Protokolle

Instant Messenger: Das XMPP/Jabber-Protokoll

Das XMPP/Jabber-Proto­koll könnte theo­retisch die Proto­koll-Zersplit­terung im Messenger-Bereich auflösen. Bislang ist das aller­dings nicht geschehen. Oft wird die Technik aber im Hinter­grund verwendet.
Von Julian Ruecker /

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Logo: Internet Engineering Task Force, Foto/Montage: teltarif.de
Wir haben Ihnen im Bereich der Instant Messenger bereits Lösungen für klas­sische PCs und trag­bare Rechner sowie für Smart­phones und Tablets gezeigt - nun wollen wir uns einer grund­legenden Frage in Bezug auf Instant Messenger widmen: Wir zeigen Ihnen nämlich, wie die Proble­matik der unter­schied­lichen Proto­kolle theo­retisch aufge­löst werden könnte - und warum die Anbieter dies prak­tisch nicht umsetzen werden.

Um die proprie­täre Proto­koll-Proble­matik zu über­winden, gäbe es nämlich die Möglich­keit, auf offene Stan­dards zu setzen. Als bekanntes Proto­koll böte sich hier XMPP (Exten­sible Messa­ging and Presence Protocol), früher Jabber-Proto­koll, an. Bisher setzte von den großen Anbie­tern aller­dings nur Google auf diese Lösung, hat aber 2013 die XMPP-Unter­stüt­zung einge­stellt.

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Denn für Instant-Messa­ging-Anbieter ergibt sich hier eine ähnliche Proble­matik wie bei den Multi-Messen­gern: Bei Nutzung eines offenen Stan­dards geben sie die Bindung des Nutzers an den Original-Client auf - und entspre­chend verlieren sie die Kontrolle über die Werbe-Einnahmen. Zudem preisen Instant-Messa­ging-Anbieter die Proprietät ihrer Proto­kolle gerade als Sicher­heits­feature an, da eben die Details des Proto­kolls nicht allge­mein bekannt sind.

Somit bleibt die XMPP-Lösung eine Nische, die vor allem von Computer-affinen Nutzern verwendet wird. Zur Nutzung von XMPP benö­tigt der Anwender eine XMPP-fähige Soft­ware, die Kontakt mit einem belie­bigen XMPP-Server aufnimmt. Dieser kann dann, falls passende Trans­port-Plugins instal­liert sind, auch Kontakt mit anderen Netz­werken wie ICQ, AIM (2017 einge­stellt, seit 2019 unter dem neuen Namen Phoenix AIM wieder nutzbar) etc. aufnehmen und ermög­licht den Chat-Austausch. Der Nutzer muss also seinen heimi­schen Instant Messenger nicht selber aufrüsten. Aller­dings bieten in der Praxis nur wenige XMPP-Server-Betreiber dieses Feature an.

Zensur und Über­wachung sorgen für Alter­nativen

Durch die immer weiter fort­schrei­tende Zensur und (geplante, aller­dings schon sehr weit voran­geschrit­tene) Total­über­wachung gibt es verstärkt Nach­frage nach alter­nativen, auf Sicher­heit und Privat­sphäre ausge­rich­teten Messen­gern. Diese Nach­frage hat zuletzt die Anzahl der verfüg­baren alter­nativen Messen­gern ansteigen lassen. Das beste derzei­tige Beispiel liefert Tele­gram, dessen Nutzer­zahlen nach poli­tisch moti­vierter Zensur und Sper­rung unzäh­liger Nutzer durch Twitter, YouTube u. a. explo­dierten. Anzu­merken ist hier jedoch, dass auch Tele­gram in manchen Ländern mitt­ler­weile Kanäle sperrt und zensiert.

Je mehr sich alter­native Messenger-Dienste etablieren, desto größer wird logi­scher­weise auch die Anzahl verschie­denster Messenger-Apps, die der Benutzer auf seinem Handy und/oder Computer hat. Da sich nicht jeder (poten­zielle) Chat­partner jede erdenk­liche Messenger-App instal­lieren will, bekommt die Idee eines Platt­form- und App-über­grei­fenden Kommu­nika­tions-Proto­kolls neuen Antrieb.

Aller­dings gibt es schon jetzt einige bekannte XMPP-basierte Messenger wie WhatsApp, Zoom, Grindr, Kontalk oder Jitsi. Auch für IoT-Anwen­dungen ist die Benut­zung von XMPP inter­essant, da viele Geräte ständig mitein­ander kommu­nizieren müssen. Beispiele für die Benut­zung von XMPP in diesem Bereich sind Google Cloud Print, Fire­base Cloud Messa­ging, Logi­tech Harmony Hub und die GitHub Paket­quelle. Auch Online-Gaming greift zuneh­mend auf XMPP zurück, wie Nintendo Switch, EVE Online, Fort­nite, Never­winter, Origin, Star Trek Online, Cham­pions Online und League of Legends. Im Bereich Social Media wird XMPP für die Push-Funk­tion genutzt, beispiels­weise von Google, Apple und Cata­push und es gibt weitere Einsatz­gebiete wie Buddy­cloud, Movim und Salut à Toi. Zuletzt ist auch die Benut­zung von XMPP durch WebRTC-Projekte zu nennen.

Wie man sieht, ist XMPP mitt­ler­weile doch sehr weit verbreitet, wenn auch teil­weise nur als Basis für jeweils eigene Soft­ware-Lösungen oder als Proto­koll im Hinter­grund. Die Chance, dass jemand, der sich oft im Internet bewegt, (unbe­merkt) mit XMPP in Berüh­rung kommt, ist also sehr hoch. Darüber hinaus gibt es natür­lich auch Messenger-Lösungen, die direkt auf XMPP basieren. Eine Liste von Programmen ist hier zu finden.

Eine wirk­lich Provider-über­grei­fende Messenger-Alter­native etabliert sich inzwi­schen auch in Deutsch­land: Dabei handelt es sich um den RCS-Stan­dard der GSMA.