DOCSIS 3.1

Radio könnte schnellerem Kabel-Internet zum Opfer fallen

Wenn die Kabelanbieter mit DOCSIS 3.1 höhere Datenraten liefern wollen, könnten die Radio-Sender per Kabel Geschichte werden. Auf einer Kabel-Fachtagung wurden entsprechende Gedankenspiele laut.
Aus Magdeburg berichtet Thorsten Neuhetzki

Ulrich Freyer Ulrich Freyer
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Die Kabelnetzbetreiber stehen vor der Einführung einer neuen Stufe des Internetprotokolls im eigenen Netz. Mit DOCSIS 3.1 könnten Datenraten bis hin zum zweistelligen Gigabit-Bereich erreicht werden. Damit soll auch der Upstream steigen. Doch sowohl für den höheren Down-, als auch für den höheren Upstream brauchen die Kabelnetzbetreiber zusätzliche Frequenzen für die Internetdaten. Während im TV-Bereich beispielsweise die analogen Sender abgeschaltet werden könnten, um weitere Frequenzen zu bekommen, könnte es für den Upstream-Bereich den Radiosendern an den Kragen gehen.

Auf der 12. Fachtagung des Deutsches Institut für Breitbandkommunikation (dibkom) in Magdeburg sagte Dipl.-Ing. Ulrich Freyer, Analyst für Medientechnik, heute, es gäbe drei, eventuell vier Möglichkeiten für die Zukunft der Radiosender im Kabelnetz. Dabei geht es um die Sender im UKW-Bereich, die - wie auch per Antenne - im Bereich zwischen 87,5 und 108 MHz liegen. Hier übertragen die Kabelnetzbetreiber Radiosender, die dann aus der Kabeldose direkt zur Stereoanlage geführt werden. Dabei werden nicht nur lokal ohnehin empfangbare, sondern auch überregionale Sender übertragen.

Radio-Frequenzen mitten im Upstream-Bereich

Ulrich Freyer Ulrich Freyer
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Derzeit verwenden die Kabelnetzbetreiber bei DOCSIS 3 den Frequenzbereich zwischen 5 und 85 MHz - wenn auch nicht unbedingt komplett. DOCSIS 3.1 sieht vor, dass der Frequenzbereich zwischen 5 und 204 MHz für den Upstream genutzt werden kann (aber nicht muss). Das bedeutet, dass die UKW-Frequenzen mitten in diesem Bereich liegen.

Die einfachste Möglichkeit, das Problem zu lösen, sei laut Freyer, der zwischen 1988 und 2007 technischer Leiter der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen war, die Abschaltung der UKW-Radios im Kabel. Das hätte zur Folge, dass kein Radioempfang per Kabel mehr möglich wäre. Ob und wie weit das für die Verbraucher relevant ist, ist unklar. Zwar gab es laut Digitalisierungsbericht 2015 einen Radionutzungsanteil per Kabel von 15,9 Prozent in der gesamten Bevölkerung über 14 Jahren, doch wurde bei dieser Erhebung nicht erwähnt, ob die Nutzung analog oder digital erfolge. Digitale Kabel-Radiosender lassen sich in aller Regel jedoch nur über das Zwischenschalten einer Set-Top-Box auf die HiFi-Anlage oder über den Fernseher nutzen. Denkbar wäre laut Freyer, dass die Industrie DVB-C-Radios entwickelt, damit die Radionutzung per Kabel vereinfacht wird.

Kunden müssten bei Änderungen aktiv werden

Für den Kunden bedeutet das ein weiteres Gerät - genau so wie im zweiten möglichen Szenario. Hierbei würde das UKW-Signal weiterhin zum Kunden per Kabel übertragen, jedoch nicht im UKW-Bereich. Es könnte in einen anderen Frequenzbereich konvertiert werden - idealerweise der Mittenbereich zwischen Down- und Upstream - und so zum Kunden gelangen. Allerdings könnten Radioempfänger diese Sender dann nicht empfangen, weil sie auf Frequenzen jenseits der 200 MHz übertragen werden. Also müssten sie beim Kunden wieder zurückkonvertiert werden. Das sei relativ einfach und möglicherweise auch mit einem kleinen Steckmodul an der Kabeldose möglich, doch der Kunde müsste handeln und die Geräte müssten verfügbar sein.

Im dritten Szenario würde UKW weiterhin unverändert übertragen. Dann allerdings müssten die Netzbetreiber den Kundenmodems "beibringen", dass sie den Frequenzbereich von UKW keinesfalls zum Senden der Internetdaten nutzen dürfen. Gleichzeitig steht weniger Frequenzspektrum zur Verfügung, so dass die Möglichkeiten von DOCSIS 3.1 nicht vollständig ausgenutzt werden könnten.

Auf Nachfrage aus dem Auditorium der dibcom-Fachtagung räumte Freyer auch ein, dass neben DVB-C-Radio rein theoretisch auch DAB+ übertragen werden kann. DAB+ wird üblicherweise zwischen 175 und 239 MHz übertragen, ist also am oberen Ende des Upstream-Spektrums sowie im Mittenbereich. Fraglich ist jedoch, wie groß die Nachfrage der Kunden wäre. Die Frage allerdings stellt sich bei allen drei Radio-Übertragungsverfahren per Kabel: UKW, DVB-C und theoretisch DAB+.

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