Editorial: Weg mit den langen Laufzeiten!
Weg mit langen Vertragslaufzeiten
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Ein
aktueller Gesetzesentwurf des
Bundesjustizministeriums sieht vor, die bei Verbraucherverträgen
bisher üblichen Höchstlaufzeiten von bis zu zwei Jahren künftig auf
bis zu einem Jahr zu reduzieren. Automatische Vertragsverlängerungen
sollen statt bis zu einem Jahr künftig sogar nur noch bis zu drei Monaten
betragen dürfen. Schließlich wird die Kündigungsfrist zum Ende der Laufzeit
von bis zu drei Monaten auf maximal einen Monat beschränkt.
Aus Verbrauchersicht ist der Gesetzesentwurf grundsätzlich zu begrüßen. Insbesondere die langen automatischen Vertragsverlängerungen bei Verpassen des Kündigungstermins erfüllen bei der Mehrzahl der Verbraucherverträge keinen besonders zu schützenden Geschäftszweck des jeweiligen Anbieters. Die Kosten der Abwicklung einer Vertragskündigung unterscheiden sich nicht, ob diese 24, 30 oder 36 Monate nach Vertragsschluss erfolgt. Warum ist dann die Kündigung nach 30 Monaten nicht möglich?
Andererseits ist es üblich, dass Kunden bei Vertragsabschluss besondere Leistungen erhalten, zum Beispiel ein subventioniertes Smartphone bei einem Handyvertrag, die Schaltung des entsprechenden Anschlusses bei einem Festnetzvertrag oder die Einführung in das Gerätetraining bei einem Fitnessvertrag. Daher benötigen die Anbieter auch die Mindestlaufzeit, um die Sicherheit zu haben, die anfängliche Investition zurückzuverdienen.
Die Mindestlaufzeit neuer Verträge lässt sich auch für Verbraucher - anders als die automatische Verlängerung - in der Regel gut überblicken. Wenn man auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, wird man sich wohl kaum einen neuen DSL-Anschluss an die alte Adresse bestellen. Der Regelfall ist aber, dass man schon einen DSL-Anschluss an der alten Adresse hat, und dann ist es mit den unflexiblen 12-Monats-Verlängerungen in der Regel nicht möglich, das Kündigungsdatum des bestehenden DSL-Anschlusses mit dem tatsächlichen Umzugsdatum in Einklang zu bringen. Denn letzteres hängt davon ab, wann man eine geeignete neue Wohnung findet und wann diese bezugsfertig wird. Im Zweifel läuft dann der DSL-Anschluss ungenutzt an der alten Adresse noch etliche Monate weiter. Solche Nachlaufmonate generieren natürlich schöne Einnahmen für die Anbieter und so wundert es wenig, dass sich deren Lobby stark gegen das neue Gesetz engagiert.
Jährliche Laufzeiten in einzelnen Bereichen sinnvoll
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Es gibt Anbieter, bei denen jährliche Verträge allerdings tatsächlich
noch Sinn ergeben. Als Beispiel seien Kinder-Sportvereine genannt, die
meist zu Schuljahresanfang ihre Kurse einteilen und Trainer zuweisen,
und die vor ernsthaften Problemen stehen, wenn dann im Laufe des
Jahres zahlreiche Kinder aussteigen und auch nicht mehr bezahlen.
Entweder betreut der Sportverein dann defizitäre Kurse trotzdem weiter
oder er löst diese auf und verteilt die Kinder auf andere Kurse zu
anderen Zeiten um, wo dann aber das Leistungsniveau nicht mehr passt
und/oder die Kinder aus Zeitgründen gar nicht kommen können. Hier lässt
sich das Problem aber lösen, indem jedes Jahr neue Verträge abgeschlossen
werden. Schließlich soll nur die stillschweigende automatische
Vertragsverlängerung um ein Jahr verboten werden, nicht die ausdrückliche
Verlängerung unter Absprache beider Seiten.
Längere Laufzeiten in Sonderfällen?
Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob die im Gesetzesentwurf vorgesehene Mindestlaufzeit von einem Jahr in allen Fällen ausreichend ist. Als Beispiel seien Glasfaseranschlüsse genannt, für die hohe Investitionen anfallen, und für die daher sogar dreijährige Laufzeiten diskutiert wurden, also sogar länger als die bisher mit Privatkunden zulässigen zwei Jahre. Andererseits gibt es eine Vielzahl an Angeboten mit Preiserhöhungen während der Laufzeit: das erste Jahr für 19,99 Euro monatlich, danach 49,99 Euro monatlich. Solche Angebote zeigen, dass die zweijährigen Laufzeiten oft genug missbraucht werden, um hohe Preise zu verstecken. Grund genug, sie abzuschaffen.