Koalition plant Bußgelder für schlechte Mobilfunk-Netze
Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun (rechts), Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Mitte), Finanzminister Olaf Scholz (links)
Foto: Picture Alliance / dpa
Union und SPD haben sich auf höhere Strafen für Mobilfunknetzbetreiber verständigt, die nicht ihre Ausbauvorgaben erfüllen. Wie das in Düsseldorf erscheinende Wirtschaftszeitung Handelsblatt aus Koalitionskreisen erfahren hat, soll dazu der Rahmen für Buß- und Zwangsgelder im Telekommunikationsgesetz deutlich angehoben werden.
Wer nicht baut, zahlt trotzdem
Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun (rechts), Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (Mitte), Finanzminister Olaf Scholz (links)
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Genauer: Wer künftig beim Netzausbau nicht so voran kommt, wie in den Versorgungsauflagen festgelegt, soll statt bisher 100.000 Euro bis zu eine Million Euro oder zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes Strafe zahlen müssen. Dieses Zwangsgeld soll laut den Eckpunkten, auf die sich Union und SPD verständigt haben, von einer halben Million auf bis zu zehn Millionen Euro steigen. Entsprechende Forderungen hatte bereits der politisch besetzte Beirat der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr schon aufgestellt. Damit soll die "Kostenersparnis" durch den "Nichtausbau" abgeschöpft werden.
Neues Gesetz noch im Sommer?
Das neue Gesetz soll in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause verabschiedet werden. Obwohl es zahlreiche Forderungen aus der Koalition gab, ist darin noch keine "Verpflichtung" zu einem lokalen Roaming vorgesehen. Eine verbindliche Pflicht, Kunden von Konkurrenten bei Funklöchern notfalls lokal aufs eigene Netz zu lassen und dies später sogar national, solle erst in der großen Novelle des Telekommunikationsgesetzes erfolgen, hieß es dazu in Regierungskreisen. Der entsprechende Referentenentwurf werde im Herbst erwartet.
Auf die Mitnutzung drängt etwa der neue Netzbetreiber Drillisch, der in der jüngsten Auktion der Bundesnetzagentur Frequenzen ersteigert hat und nun erst ein eigenes Netz aufbauen muss. Verschiedene Vertreter der etablierten Mobilfunkanbieter hatte aber schon länger signalisiert, dass auf freiwilliger Basis durchaus die Möglichkeit gäbe, "fremde" Netze mitzunutzen.
Viele Kunden und wohl auch die Politik erwarten, dass die "Mitnutzung fremder Netze" einfach automatisch möglich sein und nichts extra kosten soll. Die Netzbetreiber, die mehr ausbauen, hätten dadurch einen Nachteil. Bisher haben sie ihre oft höheren Preise damit begründet, dass sie einen erhöhten Aufwand beim Bau von Netzen in abgelegenen Regionen haben. Wenn aber Kunden des "schwächsten" Netzes die gleiche Versorgung bekommen, dürfte eine Kundenbewegung stattfinden.
National Roaming nur als Option?
Eine Lösung könnte eine "Roaming"-Option sein, die der Kunde eines "günstigeren" Anbieters ganz bewusst bei seinem Anbieter buchen muss oder ein Aufschlag auf die Minutenpreise (sofern nach Minuten abgerechnet wird). Damit könnte man in "dringenden Fällen" das "andere" Netz nutzen, hätte aber immer noch eine Motiviation, dauerhaft ins "bessere" Netz zu wechseln und unterm Strich zu sparen.
Für den neuen Anbieter wie Drillisch-Netz ist es wichtig, möglichst günstige Preise machen zu können, weil ein Wechsel der Kunden zu Drillisch nur über den Preis möglich wäre. Das Argument "bessere Netzqualität (= bessere Abdeckung)" ist in der Kürze der Zeit gar nicht machbar.
Informierten Kreisen zufolge soll sich die Regierungskoalition bereits auf eine staatliche "Netzausbaugesellschaft" verständigt haben, die den Ausbau von "einsamen Regionen" fördern soll.