5G: So funktioniert der aktuelle Mobilfunk-Standard
Eine weitere Anforderung an 5G-Netze ist, dass Sensoren mit einer handelsüblichen AA-Batterie 10 Jahre lang betrieben werden können. Bei 5G soll im "Internet der Dinge" (kurz IoT) künftig alles mit allem vernetzt sein.
Als Beispiel sei ein Feuchtemesser genannt, den ein Landwirt in den Boden steckt, und der ihn warnt, wenn es zu trocken wird, sodass er dann gezielt künstlich bewässern kann. Nicht nur will der Bauer bei solchen Sensoren nicht regelmäßig die Batterie wechseln müssen. Sie werden oft auch an Stellen weitab von Siedlungen, mit folglich schlechter Netzversorgung aufgestellt werden. Dieselben Probleme haben aber zum Beispiel auch Feuermelder oder elektronische Wasseruhren.
Selbst erste 5G-Prototypen erreichten schon einstellige GBit/s
Bild: teltarif.de
Vorteil ist: Solche Sensoren benötigen nicht die eingangs genannten hohen Bitraten. Ob das Absetzen einer Dürremeldung fünf Millisekunden oder fünf Sekunden dauert, ist egal. Wichtig ist, dass
die Meldung überhaupt ankommt.
Hierfür werden in 5G-Netzen zwei Tricks angewendet, die sich übrigens im Rahmen des Standards "Narrowband Internet of Things" (kurz: NB-IoT) auch in aktuelle 4G-Netze implementieren lassen. Der erste ist, nur einen der OFDM-Subträger zu verwenden und auch auf MIMO und all die anderen Maßnahmen zur Geschwindigkeitssteigerung zu verzichten. Das limitiert die Bitrate auf einige hundert Kilobit pro Sekunde. Aber es reduziert den Energieverbrauch und vereinfacht den Aufbau der Sender.
Trick: Signalwiederholung
Der andere Trick ist, dass die IoT-Sender ihr Sendesignal bei Bedarf beharrlich wiederholen, bis zu 100- oder gar 1000-mal. Selbst wenn das einzelne Signal im Rauschen untergeht: Durch die Wiederholung verbessert sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis entsprechend der Zahl der Wiederholungen. Die Filter in den Basisstationen müssen nur gezielt nach diesen sich wiederholenden Signalen suchen, dann können sie diese aus dem Hintergrundrauschen herausfiltern.
Natürlich eignet sich diese Methode nicht, um ein 20-Megapixel-Foto in die Cloud hochzuladen. Hier würde die tausendfache Wiederholung die Netze überlasten. Die Meldung: "Dichter Rauch und leicht erhöhte Temperaturen bei Feuermelder 349348" belegt aber auch in tausendfacher Wiederholung weniger als 0,1 MB. Hauptsache, sie kommt an.
Bei jedem Update der Mobilfunk-Technologie wurde auch die Modulation verbessert.
Modulation: Schon am Ende angekommen?
Alle modernen Funkverfahren übertragen mehrere Bits mit einem Signal. Die derzeit bei LTE eingesetzte 64-QAM-Modulation verwendet beispielsweise 64 verschiedene Symbole. Mit jedem Symbol wird dadurch ein Zahlenwert zwischen 0 und 63 übermittelt - das entspricht genau 6 Bit.
Im Idealfall werden daher mit 64-QAM-Modulation auf einem 20 MHz breiten Kanal somit 6 Bit/Hz * 200 MHz = 1200 MBit/s übertragen. Nach Abzug von Framing und Korrekturbits bleibt eine Nutzdatenrate von bis zu 1000 MBit/s. Die eingangs bereits erwähnte MIMO-Technologie erlaubt dann durch Nutzung von mehreren Antennen im Sender und im Empfänger parallel die Kapazität noch weiter zu steigern - mit 4x4-MIMO bei der genannten Kanalbreite beispielsweise auf bis zu 4000 MBit/s.
Ein "mobiles" 5G-Endgerät, Stand Anfang 2015
Bild: teltarif.de
Eine weitere Erhöhung der Nutzdatenrate durch eine Modulation
mit noch mehr Symbolen, etwa mit 256 QAM mit 256 verschiedenen
Wellenformen, bringt nur einen geringen Gewinn. Denn sie erfordert
einwandfreien Empfang mit nur sehr geringen Störungen. Andernfalls
lassen sich die 256 Symbole nicht mehr eindeutig voneinander
unterscheiden. Im Vergleich zu 64 QAM kann 256 QAM zudem
nur 33 Prozent zusätzlich übertragen - nämlich 8 statt 6 Bit pro Symbol.
Am Zellenrand, wo die Nachbarzellen meist stark stören, ist man in der Praxis schon froh, wenn 16 QAM (4 Bit/Hz) eingesetzt werden kann, und nicht gar auf 4 QAM (auch als QPSK oder 4-PSK bezeichnet) zurückgeschaltet werden muss. Letztere überträgt lediglich 2 Bit/Hz.
Das mit n-QAM kodierte Rohsignal muss aber noch auf eine Trägerfrequenz aufmoduliert werden. Letzteres ist die bekannte Sendefrequenz von z. B. 700/800/900/1800/2100/2600/3600 MHz. Hierbei gibt es das Problem, dass die Folge der QAM-Symbole aufgrund der harten Übergänge zwischen den Symbolen auch Frequenzanteile enthält, die höher sind als die Symbolrate. Diese stören, auf den Träger aufmoduliert, jeweils die Nachbarbänder.
Wenn Gauß das wüsste
Bei GSM hatte man noch ein Verfahren - Gaussian Minimum Shift Keying, kurz GMSK - eingesetzt, das diese Störungen jenseits des Kanals minimiert. Bei 3G/UMTS wurde auf die Gauß-Filter zugunsten eines einfacheren Aufbaus des Funksystems verzichtet. Die Folge sind stärkere Störungen in den Seitenbändern.
Bei UMTS wurden dabei die Störungen in benachbarte Bänder zumindest dadurch etwas reduziert, dass die Chip-Rate mit 3,84 MHz deutlich unter der Kanalbandbreite von 5 MHz liegt. So wurde zwar der Aufbau der Sender einfacher, aber auch signifikant Bandbreite verschwendet.
LTE/4G/5G: Signal wird mit zahlreichen Subcarriern übertragen
LTE/4G und NR/5G verwenden den Trick, das Sendeband in viele schmalere Unterbänder zu zerlegen und die Aufmodulation des Nutzsignals auf das Trägersignal in allen Unterbändern so abzustimmen, dass die Störungen des einen Bandes nicht die Dekodierung des Nachbarbandes beeinflussen.
Dieser Orthogonal Frequency Division Multiplex (kurz OFDM) funktioniert jedoch nur, wenn alle Subträger perfekt aufeinander abgestimmt sind und auch mit der gleichen Charakteristik vom Sender zum Empfänger übertragen werden.
Ist das Reflexionsverhalten von Bauteilen zum Beispiel (leicht) frequenzabhängig, oder sendet eine benachbarte Basisstation auf benachbarten Kanälen, dann kommt es doch zu Störungen.
Schon wegen der oben genannten Narrowband-Anforderung wird beim 5G-Standard das Signal wie LTE/4G mit zahlreichen Subcarriern übertragen werden.
Ein Handy im Standby oder ein Low-Power-Endgerät wird dann nur einen dieser Subcarrier empfangen, während ein Smartphone für einen dicken Download natürlich zahlreiche Subcarrier aktivieren wird. Um aber die gegenseitigen Störungen zu reduzieren und so die Kanalqualität und damit die mögliche Zahl an übertragenen Bits zu verbessern, sehen mehrere der für 5G vorgeschlagenen Modulationsverfahren wieder Filter vor, ähnlich dem GMSK-Filter von GSM.
Der meiste zusätzliche Aufwand für die Filter entsteht übrigens auf Empfängerseite: Je genauer das Signal im Sender auf die vorgegebene Bandbreite limitiert wird, desto stärker verschmieren die Bits auf der Zeitachse. Damit steigt der Aufwand, diese sauber voneinander zu trennen. Dennoch überwiegen die Vorteile der Filterung. Weniger Störung von Nachbarbändern bedeutet nun mal, dass in allen Bändern das Signal sauberer wird.
Nur: Große Sprünge bei der übertragenen Bandbreite werden auch mit den wiedereingeführten Filtern nicht möglich sein. Der positiven Wirkung der geringeren Störungen in die Nachbarbänder stehen die schnell weiter steigende Zahl an Endgeräten und die immer dichter stehenden Basisstationen gegenüber, sodass die Zahl der Störungen innerhalb eines Bandes zunimmt.
Kabelgebundene Medien können gleichzeitig senden und empfangen. Lässt sich diese Full-Duplex-Technologie auch im Mobilfunk nutzen?