Lieber per Spotify oder DAB+: Internetradios verlieren Hörer
Die Internetradio-Nutzung geht in Deutschland zurück
Foto: AEG
Der Zenit für den Verbreitungsweg Internetradio scheint in Deutschland überschritten. Laut der neuesten Ausgabe der Media Analyse IP Audio (ma IP Audio 2. Quartal 2019) haben die meisten linearen Radioprogramme zum Teil stark an Hörern verloren. Das schlägt sich auch auf die großen Kombis nieder. Alle 20 großen Kombinationen haben zum Teil zweistellige Verluste erlitten. Die Kombi RMS Online Audio, in der große Privatradios vermarktet werden, hat zum Beispiel 8,1 Millionen Sessions eingebüßt, ein Verlust von minus 8,2 Prozent. Bei der ARD gibt es ein Minus von 4,5 Prozent.
Auch bei den Top 20 der Einzelsender gab es fast nur Verluste. Lediglich das NDR-Jugendprogramm N-Joy und der private Rocksender Radio Bob! konnten bei den Webradio-Sessions zulegen. Da die Analyse die Ergebnisse der Monate April bis Juni umfasst, kann von saisonbedingten Rückgängen etwa wegen der Sommerurlaubszeit keine Rede sein.
Es wird nun spannend sein, ob der Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten, der anlässlich der IFA in Berlin präsentiert wird, den Trend bestätigt. Zunächst muss man auch weitere Ausgaben der ma IP Audio abwarten. Die nächsten Zahlen gibt es in einem Vierteljahr.
Spotify legt stark zu
Die Internetradio-Nutzung geht in Deutschland zurück
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Der größte Gewinner der neuesten Ausgabe der Media Analyse heißt Spotify mit einem Plus von 14,9 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal. Insgesamt steigert sich der Streaming-Anbieter auf den neuen Rekord von 121,23 Millionen Sessions. Es ist ein Indiz, dass das klassische Radio, aber auch die Webradio-Ableger der großen deutschen Sender auf dem absteigenden Ast sind, während die Hörerzahlen über das terrestrische Digitalradio DAB+ deutlich zulegen (siehe ma Audio II/2019). Über Internet wird also weniger Live-Radio gehört, statt dessen mehr Musik gestreamt oder alternative Audioformen wie Podcast genutzt.
Radiohörer wechseln zum unbeliebten DAB+
Gleichzeitig verlagert sich die digitale Radionutzung offensichtlich vom Web auf DAB+. Das dürfte vielen privaten Radioveranstaltern und Unternehmen aus der Werbebranche gar nicht gefallen. Sie sehen DAB+ als Verbreitungsweg kritisch, da dieser im direkten Vergleich mit Online-Medien das Manko hat, keine Echtzeit-Daten über die Nutzung zu liefern. Werbetreibende erhalten somit auch keine Informationen, ob ihre Werbung auch messbar konsumiert wurde. Hinzu kommen fehlende Adressierung und Personalisierung.
Allerdings gibt es beim Internetradio technische Einschränkungen: Es ist oft einfacher, morgens nach dem Aufstehen den Einschaltknopf eines UKW- oder DAB+-Radios zu bedienen, als zunächst eine App zu starten und den Stream per Bluetooth auf Drahtlos-Boxen zu übertragen. Unterwegs gilt der Verbreitungsweg vielerorts als unzuverlässig, da die Mobilfunknetze zu schlecht ausgebaut sind. Hinzu kommen Kosten und es droht eine Drosselung der Datenverbindung, nutzt der Hörer nicht Angebote wie StreamOn der Telekom oder besitzt eine echte Mobilfunk-Flatrate.