Test

LG G6 im Test: Flottes System & Dual-Cam mit Abstrichen

Nachdem das Modul-Konzept des LG G5 nicht fruchtete, versucht sich das LG G6 wieder an bewährten Konzepten. Trotzdem ist manches neu wie das 18:9-FullVision-Display. Ein Flaggschiff-Smartphone mit Eigenheiten im Test.
Von Stefan Kirchner

Kamera

LG G6

Schon im G5 setzte LG als einer der ersten Smartphone-Hersteller auf eine Dual-Kamera. Mit dem LG G6 hat das Unternehmen die Technik weiter verfeinert, verändert aber die Auflösungen der beiden Sensoren. Hatte das G5 noch eine Dual-Kamera mit 16 Megapixel und 8 Megapixel Weitwinkel, so haben nun beide Kameras gleichermaßen 13 Megapixel. Zum Einsatz kommt dabei der Sony IMX258 Sensor mit 1,12 Mikrometer großen Pixel. Hier hören aber auch schon die Gemeinsamkeiten wieder auf. Die Hauptkamera verfügt über einen Autofokus mittels Phasenerkennung, eine f/1.8 Blende, ein Objektiv mit 71 Grad Aufnahmewinkel und einen optischen Bildstabilisator. Im Gegensatz dazu kommt bei der zweiten 13 Megapixel Kamera eine Blende mit f/2.4 zum Einsatz, ein fester Fokus ohne optischen Bildstabilisator und ein Weitwinkelobjektiv mit 125 Grad Sichtfeld. Kleine Randnotiz: Im LG G5 kam noch ein Weitwinkelobjektiv mit 135 Grad zum Einsatz. LG G6 Test Eine Linse für normale und eine Linse für Weitwinkel-Fotos
Foto: teltarif.de
Qualitativ hebt sich das G6 leicht von seinem Vorgänger ab. Zwar ist die Auflösung nominell gegenüber dem Vorgänger gesunken, dafür ist die Bildschärfe sowie Details besser ausgeprägt. Bei manchen Motiven greift die Kamera-Software von LG jedoch zu stark in das Bild ein, was zu einer Überschärfung an Details führt. Dies fällt aber eben auch nur dann auf, wenn man vergleichbare Smartphone-Fotos direkt daneben hält. Auf der anderen Seite gereicht das aber auch wieder zum Vorteil, wenn man sich seine Urlaubsfotos an einem hochauflösenden Monitor anschaut. Fotos des LG G6 sehen einfach scharf aus und das im sprichwörtlichen Sinn, insbesondere wenn sie vergrößert werden. Details bleiben verhältnismäßig lange sichtbar, während mancher Konkurrent bereits zur Unschärfe neigt. LG G6 Test Einfache Kamera-App mit allen wichtigen Funktionen und Profi-Modus
Screenshots: teltarif.de
Auch das Rauschverhalten ist anders. Tendenziell neigt das LG G6 zu einem größeren Bildrauschen, was allerdings durch feinere Details wieder wettgemacht wird. Insbesondere bei Nachtaufnahmen ist der Unterschied zu sehen, respektive das Fehlen eines optischen Bildsensors beim Wechsel zwischen den beiden Kameras. Dann werden insbesondere dunkle Bildbereiche oder gleichmäßig eingefärbte Bereiche schnell zu einem auffälligen Pixelmatsch. Am besten sieht man das Verhalten, wenn man ein Foto eines Baums mit vielen kleineren Zweigen macht. Selbiges ist auch an der roten Rosenblüte unserer Testfotos zu sehen. In solchen Situationen macht sich die kleine Pixelgröße von 1,12 Mikrometer in Kombination mit der ziemlich kleinen Blende von f/2.4 negativ bemerkbar. Die Weitwinkelkamera des LG G6 kann einfach nicht so viel Licht einfangen.

Damit Sie sich selbst einen Eindruck von den Testfotos machen können, stellen wir diese unbearbeitet und in Originalgröße zur Verfügung:

Bei der Frontkamera hat LG einen Rückschritt von 8 Megapixel im LG G5 hin zu 5 Megapixel vollzogen. Auch hier zeigt sich wieder, dass die niedrigere Auflösung nicht zwangsläufig zu schlechteren Ergebnissen führt. Fotos haben keinen milchigen Schleier mehr, bieten kräftigere Farben und eine angenehme Schärfe. Gruppenselfies sind mit der Weitwinkelfunktion von 100 Grad auch kein großes Problem. Standardmäßig wird mit 82 Grad Blickwinkel aufgenommen. Selfies in Dunkelheit hingegen sollte man vermeiden, da die Kamera-Software des LG G6 keinen Selfie-Blitz unterstützt. Weder als Hardware noch als kurzes Aufblitzen des Displays in komplettem Weiß. Eventuell bringt ein Update eine solche Funktion dazu.

Apropos zwei Kameras: Es ist absolut genial, wie schnell der Wechsel erfolgt. Sobald zwischen den Kameras umgeschaltet wird, springt das Bild kurz und wird augenblicklich größer. Dies sieht man besonders gut beim Zoomen per Wischgeste und hier zeigt sich die Stärke eines Dual-Kamera-Setups wie es LG verwendet. Zwar sind Fotos an den Rändern im Weitwinkelmodus sichtlich stärker gekrümmt, aber auch nicht zu stark, sodass es wie ein Fischauge-Effekt aussehen würde.

Videos lassen sich mit FullHD in 30 oder 60 Frames pro Sekunde aufnehmen, während FullHD im 18:9-Seitenverhältnis (2160 mal 1080 Pixel) auf 30 Frames pro Sekunde limitiert ist. Dasselbe mit der Frame-Begrenzung gilt auch für 4K UHD. Wichtig ist anzumerken, dass bei Bildschwenks die Kamera-Software zu einer gewissen Unschärfe neigt. Erst im manuellen Modus, den LG auch bei der Videoaufnahme unterstützt, lassen sich diese Probleme effektiv und deutlich sichtbar eingrenzen. Jedoch muss man ein wenig mit den Optionen herumspielen, bevor das optimale Setting gefunden ist. Wird in 4K UHD gefilmt, dann sind Verzerrungseffekte bei Kameraschwenks besonders stark ausgeprägt. Erfreulich ist, dass während der UHD-Aufnahme das LG G6 auf der Rückseite nur leicht wärmer wird. Manch anderes Smartphone hatte in der Vergangenheit dabei gerne zur Überhitzung geneigt und schaltete sich sogar komplett aus. Dadurch wird auch die 5-Minuten-Grenze der ersten 4K-fähigen Smartphone-Kameras aufgehoben. Eine Filmaufnahme mit 5 Minuten Dauer in 4K UHD benötigt etwa 1,7 GB an Speicher. LG G6 Test Trotz 4K UHD wird die Rückseite nicht heiß
Foto: teltarif.de
Aufpassen sollten all diejenigen, die sofort nach dem Auspacken und Einschalten los fotografieren wollen. Ab Werk ist die Kamera auf 8,7 Megapixel im 18:9 Bildformat eingestellt. Will man die volle Sensorgröße ausnutzen, sprich die 13 Megapixel, muss das Seitenverhältnis erst händisch auf 4:3 umgestellt werden. Im 16:9 Format stehen maximal 9,7 Megapixel zur Verfügung. Witzig ist, dass sich die letzten vier Aufnahmen am linken Displayrand einblenden lassen. Aber auch nur, wenn man nicht im 18:9 Format fotografiert und die Option vorher in den Einstellungen aktiviert. Fotos im RAW-Format DNG sind nur im manuellen Aufnahmemodus möglich. Bei einer Auflösung von 9,7 Megapixel (16:9 mit 4160 mal 2340 Pixel) beträgt die Dateigröße des RAW-Bildes gut 17,8 MB und die des JPEG-Bildes 3,42 MB.

Ansonsten bietet die Kamera-Software noch diverse Einstellmöglichkeiten für Objekt-Tracking beim Fokussieren, Geotagging, HDR, Sprachauslöser und so weiter. Die Aufnahme-Modi lassen auch keinen Wunsch offen. Selbst Food-Fotografen kommen auf ihre Kosten mit Schieberegler zur schnellen Anpassung der Bildwärme. Natürlich darf es im Automatikmodus nicht an den üblichen Filtern fehlen.

Akku

Mit 3300 mAh Nennladung ist der Akku auf dem Datenblatt erfreulich groß dimensioniert. Im Alltag bestätigt sich denn auch die Vermutung: Man kann bis zu zwei Tage mit dem LG G6 unterwegs sein, ohne eine Steckdose aufsuchen zu müssen. Im Dauerbetrieb mit aktiver Google-Synchronisation, diversen Messengern und Spotify-Wiedergabe per Bluetooth-Headset sind gute viereinhalb Stunden aktive Nutzung möglich. Wird Spotify als Akkufresser weggelassen, sind sogar fast bis zu sieben Stunden drin. Einen geschäftigen Arbeitstag hält das Smartphone damit mehr als passabel durch. LG G6 Test Mit Quick Charge 3.0 ist der Akku schnell wieder voll
Foto: teltarif.de
Interessant ist jedoch, dass in unserem teltarif.de-Akkutest das LG G6 schon nach 5 Stunden und 33 Minuten Schluss war. Dabei haben wir das Display auf eine Helligkeit von 200 cd/m² gestellt und den Akku bis zum Ende beansprucht. Auch hier zeigt sich wieder: Nicht immer sind Benchmarkergebnisse mit dem realen Leben zu vergleichen. Es spielen sehr viele Faktoren wie Mobilfunkemfpang, WLAN, Bluetooth-Streaming und die installierten Apps eine große Rolle.

Nur der Akkutausch ist aufgrund des Unibody-Designs mit Glasrückseite und IP68-Zertifizierung nicht möglich. Aber fest eingebaute Akkus gehören ja ohnehin mittlerweile zum Standard im Highendbereich - und nicht nur dort. Dank Unterstützung von Qualcomm Quick Charge 3.0 ist der Akku sehr schnell wieder aufgeladen. Knapp 20 Minuten mit dem Netzteil reichen schon aus, um den Akku um gute 30 Prozent aufzuladen. Nach etwas mehr als einer Stunde und 10 Minuten ist der Akku komplett vollgeladen laut der Anzeige des Smartphones. Negativ fällt auf, dass sich das LG G6 im Standby-Betrieb im Vergleich zu anderen Geräten etwas mehr an Energie schluckt. Schuld daran ist zum Teil das Always-on-Display, wobei die Automatik mit der Deaktivierung bei Auf-dem-Display-liegen nicht merklich Abhilfe verschafft. LG G6 Test Der Akku hält ganz passabel mit schwankenden Ergebnissen
Screenshots: teltarif.de
Einen ernsthaften Dämpfer verpasst das LG G6 durch die Tatsache, dass Wireless Charging nicht unterstützt wird. Lediglich die Modelle für den US-amerikanischen und kanadischen Markt beherrschen diese Funktion. Angeblich will LG in einer Umfrage herausgefunden haben, dass drahtloses Aufladen für europäische Kunden keine große Rolle spielt und das Feature daher in Europa kurzerhand gestrichen. Ebenso wie den doppelten Speicher mit 64 GB und den Quad-DAC für die Audioausagbe.

Testfazit LG G6: Gelungenes Comeback mit deutlichen Schwächen

Insgesamt hat LG mit dem LG G6 ein grundsolides Smartphone abgeliefert, das mit ordentlicher Hardware-Power aufwarten kann. Auch die Kamera mit ihren spaßigen Funktionen und das tolle Display sind die Stärken des G6. Abzüge gibt es für die in Europa deutlich abgespeckte Ausstattung verglichen mit asiatischen und amerikanischen G6-Modellen zum quasi selben Preis. Sollte LG die unverbindliche Preisempfehlung nicht bald nach unten korrigieren, wird sich das insgesamt sehr solide Android-Smartphone mehr schlecht als recht verkaufen. Andere Dinge wie fehlende Gesten im Fingerabdrucksensor oder die Kante zwischen Glasrückseite und Rahmen sind mehr subjektiver Natur und der eigene Geschmack.
Auch wenn man laut eigener Aussage diesmal nicht das Wettrennen bezüglich der besten Hardware mit der Konkurrenz mitmachen will, reicht das am Ende einfach nicht aus. Dazu ist die Konkurrenz dieses Jahr halt zu stark und das nicht nur aus Südkorea. Zumal der offizielle Verkaufsstart trotz deutlich früherer Vorstellung zeitnah zum größten Konkurrenten, dem Samsung Galaxy S8, erfolgt. Das Potential hat das LG G6 allemal sich gegen das Samsung-Smartphone zu behaupten.


Logo teltarif.de LG G6

Gesamtwertung von teltarif.de
LG G6

PRO
  • Tolles Display
  • Gehäuse nach MIL-STD 810G und IP68 zertifiziert
  • Dual-Kamera mit Weitwinkelobjektiv
  • Etliche Software-Feinheiten
  • Flottes System
  • Sehr hochwertige Verarbeitung
  • Apps speziell für das FullVision-Display / Funktion zum Anpassen
CONTRA
  • Preis zu hoch für das Gebotene
  • Nur 32 GB Speicher, kein Quad-DAC und Drahtlosladen für Europa
  • Glasrückseite als Fingerabdruckmagnet
  • Fingerabdrucksensor ohne Gestenunterstützung
  • LG-Apps verschenken Potential für das 18:9-Display
Testzeitpunkt:
05/2017
LG G6
Testurteil
gut (1,7)
Preis/Leistung: 1,2
Bewertung aktuell: 3,1
Einzelwertung
Datenblatt
Erklärung Testverfahren
Testsiegel downloaden
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Einzelwertung LG G6

LG G6
Gesamtwertung
gut (1,7)
86 %
Preis/Leistung
1,2
  • Gehäuse / Verarbeitung 10/10
    • Material 10/10
    • Haptik 9/10
    • Verarbeitung Gehäuse 10/10
  • Display 9/10
    • Touchscreen 9/10
    • Helligkeit 7/10
    • Pixeldichte 10/10
    • Blickwinkelstabilität 9/10
    • Farbechtheit (DeltaE) 8/10
    • Kontrast 10/10
  • Leistung 9/10
    • RAM 8/10
    • Benchmark 3DMark 9/10
    • Benchmark Geekbench 8/10
    • Benchmark Geekbench Single -
    • Benchmark Geekbench Multi -
    • Benchmark Browsertest 10/10
    • Benchmark Antutu -
  • Software 10/10
    • Aktualität 10/10
    • Vorinstallierte Apps 9/10
  • Internet 10/10
    • WLAN 10/10
    • LTE 10/10
    • LTE Geschwindigkeit 10/10
    • 3G 10/10
    • 5G -
    • Empfangsqualität 9/10
    • Dual-SIM -
  • Telefonie 8/10
    • Sprachqualität 8/10
    • Lautstärke 10/10
    • Lautsprecher (Freisprechen) 7/10
  • Schnittstellen / Sensoren 9/10
    • USB-Standard 9/10
    • NFC 10/10
    • Navigation 9/10
    • Bluetooth 9/10
    • Kopfhörerbuchse 10/10
    • Video-Out 10/10
    • Fingerabdruckscanner 10/10
    • Iris-Scanner 0/10
    • Gesichtserkennung -
  • Speicher 8/10
    • Größe 7/10
    • SD-Slot vorhanden 10/10
  • Akku 7/10
    • Laufzeit (Benchmark) 6/10
    • Wechselbar 0/10
    • Induktion 10/10
    • Schnellladen 10/10
  • Kamera 7/10
    • Hauptkamera
    • Bildqualität hell 8/10
    • Bildqualität dunkel 7/10
    • Bildstabilisator 5/10
    • Blende 0/10
    • Frontkamera
    • Bildqualität hell 9/10
    • Bildqualität dunkel 6/10
    • Kameraanzahl -
    • Video 8/10
    • Handling 9/10
  • Bonus 3
    • IP68 und MIL-STD-810G, HDR10 und Dolby Vision
alles ausklappen
Gesamtwertung 86 %
gut (1,7)

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