Themenspezial: Verbraucher & Service Urteil

mobilcom-debitel: Nicht telefonieren darf nichts kosten

Trotz monatlicher Grundgebühr hatte mobilcom-debitel vor einigen Jahren eine zusätzliche Strafgebühr verlangt, wenn der Kunde den Tarif nicht nutzt. Das war nicht rechtens - nun muss der Provider 419 000 Euro Gewinn an die Staatskasse abführen.
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mobilcom-debitel muss unrechtmäßig erwirtschaftete Gewinne abgeben mobilcom-debitel muss unrechtmäßig erwirtschaftete Gewinne abgeben
Bild: mobilcom-debitel
Mobilfunktarife mit für den Kunden überraschenden Zusatzgebühren haben über Jahre die Fachwelt beschäftigt - und die Kunden haben sich darüber zurecht geärgert. Derartige Tarife sind mittlerweile fast komplett vom Markt verschwunden - und doch müssen sich die Gerichte noch mit Alt-Fällen beschäftigen.

Denn wenn ein Provider mit unrechtmäßigen AGB-Klauseln satte Gewinne erwirtschaftet hat, gibt es eigentlich keinen triftigen Grund, dass er diese Gewinne behalten darf. Im Juni hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht ein Urteil gegen mobilcom-debitel gefällt, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist.

Nichtnutzungsgebühr fiel zusätzlich zur Grundgebühr an

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Bild: mobilcom-debitel
In dem Verfahren ging es um die rund um das Jahr 2010 vertriebenen Vario-50-Tarife im Telekom-Netz von mobilcom-debitel, über die teltarif.de seinerzeit berichtet hatte. Geklagt hat der vzbv.

In den AGB der Vario-Tarife befand sich eine Klausel, nach denen der Kunde eine Strafgebühr von 4,95 Euro monatlich bezahlen musste, wenn er über drei Monate hinweg das Handy im gebuchten Tarif weder für einen Anruf noch für eine SMS genutzt hatte. Diese Nichtnutzungsgebühr fiel zusätzlich zum monatlichen Paketpreis an. Der Vario 50 im Telekom-Netz kostete damals ohnehin schon 14,95 Euro monatlich und zusammen mit der Nichtnutzungsgebühr dann 19,90 Euro, ohne dass der Kunde dafür eine Gegenleistung erhalten hätte.

Der vzbv hatte mobilcom-debitel in der Sache bereits im Mai 2011 abgemahnt und auf die Rechtswidrigkeit der Gebühr hingewiesen. mobilcom-debitel hatte die Gebühr trotzdem noch 13 Monate weiter kassiert, bis es rechtskräftig zur Unterlassung verurteilt wurde. In dieser Zeit hatte der Provider nach Abzug von Steuern satte 419 000 Euro mit der Gebühr eingenommen.

Streit um die Höhe der Gewinnabschöpfung

Der vzbv hatte mobilcom-debitel in einem mehrstufigen Gewinnabschöpfungsverfahren auf Herausgabe des Gewinns verklagt und vor dem Landgericht Kiel gewonnen. Das Unternehmen erkannte aber nur rund 148 000 Euro an und ging wegen des Restbetrags in Berufung. Ungefähr zur selben Zeit musste das LG Kiel auch über ein unzulässiges SIM-Karten-Pfand der freenet-Marke Talkline entscheiden.

mobilcom-debitel hatte im Verlauf des Verfahrens behauptet, ohne die Nichtnutzungsgebühr wäre im Tarif eine Kostenunterdeckung entstanden. Denn wenn das Unternehmen gewusst hätte, dass die Gebühr unzulässig ist, hätte es den Tarif anders kalkuliert und die Unterdeckung zum Beispiel durch eine höhere Grundgebühr vermieden. Das Berufungsgericht schloss sich allerdings der Auffassung des vzbv an, dass solche mit einem fiktiven Verhalten begründete Kosten den abschöpfbaren Gewinn nicht schmälern. Anzurechnen seien nur tatsächliche Kosten, die auf das wettbewerbswidrige Verhalten entfallen. Deshalb waren lediglich die gezahlten Steuern vom Gewinn abzuziehen.

vzbv in einem Punkt nicht zufrieden

Der vzbv ist zwar damit zufrieden, dass mobilcom-debitel laut dem Urteil die unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinne wieder abgeben muss. Wenn Unternehmen Profit aus Verbraucherrechtsverstößen ziehen, sollten aus Sicht des Verbandes aber vorrangig auch Verbraucher das Geld erstattet bekommen, das sie ohne Rechtsgrund bezahlt haben.

Die EU plant momentan, in solchen Fällen zukünftig ein Verbandsklagerecht auf Schadenskompensation einzuführen. Die Kompensation soll dann zuallererst den geschädigten Verbrauchern zugutekommen und nicht einfach in die Staatskasse fließen. Wenn dies nicht möglich ist, soll das Geld für Verbraucherschutzzwecke verwendet werden. Der deutsche vzbv unterstützt diesen Vorschlag der EU.

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