ma Audio 2019/II

ma Audio 2019/II: DAB+-Phantom-Hörer sorgen für Rätsel

Die Media Analyse Audio attes­tiert Programmen Reich­weite über DAB+, obwohl sie gar nicht über diesen digi­talen Verbrei­tungsweg senden. Ein Erklä­rungs­versuch.
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Wird mit Digitalradios oft noch UKW gehört? Wird mit Digitalradios oft noch UKW gehört?
Foto: Michael Fuhr
Gestern wurde die Media Analyse Audio (ma Audio 2019/II) veröf­fent­licht. Erst­mals flossen die Ergeb­nisse der DAB+-Reich­weiten­studie in die Gesamt­auswer­tung ein, was vor allem reinen Digi­talsen­dern zugu­tekommt. Endlich können sie der Werbe­wirt­schaft zuver­lässige Zahlen zum Verbrei­tungsweg DAB+ liefern. Doch sind diese Zahlen wirk­lich so zuver­lässig? Ein näherer Blick in die Auswer­tung lässt Zweifel zu. So gene­rieren Sender wie Antenne Nieder­sachsen, Radio 21 oder der Mantel­programm­anbieter radio NRW einen Teil ihrer Reich­weite über das digital-terres­trische Radio DAB+. Aller­dings: Sie senden gar nicht über diesen Verbrei­tungsweg.

Hören viele Digi­talradio-Besitzer noch über UKW?

Wird mit Digitalradios oft noch UKW gehört? Wird mit Digitalradios oft noch UKW gehört?
Foto: Michael Fuhr
Für die DAB+-Reich­weiten­studie, die jetzt in die Gesamt­auswer­tung inte­griert wurde, befragten die Reich­weiten­forscher ausschließ­lich Personen, die bereits ein Digi­talradio besitzen. Hier liegt der Verdacht nahe, dass viele Hörer zwar denken, sie würden ihr Lieb­lings­programm digital über DAB+ hören. In Wirk­lich­keit nutzen sie aber das analoge UKW-Band. Jedes DAB+-Digi­talradio hat auch einen UKW-Teil einge­baut. Auch der Autor dieses Textes hat bereits Erfah­rungen gemacht, wonach Neube­sitzer digi­taler Geräte aus alter Gewohn­heit die FM-Taste und die bekannte Frequenz suchen. Oft ist ihnen dabei gar nicht der Unter­schied bewusst. Sie denken, sie würden das Programm jetzt über DAB+ hören, weil sie ja nun ein Digi­talradio besitzen. Dabei gab es vor allem bei Multi­funk­tions­geräten mit Blue­tooth und CD-Player Aussagen wie "FM ist doch das Radio".

Dann gibt es auch Personen, die der Meinung sind, sie besäßen ein Digi­talradio, weil es UKW mit RDS-Anzeige bietet. Eine dritte Gruppe nutzt anstelle von DAB+ den Verbrei­tungsweg Internet und kann nicht zwischen beiden Wegen unter­scheiden.

ag.ma muss Abfra­geme­thoden über­arbeiten

Neben mehr Aufklä­rungs­arbeit sollte jedoch auch die ag.ma, also die Orga­nisa­tion, die für die Ermitt­lung der Reich­weiten verant­wort­lich ist, ihre Abfra­geme­thoden über­arbeiten und bei der Nennung von Sendern prüfen, ob das Programm über­haupt auf DAB+ verbreitet wird.

Auch die Gerä­tein­dustrie ist bei der Entwick­lung gefragt: Sie sollte UKW und DAB+ in einer gemein­samen Sender­liste zusam­menfassen. Wird ein Programm neben UKW auch auf DAB+ verbreitet, sollte auto­matisch dieser Weg gewählt werden. Umge­kehrt sollte bei zu schwa­chem DAB+-Empfang UKW gewählt werden, wenn das Signal dort besser ankommt. Dieses soge­nannte "Service Follo­wing" gibt es bisher nur bei Auto­radios.

Nichts­desto­trotz konnten reine Digi­talsender in der MA stark zulegen, was allge­mein beweist, dass der Verbrei­tungsweg DAB+ zuneh­mend genutzt wird - aller­dings in Rela­tion zum nach wie vor über­mäch­tigen UKW mit 7 Prozent immer noch eher selten.

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