5G-Kritiker

Heute im Bundestag: Petition gegen die 5G-Zukunft

Mobil­funk-Kritiker und ängst­liche Zeit­genossen fordern ein Mora­torium für den 5G-Netz­ausbau, bis "neutrale" Experten irgend­wann die Unbe­denk­lich­keit von 5G fest­gestellt haben.
Von

Etwa 700 Teilnehmer nahmen nach Auskunft von Diagnose:funk am Sonntag an der Demonstration vor dem Berlin Kanzleramt teil. Etwa 700 Teilnehmer nahmen nach Auskunft von Diagnose:funk am Sonntag an der Demonstration vor dem Berlin Kanzleramt teil.
Foto: Rolf Zöllner / diagnose:funk
Am gest­rigen Sonntag hatte der Verein diagnose:funk e.V., der sich selbst als "Umwelt- und Verbrau­cher­orga­nisa­tion zum Schutz vor elek­troma­gneti­scher Strah­lung" sieht, zu einer Kund­gebung im Berliner Regie­rungs­viertel aufge­rufen. Dort spra­chen unter anderem der Euro­paab­geord­nete und Physiker Prof. Dr. Klaus Buchner [Link entfernt] (ÖDP), Jörn Gutbier, Vorsit­zender des diagnose:funk-Vereins, ferner Eduard Meßmer (Petent) und Peter Hensinger (Bürger­initia­tive Mobil­funk Stutt­gart, diagnose:funk e.V.)

Hensinger arbeitet bei diagnose:funk seit 10 Jahren die Forschungs­lage auf: "Hunderte Forschungen" belegten nicht nur das Krebs­poten­tial, auch die Schä­digung von Sper­mien und Embryos. Kopf­schmerzen und Schlaf­störungen könnten durch Mobil­funk­strah­lung ausge­löst werden. Neben einem Ausflug in die allge­meine Umwelt­kritik (Massen­tier­haltung, Verbren­nungs­motoren, Pesti­zide etc.) warf Hensinger Politik und Indus­trie vor, die Studi­enlage zu verfäl­schen oder zu verharm­losen.

Mögli­cher­weise, wahr­schein­lich...

Etwa 700 Teilnehmer nahmen nach Auskunft von Diagnose:funk am Sonntag an der Demonstration vor dem Berlin Kanzleramt teil. Etwa 700 Teilnehmer nahmen nach Auskunft von Diagnose:funk am Sonntag an der Demonstration vor dem Berlin Kanzleramt teil.
Foto: Rolf Zöllner / diagnose:funk
Nach Aussagen des Vereins bewerte die Welt­gesund­heits­orga­nisa­tion (WHO) Mobil­funk­strah­lung als "mögli­cher­weise krebs­erre­gend" aufgrund der vielen vorlie­genden "besorg­niser­regenden" Studi­energeb­nisse. Aktuell prüfe die WHO aktuell sogar die Höher­stufung der Gefähr­dungs­klasse in "wahr­schein­lich krebs­erre­gend" oder gar "krebs­erre­gend". Die IPPNW, (Ärzte zur Verhü­tung eines Atom­krieges) solle ein 5G-Mora­torium gefor­dert haben, sagt der Verein.

Man sei stolz, über örtliche Bürger­initia­tiven Masten verhin­dert oder Mobil­funk­vorsor­gekon­zepte durch­gesetzt zu haben. Fast sei Stutt­gart die erste Stadt geworden, die 5G ablehne. Ein Antrag der GRÜNEN dazu habe 26:26 Stimmen ergeben. Neben der Angst vor der "Strah­lung" werde mit 5G in der Indus­trie eine Ratio­nali­sierungs­welle einge­leitet, eine Zukunft, die krank mache, wo nur das unge­zügelte Wirt­schafts­wachstum gelte.

5G "Schuld" an Klima­kata­strophe?

Bei der Gele­genheit wird 5G gleich die Schuld an der Klima­kata­strophe gegeben. Was wohl weniger mit der Strah­lung zu tun hat, sondern eher mit dem höheren Strom­verbrauch (und der Wärme­entwick­lung) von Sende­anlagen und Servern, beispiels­weise Edge-Computer-Servern unmit­telbar in der Nähe der Basis­station, um die Netze "schneller" zu machen.

Dazu kommen noch diffuse Ängste vor künf­tigen Entwick­lungen, die bei 26 GHz, 60 GHz oder auf noch höheren Frequenzen (bis 200 GHz) statt­finden könnten. Die Reich­weite diese Frequenzen ist aber so gering, das man viele (schwache) Sender braucht. Die Kritiker befürchten, dass die Frequenzen schäd­liche Auswir­kung auf Menschen, Tiere und Pflanzen haben könnten.

Neben dem Wider­stand gegen 5G laufe ein weiterer Angriff auf die Gesund­heit: Schulen und Kinder­gärten sollten mit WLAN ausge­stattet werden, doch WLAN ist für die Mobil­funk­kritiker "eine beson­ders aggres­sive Frequenz". Als Alter­native wird ein System der Firma Philips auf Infrarot-Basis vorge­schlagen.

Peti­tion heute im Bundestag

Heute um 12 Uhr wird im Raum 4900 des Bundes­tages über eine Peti­tion gegen 5G (vom 5.12.2018) verhan­delt, die 54.643 Bürgern gezeichnet wurde. Sie fordert eine Verfah­rens­ausset­zung zur Frequenz­vergabe von 5G-Mobil­funk­lizenzen (Vergabe ist längst erfolgt) und "keine Einfüh­rung des 5G-Mobil­funk­stan­dards ohne Unbe­denk­lich­keits­nach­weis", was nach der Natur der Dinge unmög­lich sein dürfte.

Vorsor­geprinzip - "unab­hängige" Experten gesucht

Die "vorlie­gende Fakten­lage" sei der Grund im Bundestag das Vorsor­geprinzip in Sachen 5G-Mobil­funk einzu­fordern. Umwelt­minis­terin Svenja Schulze solle die "Warnungen der Experten endlich ernst nehmen" und beim Aufbau von 5G-Mobil­funk ein Mora­torium verfügen, bis eine Tech­nikfol­genab­schät­zung durch "unab­hängige Experten" zur Mobil­funk­strah­lung vorliegt.

Nun bleibt das Problem, dass es da draußen kaum Experten geben dürfte, die wirk­lich "neutral" sind. Sobald ein Experte aus den Reihen der Netz­werk­ausrüster oder Netz­betreiber stammt, ist er für die Gegen­seite (die Mobil­funk­gegner) schon "vorbe­lastet", denn Ausrüster möchten schließ­lich ihre Anlagen verkaufen und Netz­betreiber leben von Kunden, die ihre Netze nutzen (und dafür zahlen). Die Mobil­funk­gegner möchten gerne "Recht bekommen", werden also gegen­teilige Meinungen sicher­lich grund­sätz­lich erst einmal nicht akzep­tieren.

Studien: Es muss weiter geforscht werden

Viele Studien fordern schlicht, dass weiter geforscht werden müsse, weil noch Fragen offen seien. Auch diese Forde­rungen sind "vorbe­lastet", weil die Forschungs­insti­tute von solche Studien "leben". Sie haben also wenig Inter­esse daran, irgend­wann zu einem klaren Ergebnis und damit dem Ende aller Forschungen und Förde­rungen in diesem Bereich zu kommen.

Ein Cock­tail aus Forde­rungen

Eine Forde­rung nach einem Einheits­netz, das alle inter­essierten Nutzer versorgen soll, wobei nach Indoor- und Outdoor-Versor­gung unter­schieden werden soll, klingt popu­listisch, bedeutet aber ein Monopol mit (wahr­schein­lich) stei­genden Preisen, was kaum jemand will. Die Tren­nung in Versor­gung nach Indoor (Recht auf Nicht­versor­gung) und Outdoor kommt mit den einfachsten Grund­regeln der Physik in Kolli­sion. Dass ein Handy mit mehr Leis­tung senden muss, wenn es die Gegen­station sonst nicht errei­chen kann, und damit den Menschen stärker belastet, ist ein Punkt, der von den Kriti­kern liebend gerne über­sehen wird.

Ängste vor der indus­triellen Entwick­lung hat es in der Geschichte immer gegeben. Man denke an die Proteste der Weber gegen mecha­nische Webstühle. Wie das Klima steht auch die Gesell­schaft vor perma­nenten Verän­derungen. Und dafür müssen Lösungen gefunden werden. Es wird weiter Kritik und Proteste geben. Ein "Mora­torium", bis sich irgend­eine ideale Erkenntnis "durch­setzen" kann, wird bestimmt nicht helfen.

Wie glaub­würdig sind die Kritiker?

Übri­gens: Beson­ders "glaub­würdig" macht sich der Verein aller­dings, wenn er als Kontakt für Rück­fragen ausschließ­lich eine Handy­rufnummer angibt.

Mehr zum Thema Deutscher Bundestag