei 700, 800, 1800 und 2600 MHz ist ein Misch­be­trieb von 4G und 5G möglich (5G DSS), indem Para­me­ter­sätze (etwa Kanal­band­breite und Frame-Länge) verwendet werden, die mit einem 4G-Betrieb kompa­tibel sind. Auf den neuen "reinen" 5G-Frequenzen zunächst bei 3,6 GHz werden hingegen auf 5G opti­mierte Para­meter verwendet werden, vornehm­lich kürzere Frame-Längen für kürzere Ping-Zeiten und höhere Band­breiten für höhere Maxi­mal­bi­traten.

Über­gang von 4G auf 5G ohne harten Schnitt

Das Reno 5G von Oppo, eines der ersten 5G-fähigen Handys. Das Reno 5G von Oppo, eines der ersten 5G-fähigen Handys.
Foto: Swisscom
Anders als beim Wechsel von 3G zu 4G gibt es beim Über­gang von 4G zu 5G keinen harten Schnitt, wenn man von der offi­ziell verkün­deten kompletten Abschal­tung der 3G-Tech­no­logie (UMTS) im Jahr 2021 absieht.

NSA - ihr seid nicht alleine

5G verwendet ein neues Modu­la­ti­ons­ver­fahren, um die Signale (Sprache, Daten) über den Funk­kanal zu trans­por­tieren. Es wird "NR" (= New Radio) genannt. Dabei werden neue noch effi­zi­en­tere Modu­la­ti­ons­ver­fahren verwendet. Im Hinter­grund ist aber noch ein 4G-Kern-Netz­werk (Core) notwendig und deshalb wird das auch als "Non-Stand-Alone" (NSA) bezeichnet. Das erleich­tert den Über­gang. Der künf­tige Netz-Grund­ausbau wird weiter aus 4G (LTE) bestehen, was dann in "Hotspots" (wo viel Kapa­zität oder Band­breite oder kurze Latenzen gebraucht werden) um 5G erwei­tert wird.

Zunächst wird 5G-NR nur im Down­stream einge­setzt. Zur Steue­rung und zum Upload der Daten oder zum Abtrans­port dahinter ins Netz bleibt vorerst noch 4G (LTE) im Spiel. Nach NSA folgt als nächste Stufe "Stand Alone" oder kurz SA. Bei 5G-SA braucht die Anlage keine 4G-Unter­stüt­zung mehr. 5G-SA gibt es schon, im Augen­blick aber über­wie­gend in soge­nannten Campus-Netzen, das sind abge­schlos­sene "private" Netze für Firmen, Forschungs­unter­nehmen oder die Land­wirt­schaft. Es ist aber jetzt schon absehbar, dass 5G-SA auch in öffent­lich nutz­baren Netzen zum Einsatz kommen wird. Erst mit 5G-SA können alle Vorteile von 5G richtig ausge­nutzt werden.

5G flächen­deckend?

In der poli­ti­schen Diskus­sion wird 5G gerne mit flächen­de­ckender Netz­ver­sor­gung (bis zu letzten "Milch­kanne") verwech­selt. Auf den dafür anfangs gedachten Frequenzen bei 3,6 GHz wäre das logis­tisch und wirt­schaft­lich kaum möglich. Diese Frequenzen, und künf­tige noch weiter ober­halb, haben eine viel zu geringe Signal-Reich­weite. Es müssten - grob geschätzt - rund 800.000 Basis­sta­tionen aufge­baut werden, aktuell sind es so um die 40 000 (alle Netz­an­bieter in Deutsch­land zusammen).

Der Trick mit 5G DSS

Ein aktuelles 5G-Flaggschiff: das Samsung Galaxy S20 Ultra Ein aktuelles 5G-Flaggschiff: das Samsung Galaxy S20 Ultra
TechInsights
Also sagten sich die Tech­niker, man müsste doch 5G auch auf nied­rigeren Frequenzen machen können. Es wurde eine Bestands­auf­nahme gemacht und fest­gestellt, dass man auf ältere Tech­nolo­gien verzichten könnte.

In einigen Ländern hat man die 2G-Tech­no­logie abge­stellt, in Deutsch­land hat man sich für die Abschal­tung von 3G entschieden, als Termin wurde Mitte/Ende 2021 bekannt gegeben.

3G fand hier­zu­lande ausschließ­lich auf 2,1 GHz statt. Diese Frequenz wird seit einiger Zeit auch für LTE/4G und jetzt auch für 5G genutzt. Das Geheimnis lautet Dynamic Spec­trum Sharing (DSS). Man verwendet die Frequenzen scheinbar gleich­zeitig (eher abwech­selnd) für 4G und 5G.

5G-NSA oder 5G-SA?

Solange 5G noch auf 4G aufsetzt (NSA) nimmt man eine "Anker­zelle" im 4G-Band und verknüpft sie mit einem 5G-Sender in einem anderen Band, z. B. bei 2,1 GHz. Aber auch 2,1 GHz hat nicht die ideale Reich­weite. Je tiefer die Frequenz, desto besser die Reich­weite. In Deutsch­land wurde 700 MHz den Fern­seh­machern abge­knöpft und als "Digi­tale Divi­dende II" dem Mobil­funk zuge­schlagen. Also wird 700 MHz jetzt teil­weise für 5G verwendet. In den USA funkt man sogar schon auf 600 MHz.

5G-SA

Wo 5G schon "alleine" arbeiten kann, spricht man von "Stan­dalone" abge­kürzt "SA" oder 5G-SA oder aus Marke­ting-Gründen auch "5G+" oder "5G-Plus" genannt. Da der 5G-Teilen "alleine" funken kann, sind theo­retisch kürzere Ping zeigen möglich. Die Daten­raten sind im Augen­blick eher geringer, da bei 5G-NSA verschie­dene Träger ("Carrier") "zusam­men­geleimt" werden und so hohe Band­breiten erlauben. In einem weiteren Schritt können 5G-Carrier aggre­giert (zusam­men­gefügt) werden und dann werden auch hier die Geschwin­dig­keiten steigen. Das setzt aber voraus, dass am Standort des Kunden alle Frequenz­bänder zur Verfü­gung stehen, insbe­son­dere die Frequenz 3600 MHz (Band "n78") hat eine sehr geringe Reich­weite. Weitere Frequenzen könnten um 2030 bei 6 GHz dazu kommen, dazu müssen noch die regio­nalen, natio­nalen Geneh­migungen erteilt werden und die Gerä­teher­steller müssen passende Endge­räte bauen.

Aktuell bieten noch nicht alle Netz­be­treiber 5G-SA. Ange­fangen hatte Voda­fone unter dem Begriff "5G+", aller­dings sind nicht alle Stationen umge­rüstet. Der Kunde muss die Option in seinem Kunden­tool (z.B. Mein Voda­fone App) buchen. Auch o2-Kunden können diese Funk­tion derzeit ohne Mehr­kosten buchen. Wer sich für 5G-SA inter­essiert, braucht mögli­cher­weise eine neue SIM-Karte (SUCI-SIM). Außerdem unter­stützen nicht alle 5G-fähigen Endge­räte auch 5G-SA oder nur auf bestimmten Frequenzen (z.B. Apple im Netz von Voda­fone, bei o2 derzeit noch gar nicht.)

Die Telekom plant 5G-SA in der zweiten Jahres­hälfte 2024 frei­zugeben.

5G-Netz­ausbau schneller als gedacht

Durch diese Tricks konnten bereits weite Flächen von Deutsch­land mit 5G ausge­leuchtet werden. Allen voran die Deut­sche Telekom, gefolgt von Voda­fone und o2, die erst ein Jahr nach den Mitbe­wer­bern mit 5G ange­fangen haben.

Der vierte Netz­be­treiber 1&1-Mobil­funk (vormals 1&1-Dril­lisch) pokerte lange, ob er außer­halb von Ballungs­gebieten viel güns­tiger als "Unter­mieter" bei Telekom, Voda­fone oder o2 mitfunken darf. Kosten soll es aber möglichst wenig. Aufgrund der EU-Auflagen hatte 1&1 ein "güns­tiges" Roaming-Abkommen mit o2-Telefónica, das aber zunächst nur die Nutzung von 2G und 4G beinhal­tete. Nachdem 1&1 relativ über­raschend ein neues Roaming-Abkommen mit Voda­fone (inklu­sive der Nutzung von 5G) abge­schlossen hatte, zog o2-Telefónica mit der Frei­gabe von 5G nach. Das o2-Roaming wird aller­dings Ende 2025 auslaufen.

1&1 setzt im eigenen Netz von vorne­herein auf die Open-RAN-Tech­no­logie, die viel Soft­ware aus den proprie­tären Baugruppen eines Herstel­lers in Form von frei zugäng­licher Soft­ware auf Stan­dard­pro­zes­soren (z.B. X86) umsetzt und somit einen einfa­cheren Wechsel von Herstel­lern bzw. Liefe­ranten erlaubt. Gleich wohl stößt 1&1 auf wenig Gegen­liebe.

Die bereits etablierten Netz­be­treiber sehen nicht ein, dass ihre hohen Netz­inves­titionen "entwertet" werden, weil ein preis­aggres­siver Anbieter, der dann auch noch mit natio­nalem Roaming bundes­weit nutzbar wäre, für viele Kunden wesent­lich attrak­tiver sein könnte. Die Folge: Noch mehr preis­sen­sible Kunden würden den teureren Anbieter verlassen, dem dann das Geld zum Netz­ausbau fehlen könnte. Die weitere Folge: Insge­samt schlech­teres oder an vielen Stellen weiter kein Netz. Unbe­schadet davon hat 1&1 im Dezember 2023 (nach einem Vorstart im Dezember 2022) sein eigenes Mobil­funk­netz gestartet.

Das Problem mit den "5G-fähigen" Handys

Das iPhone 12 ist das erste 5G-fähige Modell von Apple, das auf einen Qualcomm-Chip setzt. Mit 5G-DSS fremdelt das iPhone noch ein wenig. Das iPhone 12 ist das erste 5G-fähige Modell von Apple, das auf einen Qualcomm-Chip setzt. Mit 5G-DSS fremdelt das iPhone noch ein wenig.
Foto: Apple Inc.
Zu Anfang konnten 5G-fähige Handys nur den Frequenz­bereich zwischen 3,4 bis 3,8 GHz, der Fach­mann spricht vom Band n77/n78. Doch diese Stationen stehen über­wie­gend nur in Groß­städten. Neuere Handy-Modelle kommen auch mit nied­rigeren Frequenzen klar. Doch dabei gibt es wieder Tücken: Liegen Anker­zel­len­fre­quenz und 5G-Frequenz zu "nahe" beiein­ander, kommen verschie­dene Handys damit nicht so richtig klar.

Auch die iPhone-Modelle von Apple wie iPhone 12 bis 15 oder die Ober­klasse von Samsung Galaxy (aktuell Galaxy S24) haben oder hatten Probleme. Die Kombi­nation von Band "B20" (800 MHz) mit Band "n28" (700 MHz) funk­tio­niert bei Apple nach wie vor nicht (bei Samsung inzwi­schen schon). Eine Lösung kann sein, dass die Netz­be­treiber an jeder Station möglichst viele verschie­dene Frequenz­kom­bina­tionen anbieten, damit für möglichst jedes Handy eine übrig bleibt.

5G auf nied­rigen Frequenzen ist langsam

Wer sich stolz ein 5G-fähiges Handy kauft und dann den ersten Speed­test startet, wird zunächst enttäuscht sein. Statt Höchst­geschwin­dig­keiten im Gigabit-Bereich ist 5G hier nur unwe­sent­lich schneller als 4G (LTE) oder in Einzel­fällen sogar lang­samer. Man kann die Physik kaum austricksen: Wenn es schneller werden soll, braucht man mehr Band­breite, und die gibt es nur auf höheren Frequenzen oder durch Frequenz­kom­bina­tionen, sprich Carrier Aggre­gation. Und mit viel, viel mehr Sende­sta­tionen als heute.

5G wird sich durch­setzen, 6G vor der Tür

Gleich­wohl geht die 5G-Entwick­lung mit Riesen­schritten weiter. Fast täglich kommen neue Geräte in den Handel und stellen Chip-Hersteller ihre neuen Baugruppen und Chip­sätze vor. Und in den Forschungs­laboren und Normie­rungs­gre­mien wird längst über Details des kommenden Stan­dards 6G nach­ge­dacht und geforscht.

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