LoRaWAN: Stadtweite Funknetze für private Vernetzung
LoRaWAN: Kostengünstige Vernetzung von Geräten und Sensoren über freie Frequenzen
Bild: LoRa Alliance
Zahlreiche Haus- und Wohnungsbesitzer vernetzen mittlerweile Heizungs- und Lichtsteuerung, Tür- und Fensterkontakte, Überwachungskameras oder andere Geräte und Sensoren zuhause. Als Basis hierfür dient in der Regel das private WLAN oder eines der drei deutschen Mobilfunknetze. Doch nicht jeder will für ein Produkt wie eine LTE-Überwachungskamera oder eine Türsprechanlage mit LTE gleich einen separaten Mobilfunktarif buchen.
Einige Städte setzen nun auf selbst aufgebaute Netze zur Datenübertragung. Als Basis dienen keine klassischen Mobilfunknetze, sondern lokale Funknetze auf der Basis von freien Frequenzen. Der Standard nennt sich LoRaWAN, Long Range Wide Area Network. Erste Städte in Deutschland sind bereits gestartet - und die Funknetze sollen sogar für Privatkunden zugänglich sein.
LoRaWAN: Kostengünstige Vernetzung von Geräten und Sensoren über freie Frequenzen
Bild: LoRa Alliance
Technische Parameter eines LoRaWAN
Ein besonderes Interesse an einem LoRaWAN-Netz haben natürlich Städte, Gemeinden, Energieversorger und andere kommunale Behörden und Eigenbetriebe. Doch ein LoRaWAN-Netz ist so ausgelegt, dass es ohne größeren Aufwand auch von Privatpersonen genutzt werden kann, beispielsweise nicht nur für die eingangs genannten Heimvernetzungs-Szenarien, sondern perspektivisch auch für mobile Sensoren, beispielsweise an Fahrzeugen, Wearables oder Hundehalsbändern.
Der technische Standard wird seit einigen Jahren entwickelt und von der LoRa Alliance zertifiziert. Obwohl die Spezifikation frei verfügbar ist, nutzt LoRaWAN ein proprietäres und patentiertes Übertragungsverfahren. LoRaWAN funkt in Europa auf lizenzfreien Frequenzbänder für industrielle, wissenschaftliche und medizinische Anwendungen im Bereich 433 MHz und 868 MHz.
Die sternförmig aufgebauten LoRaWAN-Netze erlauben je nach Topografie eine Reichweite von 5 Kilometern in Städten bis 15 Kilometern auf dem freien Land. Die Datenrate liegt je nach Netzsituation zwischen 300 Bit/s und 50 kBit/s. Damit ist klar: Ein LoRaWAN dient überwiegend zur Übertragung von Sensor- und Maschinendaten, aber keineswegs für breitbandige Anwendungen wie Video-Streaming. Die Datenübertragung in einem LoRaWAN ist verschlüsselt.
Der geringe Energieverbrauch bei der Signalisierung hat zur Folge, dass batteriebetriebene Geräte in einem LoRaWAN in der Regel zwei bis fünfzehn Jahre durchhalten.
Hier gibt es bereits nutzbare LoRaWAN
An der LoRaWAN-Technik haben insbesondere Netzbetreiber für Telekommunikation und Energie Interesse. Es gibt aber auch freie Initiativen wie The Things Network, die zur Installation und zum Betrieb von LoRaWAN-Gateways ermutigen.
Die dortigen großen Telekommunikations-Netzbetreiber haben in den Niederlanden, der Schweiz und Südkorea inzwischen fast landesweit flächendeckende LoRaWAN-Netze aufgebaut. Eine Berliner Community betreibt in der Hauptstadt mittlerweile über 80 Gateways. Unitymedia hat bekannt gegeben, gemeinsam mit dem Internet-Service-Provider und Richtfunk-Anbieter Webdiscount in Münster ein LoRaWAN aufbauen zu wollen.
Darüber hinaus gibt es mindestens zwei Stadtnetzbetreiber, die ihre Stadt so gut wie flächendeckend mit einem LoRaWAN abdecken: Freiburg ist mittlerweile komplett abgedeckt. Der nächste Schritt soll hier sein, dass das Netz für private Communitys geöffnet wird, erste Initiativen gibt es bereits. Die zweite Stadt mit einem kompletten LoRaWAN ist Darmstadt.
Beispiel Darmstadt: So erfolgt die Umsetzung
In Darmstadt wurde das LoRaWAN von der Entega [Link entfernt] aufgebaut, insgesamt gibt es rund 25 Basisstationen. Die Digitalstadt Darmstadt [Link entfernt] arbeitet bei der technischen Realisierung des Netzes mit dem schweizerischen Software-Anbieter Loriot.io zusammen. Betrieben wird das Darmstädter LoRaWAN von der Entega gemeinsam mit dem Energiemarktdienstleister Count & Care, einer eigenen Tochter.
Auch in Darmstadt ist also zu beobachten, dass die ursprüngliche Initiative für das Netz aus den Bereichen Abfallwirtschaft und Energieversorgung kam. In einer Straße beleuchten bereits 40 mit Sensoren ausgerüstete Lampen den Weg für Fußgänger. Öffentliche Mülleimer mit Sensoren melden, wann sie voll sind und geleert werden sollten. In einem nächsten Schritt könnten Unternehmen oder die Landwirtschaft das Netz nutzen - und ähnlich wie in Freiburg bald auch private Communities.
teltarif.de hat beim Netzbetreiber Entega um weitere Informationen zum Projekt gebeten. Auf die Frage, wie hoch die tatsächliche Geschwindigkeit sei, mit der Geräte und Sensoren im Netz unterwegs sind, schreibt ein Sprecher des Netzbetreibers: "Die Geschwindigkeit bei LoRaWAN ist in einem gewissen Rahmen flexibel einstellbar über den sogenannten Spreiz-Faktor (trade-off zwischen Reichweite und Datenrate). Je höher der Spreizfaktor SF, desto höher die Reichweite und kleiner die Bitrate. Die Leistung bei einem SF7 beträgt z.B. 5469 Bit/s, bei maximalem SF12 293 Bit/s." Zur Frage nach der Absicherung des Netzes hieß es: "Die Datenübertragung erfolgt Ende-zu-Ende-verschlüsselt mit AES-128 Standard."
Die 25 Basisstationen in Darmstadt seien über unterschiedliche Technologien ans Internet angebunden, zum Beispiel über die Netzbetreiber-eigene Glasfaserinfrastruktur oder auch per Mobilfunk. Außer der Fernauslesung von Füllständen aus Abfallbehältern sei es geplant, dass weitere städtische/behördliche Dienste das LoRaWAN verwenden. Diverse Anwendungen seien in Umsetzung und Entwicklung, insbesondere Statusmeldungen aus städtischer Infrastruktur, Fernauslesung von Zählern, und Ortungsdienste (Geolocation).
Private Nutzung des LoRaWAN in Darmstadt geplant
Auf die Frage, ob Privatleute das LoRaWAN in Darmstadt grundsätzlich kostenfrei nutzen können werden heißt es seitens der Entega: "Nein. Die Nutzungsgebühren für das Netz betragen allerdings nur geringe Beträge, verglichen z.B. mit einem Mobilfunkvertrag. Auch hier ist z.B. zu berücksichtigen, in welcher Form die Daten genutzt werden (App usw.)."
Wir wollten wissen, ob für Privatkunden eine Anmeldung notwendig sein wird oder es ausreicht, einfach ein kompatibles Gerät zu erwerben und sich damit mit dem Netz zu verbinden. Die Antwort: "Eine Registrierung der Devices im Entega-Netz ist grundsätzlich notwendig, um die Daten auch zur Verfügung stellen zu können. Entscheidend ist hierbei auch, in welcher Form der Nutzer die Daten braucht (per App, auf einem Dashboard, als Mail/SMS Notification o.ä.). Entsprechende Angebote werden derzeit geprüft."
Um konkrete Geräte müssen sich interessierte LoRaWAN-Nutzer momentan allerdings noch selbst bemühen. Die Entega sagt dazu: "Am Markt sind eine Vielzahl von Geräten von unterschiedlichsten Herstellern erhältlich, und von Privatpersonen über spezialisierte Plattformen/Shops erhältlich. Viele Hersteller sitzen im europäischen Ausland, da es z.B. in Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden schon flächendeckende Netze gibt. Auch deutsche Hersteller bieten Geräte an (z.B. Bosch Parksensor). Entega bietet bereits gewerbliche Lösungen an, auch Privatkundenangebote werden geprüft." Die LoRa Alliance betreibt ein Verzeichnis zertifizierter Produkte [Link entfernt] , dort ist beispielsweise auch eine vernetzte Mausefalle zu finden.
teltarif.de wird die Weiterentwicklung des LoRaWAN in Darmstadt weiter beobachten und sich - falls möglich - Netzkomponenten und konkrete Anwendungen zeigen lassen.