Mobilfunk

LTE auf 900 MHz: Dürfen die Mobil­funker GSM einfach abschalten?

Was müssen Netzbetreiber beachten, wenn sie GSM ab- und LTE aufschalten wollen? Wir haben bei der Bundesnetzagentur nachgefragt.
Von Thorsten Neuhetzki

LTE statt GSM? Die Anbieter müssen eine Änderung zumindest anmelden. LTE statt GSM? Die Anbieter müssen eine Änderung zumindest anmelden.
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Frequenzen um 900 MHz wurden lange Jahre ausschließlich für GSM-Mobilfunknetze verwendet. Alle Netzbetreiber hatten in diesem Bereich ein Frequenzspektrum für ihr Basis-Mobilfunknetz in Nutzung. Ende vergangenen Jahres waren die Lizenzen dafür ausgelaufen - doch alle drei verbleibenden Netzbetreiber haben wieder in 900-MHz-Lizenzen investiert. Allerdings müssen sie jetzt rein regulatorisch kein GSM mehr einsetzen, sondern können auch andere Technologien wie LTE nutzen. Doch geht das "einfach so"? Wir haben bei der Bundesnetzagentur nachgefragt.

"Die Frequenznutzung im 900-MHz-Band ist spätestens seit der Vergabe 2015 flexibilisiert", teilte uns ein Sprecher der Aufsichtsbehörde mit. Dabei greifen die neuen Lizenzen rein rechtlich erst seit Anfang dieses Jahres. Im 900-MHz-Bereich hat die Telekom ein Spektrum von 2 x 15 MHz (gepaart), Vodafone und Telefónica jeweils 2 x 10 MHz (gepaart). Die Telekom hat damit etwas mehr Spielraum und könnte deutlich mehr Bandbreite für LTE bereitstellen und gleichzeitig noch GSM für die wenigen verbleibenden reinen GSM-Handys anbieten.

"Welche Technik eingesetzt wird, beruht auf der unternehmerischen Entscheidung der Netzbetreiber und richtet sich unter anderem nach der Nachfrage im Markt", so der Sprecher der Aufsichtsbehörde. Das heißt allerdings nicht, dass ein Mobilfunkanbieter einfach LTE statt GSM in Betrieb nehmen darf.

Trotz Lizenz ist eine Standortbescheinigung notwendig

LTE statt GSM? Die Anbieter müssen eine Änderung zumindest anmelden. LTE statt GSM? Die Anbieter müssen eine Änderung zumindest anmelden.
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
"Die Frequenzen dürfen auf der Grundlage der Zuteilung erst dann tatsächlich genutzt werden, wenn die Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen gegeben ist und eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung durch den Antragsteller sichergestellt ist", heißt es von der BNetzA aus Bonn. "Im Zuge der Netzauf- und -ausbauplanung muss daher von den Netzbetreibern bzw. Frequenzzuteilungsinhabern vor jeder konkreten Nutzung die Festsetzung der standortbezogenen Frequenznutzungsparameter beantragt werden. Die Festsetzung dieser Parameter ist Bestandteil der Frequenzzuteilung." Festgehalten werden diese in den Standortbescheinigungen, die jeder Netzbetreiber für jeden einzelnen Mobilfunkstandort benötigt.

Eine komplette Abschaltung von GSM wird es so schnell in Deutschland nicht geben. Gerade erst hat beispielsweise Telekom-Deutschland-Chef Niek Jan von Damme im Exkusiv-Interview mit teltarif.de bekräftigt, dass man eher UMTS als GSM abschalten würde. Allerdings werden derzeit deutschlandweit die Frequenzen neu koordiniert, da durch die neuen Lizenzen auch neue Frequenzen zugeteilt wurden. Diese Neukoordinierung wird offenbar genutzt, um neben den GSM-Frequenzen auch LTE-Bereiche um 900 MHz zu schaffen.

Telekom und Vodafone mit ersten LTE-900-Experimenten

Von der Telekom war in dieser Woche bekannt geworden, dass sie erste Standortbescheinigungen für LTE 900 vorliegen hat. Diese Standorte würden derzeit aber nicht für ein kommerzielles Netz genutzt, teilte uns ein Telekom-Sprecher auf Nachfrage mit. Nach Informationen von teltarif.de ist es aber nicht auszuschließen, dass die Telekom an diesen Standorten mit Narrowband-IoT experimentiert. Hier wird das LTE-Netz nicht für Handys, sondern für Sensoren optimiert, die mit einer Batterieladung mehrere Jahre auskommen sollen und nur geringe Datenmengen übertragen.

Nach Informationen unserer Redaktion findet auch bei Vodafone ein erster Narrowband-IoT Test in der Praxis statt. Am Berliner Hauptbahnhof soll dafür bereits eine erste Station mit LTE900 genutzt werden.

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