81,4 Prozent der LTE-Smartphones im falschen Tarif
Opensignal hat 3 Gründe ermittelt, warum die Deutschen in 3G-Technik versauern
Grafik: Opensignal
Regelmäßig untersucht das Netztechnikforschungsunternehmen Opensignal den Datenbestand seiner „Opensignal“-App, die Nutzer sich kostenlos auf ihr Smartphone installieren können.
Diesmal ging es um die Frage, wie viele Leute in Deutschland ein LTE-fähiges Gerät haben, sich aber „nur“ über 2G oder 3G mit dem Netz verbinden und warum.
81,4 Prozent der LTE-Smartphones haben falschen Tarif
Aus dem gesammelten Datenmaterial hat Opensignal ermittelt, dass 81,4 Prozent der Smartphone-Nutzer sich trotz Verwendung eines LTE-fähigen Geräts nur mit dem 3G-Netz verbinden. Konkreter: Von 107,5 Millionen aktivierten SIM-Karten in Deutschland haben nur 50,5 Millionen Kunden LTE/4G-Dienste freigeschaltet, sodass man davon ausgehen kann, das ein Großteil der deutschen Nutzer in naher Zukunft kein Upgrade in ein schnelleres Netz plant.
Opensignal hat 3 Gründe ermittelt, warum die Deutschen in 3G-Technik versauern
Grafik: Opensignal
3 Prozent im LTE-Funkloch
Die Analyse von Opensignal kam zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Nutzer, die noch nie auf 4G-Netze zugegriffen haben, überwiegend in Gebieten mit guter 4G-Abdeckung leben. Lediglich 3 Prozent aller Nutzer leben in Gebieten, in denen ohnehin kein LTE-Netz empfangen werden kann. Daraus schließt Opensignal, dass sie entweder über keinen 4G-fähigen Tarif verfügen oder die LTE-Funktion (un)bewusst deaktiviert haben.
LTE(4G)-Nutzer waren zu 90 Prozent ihrer Onlinezeit entweder mit 4G oder 3G verbunden, während Smartphone-Nutzer ohne LTE-Freischaltung weniger als 50 Prozent ihrer Zeit auf 3G-Netze zugreifen konnten.
Schlechtes Netz mit veralteten Geräten
Die Analyse von Opensignal zeigt, dass diejenigen Kunden, die ihren Tarif oder ihr Gerät nicht aktualisiert haben, unter der schlechten Netzversorgung leiden.
„Ein Jahrzehnt nach der Einführung der LTE-4G-Technologie erleben wir nun den Aufstieg kommerzieller 5G-Netze in Europa, wobei Deutschland, die Schweiz, Italien und Großbritannien mit der neuen Technologie führend sind. Aber während einige Netzbetreiber vielleicht schnell in die Zukunft von 5G einsteigen, kommen die Verbraucher noch gar nicht mit“, beschreibt Opensignal die Lage.
Opensignal findet, dass es die Betreiber schwer haben werden, bestehende 3G-Netze abzuschalten, um effizientere neuere Technologien (wie 4G oder 5G) einzusetzen und so „das mobile Erlebnis der Nutzer“ zu verbessern. Oder klarer ausgedrückt: Eine Abschaltung von 3G würde bestimmte Kundengruppen quasi „offline“ schalten, weil Surfen mit 2G (GSM/EDGE/GPRS) oft nicht mehr richtig funktioniert.
Reine 3G Nutzer kommen seltener ins 3G Netz als 4G-fähige-Nutzer im 4G Netz sein können.
Grafik: Opensignal
15,6 Prozent ohne LTE-Gerät
15,6 Prozent der analysierten Nutzer, die keine Verbindung zu 4G-Netzwerken hergestellt haben, verbrachten ihre Zeit in 4G-versorgten Gebieten, hatten aber schlicht kein 4G-fähiges Gerät. Sie verwenden ein älteres 3G-Smartphone, das nicht in der Lage ist, sich mit 4G zu verbinden.
3 Prozent der Nutzer verbrachten nur Zeit in Gebieten, in denen Opensignal nie ein 4G-Signal des gewählten Mobilfunkbetreibers gesehen hat. Daraus schließen die Marktforscher, dass die Kunden wahrscheinlich in abgelegenen Gebieten lebten, in denen ihr Betreiber noch keine 4G-Technologie anbietet. Der geringe Prozentsatz zeige aber, dass 4G-Abdeckungsprobleme nicht der Hauptgrund für die große Zahl der „Nur-3G“-Nutzer in Deutschland sind.
"Die überwiegende Mehrheit unserer Benutzer, die sich nicht mit 4G verbunden haben, hat sich möglicherweise gegen einen 4G-Tarif entschieden", vermutet Opensignal.
Tarife ohne LTE
In der Tat: Gerade im Discount-Sektor gibt es noch einige Anbieter, die LTE entweder gar nicht oder nur gegen Aufpreis auf Antrag freischalten. Viele Kunden wissen vermutlich gar nicht, was 4G ist oder welche Bedeutung es hat. Glücklicherweise haben die Anbieter in den Netzen von Telekom oder Vodafone damit begonnen, LTE entweder generell oder wenigstens als Option freizugeben. Einzig der Netzbetreiber o2 bietet allen seinen Kunden (einschließlich Service-Provider und Discounter) durchgehend 4G/LTE und sogar die Funktionen VoLTE (Sprache über LTE) und WiFi-Calling an.
Schickt ein Ausstieg aus 3G zu viele Kunden ins Abseits?
Opensignal stellt sich die richtige Frage: Können in einem Markt, in dem sich die Mobilfunkbetreiber jetzt auf 5G konzentrieren und aktiv über das Abschalten von 3G-Netzen nachdenken, reine 2G/3G-Kunden noch „überleben“? Andersherum formuliert: Sind Kunden, die 4G nicht gebucht haben, stark beeinträchtigt?
Smartphone-Nutzer, die sich nicht mit 4G verbunden haben, weil sie keinen 4G-Tarif hatten, erreichten eine Download-Geschwindigkeit von 8,6 MBit/s, was 16,6 MBit/s niedriger war als die Geschwindigkeiten, die 4G-Nutzer im Durchschnitt erlebt haben.
Opensignal-Nutzer ohne 4G-Funktion hatten nicht nur ein langsameres Download-Geschwindigkeitserlebnis, sondern sie verbrachten die Hälfte ihrer Zeit damit, nicht mit mobilen Datennetzen (3G/4G) verbunden zu sein, entweder weil sie mit 2G-Netzen verbunden waren - was bedeutet, dass sie realistischerweise keine mobilen Datendienste nutzen konnten - oder weil sie überhaupt kein Mobilfunksignal empfangen konnten.
3G überwiegend im 2,1-GHz-Band
Die deutschen Mobilfunkbetreiber verlassen sich hauptsächlich auf das 2100-MHz-Band, um ältere 3G-Dienste anzubieten. Während dieses Frequenzband bis zu zweistellige Geschwindigkeiten ermöglicht - Opensignal hat im Durchschnitt etwa 9 MBit/s gemessen, bietet das 2100-MHz-Band eine schlechtere Signalausbreitung als die Frequenzen unterhalb von 1 GHz, wie beispielsweise das 800-MHz-Band, das eines der in Deutschland für LTE verwendeten Bänder ist.
Kunden sollten sich über 4G informieren
Spätestens aus dem Bericht von Opensignal wird klar, dass Smartphone Nutzer sich unbedingt Klarheit verschaffen müssen, ob ihr verwendetes Smartphone schon LTE-fähig ist. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der gebuchte Tarif von Haus aus LTE unterstützt oder ob der Anbieter einen Umstieg auf einen LTE-fähigen Tarif anbietet.
Wer sich weiter LTE verweigert, sei es durch einen falschen Tarif oder ein technisch veraltetes Handy, wird in Zukunft immer schlechteres Netz vorfinden und den Anschluss an das mobile Internet verlieren.
Was machen Nur-Sprach-Telefonierer?
Opensignal stellt sich auch die Frage, ob vieler dieser Nicht-4G-Nutzer vielleicht gar kein Interesse an der Nutzung mobiler Datendienste haben und eher an Sprache und nicht an Daten interessiert ist. Auch hier wäre ein Upgrade auf LTE zu empfehlen, dann muss es aber ein Smartphone sein, das im gebuchten Netz die Option VoLTE beherrscht und ein Tarif, wo VoLTE auch technisch nutzbar ist. Das ist nicht in allen Tarifen der Fall. Im Netz der Telekom gibt es bereits Service-Provider wie mobilcom-debitel, die in Aktionstarifen für bezahlbares Geld VoLTE anbieten. Angebote im Netz von Vodafone dürften sicher noch folgen.
Die Netzabdeckung der drei Netze können Sie auf speziellen Netzabdeckungskarten vergleichen.