Netzallianz-Ziele

50 MBit/s für jeden: So soll die Versorgung bis 2018 realisiert werden

Mit dem Kursbuch Netzausbau legen Politik und Telekommunikations-Anbieter fest, wie sie bis 2018 flächendeckend 50 MBit/s anbieten wollen. Wir stellen die Schritte kurz vor.
Von Thorsten Neuhetzki

Alexander Dobrindt (CSU), unterschreibt im Beisein der Mitglieder der Netzallianz Digitales Deutschland auf einem Werbeplakat der Netzallianz (Archivfoto) Alexander Dobrindt (CSU), unterschreibt im Beisein der Mitglieder der Netzallianz Digitales Deutschland auf einem Werbeplakat der Netzallianz (Archivfoto)
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Die Telekommunikationsbranche und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben heute das Kursbuch Netzausbau [Link entfernt] vorgelegt. Es legt fest, mit welchen Maßnahmen Politik und Wirtschaft den Netzausbau in Deutschland stemmen wollen, um bis 2018 flächendeckend (also 100 Prozent) mindestens 50 MBit/s im Downstream anbieten zu können. Derzeit liegt Deutschland bei 64 Prozent. Wir zeigen Ihnen, was im Kursbuch steht und welche Ziele es gibt, damit in etwa vier Jahren jeder schnell im Internet surfen kann.

Das Kursbuch legt in einem 23-seitigen Dokument fest, auf welche Maßnahmen sich die Netzallianz für dieses und das kommende Jahr verständigt hat. Insgesamt finden sich zwanzig mehr oder weniger wichtige Spiegelpunkte in dem Dokument, in denen es um Koordination, Transparanz, Synergienutzung, Rahmenbedingungen, Frequenzpolitik und - last not least um - Finanzierung und Förderung geht. "Das Kursbuch ist jetzt ein erster Entwurf, es ist noch nicht festgeschrieben und festgelegt", betont Stephan Albers, Geschäftsführer des Branchenverbands Breko. Breko, VATM sowie Anga, Bitkom und Buglas vertreten vor allem die zahlreichen kleineren Netzbetreiber in Deutschland währen die größten Anbieter - etwa Telekom, Vodafone, o2, Kabel Deutschland, Unitymedia und EWE Tel - selbst am Konferenztisch mit Bundesverkehrsminister Dobrindt sitzen.

Koordination, Transparenz, Information

Alexander Dobrindt (CSU), unterschreibt im Beisein der Mitglieder der Netzallianz Digitales Deutschland auf einem Werbeplakat der Netzallianz (Archivfoto) Alexander Dobrindt (CSU), unterschreibt im Beisein der Mitglieder der Netzallianz Digitales Deutschland auf einem Werbeplakat der Netzallianz (Archivfoto)
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Zunächst einmal will man den Datenumfang des Infrastrukturatlasses verbessern. Der Infrastrukturatlas der Bundesnetzagentur stellt eine wichtige Informationsquelle für mitnutzbare Infrastrukturen im Rahmen des NGA-Ausbaus dar. Bis heute fehlen hier aber viele Daten, weil sie nicht digital vorliegen. Zeitgleich soll der Atlas ausgebaut werden. Zum einen werden zukünftig im Breitbandatlas die Gebiete ausgewiesen, die aktuell in der Erschließungsplanung kommunaler bzw. kommunal-unterstützter NGA-Ausbauprojekte festgeschrieben sind, um Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertretern der Politik die Ausbauperspektive zu visualisieren. Auch soll ein Gewerbebreitbandatlas eingeführt werden, der visualisiert, welchen Gewerbestandorten derzeit welche gewerblichen Anschlussprodukte zur Verfügung stehen, um Netzbetreibern Kundenpotenziale für einen Netzausbau aufzuzeigen.

Zudem will man besser über die Möglichkeiten eines NGA-Ausbaus informieren. So hätten beispielsweise oftmals Banken kein Verständnis für die Möglichkeiten eines modernen Netzes, wenn ein Netzbetreiber nach einem Kredit fragt. Das Breitbandbüro des Bundes soll außerdem Eckpfeiler für Breitband-Ausschreibungen entwickeln. Außerdem sollen Leitlinien für eine deutschlandweit weitgehende Standardisierung der Förderverfahren erarbeitet werden. Beide Maßnahmen sollen den Wettbewerb um öffentliche Mittel stärken, um eine maximale Wirkung der eingesetzten öffentlichen Gelder zu erreichen. Auch soll die Transparenz von Ausschreibungen und Vergabeverfahren erhöhen werden.

Synergien

Das Kursbuch Netzausbau fasst 20 Punkte zusammen Das Kursbuch Netzausbau fasst 20 Punkte zusammen
Screenshot: teltarif.de
Ein zentrales Ziel des Telekommunikationsgesetzes ist es, den Zugang zu Infrastrukturen zu ermöglichen, die für den Aufbau eines Netzes geeignet sind. Auch neue Verlegetechniken wie Micro-Tranching sollen für NGA-Netze zugelassen werden, um die Kosten für den Netzausbau zu senken. Micro-Tranching wurde bisher nur vereinzelt eingesetzt, weil es keine Rechtssicherheit gab.

Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat bereits Musterformulare zur Mitnutzung der Infrastrukturen der Bundeswasserstraßen in ihren aktuellen Verwaltungsvorschriften. Derzeit können die Anträge aber noch nicht genehmigt werden, weil das Verwaltungsverfahren (Verfahrenskatalog) noch entwickelt werden muss. Für die Mitnutzung alternativer geeigneter Infrastrukturen wie Strom-, Gas- oder Abwassernetze bestehen derzeit noch keine verbindlichen Schlichtungsverfahren. Hier liegt es derzeit in der Entscheidung der Anbieter, ob sie eine Mitnutzung anbieten.

Auch die Infrastruktur der Bahn ist ein Thema: Das BMVI prüft, ob mit einer Darstellung der gegebenen Bahnquerungsmöglichkeiten bzw. einer Dokumentation bekannter Querungen im Infrastrukturatlas die Anträge der Netzplaner optimiert und vereinfachte Verfahren eingeführt werden können. Dabei geht es um das Queren von Schienen, das immer wieder ein Problem dargestellt hat. Auch Strom-, Gas- und Wärmenetze verfügen vielfach bereits über TK-Infrastrukturen, die von den Betreibern zur Netzsteuerung eingesetzt werden. Diese Infrastrukturen werden teilweise heute schon an TK-Unternehmen zur Mitnutzung vermarktet. Beim Neu-Verlegen mangelt es aber oft an Absprachen zwischen Versorger und TK-Anbieter. Teilnehmer der Netzallianz wollen daher einen Leitfaden für die Mitverlegung von Leerrohren an Strom-, Gas- oder Fernwärmetrassen durch die öffentliche Hand erarbeiten.

Werden künftig Gebäude neu gebaut oder umfassend saniert, sollen sie schon für neue Netze vorbereitet werden. Die Kostensenkungsrichtlinie sieht vor, dass ab dem Jahr 2017 die Mitverlegung beispielsweise von Leerrohren verbindlich ist. Die Teilnehmer der Netzallianz wollen mit den einschlägigen Fachverbänden die Möglichkeit ausloten, wie eine standardmäßige Mitverlegung in den für die Architekten relevanten Vorgaben etwa in Form einer Selbstverpflichtung schon vorher verankert werden könnte.

Frequenzen

Bekanntlich sollen - nun erst Anfang 2015 - Frequenzen durch die Bundesnetzagentur versteigert werden. Darunter auch Frequenzen um 700 MHz, die ab 2017 nach und nach für die Breitbandversorgung genutzt werden sollen. Der Fahrplan für diese Vergabe ist ebenfalls Bestandteil des heute vorgelegten Kursbuches.

Finanzierung und Förderung

Eines der größten Probleme beim flächendeckenden Netzausbau ist die Finanzierung. Je ländlicher die auszubauenden Bereiche werden, desto teurer wird der Ausbau. Bund und Länder sollen nun konkrete Kriterien vereinbaren, nach denen Fördermaßnahmen zur Unterstützung des Breitbandausbaus erfolgen sollen. Damit sollen Wettbewerbsverzerrungen vermieden und ein diskriminierungsfreier Zugang gewährleistet werden.

Als wichtig wird auch die Auflegung eines Finanzierungsinstruments "Premiumförderung Netzausbau" bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erachtet. Schon ein Prozentpunkt geringere Zinsen durch die KfW-Förderung würde angesichts der Summen und der Laufzeit der Kredite eine Menge ausmachen, heißt es aus der Branche.

Eine weitere Idee der Netzallianz ist die steuerliche Absetzbarkeit eines Glasfaser-Hausanschlusses. Das würde einen zusätzlichen Anreiz schaffen, sich an FTTB/H-Netze anzuschließen. Ausbauende Unternehmen könnten so die hohen Kosten für den Netzausbau damit in Teilen an Haus- bzw. Wohnungsbesitzer weitergeben. Die volle steuerliche Abzugsfähigkeit des FTTB/H-Anschlusses bedarf einer Änderung des Einkommenssteuergesetzes.

Stellungnahmen der Beteiligten

"Das Kursbuch ist ein guter Aufsatzpunkt zur Weiterentwicklung und Umsetzung einer umfassenden Ausbaustrategie", sagt Ralf Kleint, der als Breko-Präsident an der heutigen Sitzung der Netzallianz Digitales Deutschland in Berlin teilgenommen hat. "Mit dem Bekenntnis zur Glasfaser als nachhaltige Leittechnologie und der 'Multi-Access-Strategie' als Königsweg werden im Kursbuch die wesentlichen Grundlagen zu einem flächendeckenden Ausbau von High-Speed-Netzen gelegt", so Kleint und geht damit unisono zum VATM. "Die jetzt vorliegende Fassung ist nach intensiven Beratungen ein guter Startpunkt. Der Minister hat erkannt, wie wichtig der Investitionswettbewerb, das Miteinander von großen und kleinen Unternehmen sowie Mobil- und Festnetz für die Erreichung der Breitbandziele hierzulande sind", sagt Martin Witt, Präsident des größten deutschen TK-Wettbewerberverbandes VATM. "An manchen Punkten sehen wir noch Präzisierungsbedarf. Daher ist es wichtig, dass das Kursbuch zügig fortgeschrieben werden soll", so VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.

Der Bundesverband Glasfaser mahnt, sich beim Ausbau nicht nur auf VDSL zu stützen. "Das Kursbuch stellt [...] vor allem auf den Ausbau der Kabelverzweiger mit Glasfaser ab", erläutert Buglas-Präsident Jens Prautzsch. Dies sei auf Sicht gerade in ländlichen Räumen eine vernünftige Option. "Im Sinne einer nachhaltigen und zukunftssicheren Versorgung unseres Landes mit Gigabit-Internet dürfen wir aber den Königsweg Fiber to the Building/Home keinesfalls aus den Augen verlieren." Schon mittelfristig würden nur diese Anschlüsse ausreichende Bandbreiten liefern.

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