Politik will Kabelgebühren aus Nebenkosten streichen
Deutschland ist Mieterland. Über die Hälfte der deutschen Bevölkerung (laut Statista 57 Prozent) leben nicht in den eigenen vier Wänden. In den meisten Fällen existiert in Mietshäusern ein Kabelanschluss, dessen monatliche Kosten in der Nebenkostenabrechnung auf alle Mieter umgelegt werden. Das regelt § 2 Nr. 15b der Betriebskostenverordnung. Dieser Passus könnte jedoch gestrichen werden, denn die Front gegen diese Umlagefähigkeit ist groß.
Eingeschränkte Wahlfreiheit
Allen voran setzt die Deutsche Telekom ihre Lobbyisten dafür ein, die Umlagefähigkeit der Kabelanschlussgebühren zu kippen. Sie spricht vom Nebenkostenprivileg für Kabelnetzbetreiber. Dabei geht es nicht nur um das TV-Angebot, sondern auch um den Internetzugang. Da der Mieter bereits für den Kabelanschluss bezahle, habe er wenig Veranlassung, den Anbieter zu wechseln, argumentiert die Telekom.
Damit ist sie nicht allein. Auch die Monopolkommission kritisiert die Umlagefähigkeit, die sich ihrer Ansicht nach mit dem Telekommunikationsgesetz (TKG) beißt. Laut TKG dürfen mit Verbrauchern keine Telekommunikationsverträge geschlossen werden, die länger als zwei Jahre laufen. Die Laufzeit von Mietverträgen verstößt gegen diese Regelung. Der Mieter hat zudem keine Möglichkeit, die Kabelanschlussgebühren nicht zu zahlen, selbst wenn er den Anschluss gar nicht nutzt.
Längst wird über den Kabelanschluss neben Fernsehen auch Internet und Telefonie angeboten. Für einen fairen Wettbewerb dürften die Kabelgebühren nicht über die Nebenkosten abgerechnet werden, meinen die DSL-Anbieter.
Vodafone
Die Argumente finden beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) Gehör. In seinem Eckpunktepapier zur Novellierung des TKG spricht das BMWi von einer eingeschränkten Wahlfreiheit für den Mieter. Um nicht gleichzeitig für den Kabel- und den DSL-Internetanschluss zahlen zu müssen, würden Mieter eher den Internetzugang übers Kabel wählen, wenn dieser ohnehin schon vorliegt, wird argumentiert. Darüber hinaus bezieht sich das BMWi auf europäische Regelungen, nach denen keine Hindernisse bestehen dürfen, die einen Verbraucher von einem Vertragswechsel oder einer Vertragskündigung abhalten.
Längst wird über den Kabelanschluss neben Fernsehen auch Internet und Telefonie angeboten. Für einen fairen Wettbewerb dürften die Kabelgebühren nicht über die Nebenkosten abgerechnet werden, meinen die DSL-Anbieter.
Vodafone
Warnung vor höheren Kosten für Mieter
Im Herbst will das Wirtschaftsministerium einen Entwurf zum TKG vorlegen. In diesem Rahmen könnte § 2 Nr. 15b der Betriebskostenverordnung gestrichen werden. Die Kabelnetzbetreiber prognostizieren für Mieter jedoch höhere Kosten, wenn die Umlagefähigkeit der Kabelgebühren wegfällt. Über sogenannte Mehrnutzerverträge können die Netzbetreiber Wohnungsunternehmen den Kabelanschluss günstiger anbieten. Ohne Umlagefähigkeit müssten die Kabelnetzbetreiber Einzelverträge mit den Mietern abschließen, die teurer sind. Während über die Nebenkosten in der Regel ein Betrag unter zehn Euro abgebucht wird, kann der Einzelanschluss bis zu 20 Euro im Monat kosten.
Da der Kabelanschluss zur Gebäude- bzw. Wohnungsausstattung gehöre, könne sich ein einzelner Mieter nicht vor den Betriebskosten drücken, argumentieren die Kabelnetzbetreiber. Mieter im Erdgeschoss müssen auch die Kosten für einen Aufzug mitbezahlen, auch wenn sie den gar nicht nutzen. Hinzu kommt ein sozialer Aspekt: Für Transferempfänger wie zum Beispiel Hartz-IV-Haushalte kann das Sozialamt die Mietnebenkosten übernehmen. Fiele die Umlagefähigkeit der Kabelanschlussgebühren weg, müssten finanziell schwach aufgestellte Haushalte mehr fürs Fernsehen zahlen. Letztendlich stellt sich die Frage, wem die eingeschränkte Wahlfreiheit des Mieters schadet: Dem Kabelnetzbetreiber, der Telekom oder dem Mieter selbst.