BNetzA-Chef zu 5G

5G: Komplexer als Stromautobahnen

Zwar ärgert sich BNetzA-Präsident Homann auch gewaltig über Funklöcher, er hält aber Forderungen nach dem ultimativen Netzausbau für schwer realisierbar.
Von der IFA in Berlin berichtet

BNetzA Präsident Homann äußerte sich im Handelsblatt erstmalig zu Forderungen und Warnungen hinsichtlich der 5G-Zukunft. BNetzA Präsident Homann äußerte sich im Handelsblatt erstmalig zu Forderungen und Warnungen hinsichtlich der 5G-Zukunft.
Foto: Picture-Alliance/dpa
Der Chef der Bundesnetzagentur Jochen Homann stand lange Zeit im Kreuzfeuer. Jede Menge Forderungen und Warnungen gingen an seine Adresse. Im Interview mit dem in Düsseldorf erscheinenden Handelsblatt [Link entfernt] nahm er nun Stellung dazu.

Er habe das Gefühl, dass die Frequenzvergabe noch komplexer ist als etwa die Debatte um Stromautobahnen. Es gebe viel mehr diametral entgegenstehende, wirtschaftsgetriebene Interessen, was natürlich Streit mit sich bringe. Es gebe unterschiedlichste politische Wünsche, "und es gibt technische Zwänge. Wir werden in den kommenden Wochen sicher eine intensive Debatte erleben." Für Homann ist klar, dass Unternehmen oder Investoren bei 5G auf neue (bisher unbekannte) Geschäftsmodelle setzen, aber bestehende auch an Fahrt gewinnen können, beispielsweise automatische vernetzte Fabriken.

4G und 5G nicht durcheinanderbringen

BNetzA Präsident Homann äußerte sich im Handelsblatt erstmalig zu Forderungen und Warnungen hinsichtlich der 5G-Zukunft. BNetzA Präsident Homann äußerte sich im Handelsblatt erstmalig zu Forderungen und Warnungen hinsichtlich der 5G-Zukunft.
Foto: Picture-Alliance/dpa
Homan ist aber der Ansicht, das bestimmte Dinge auch ohne 5G funktionieren können, was viele durcheinander brächten.

Für das automatisierte Fahren gebe es bereits „andere Frequenzen“, damit Fahrzeuge sich erkennen oder mit der Straße kommunizieren. Im Gesundheitsbereich, etwa für Tele-Operationen, sei der diskutierte Frequenzbereich, technisch gar nicht für alle Anwendungen geeignet. „Hier braucht man einen guten Glasfaseranschluss, der aber in der Tat zwingender Teil der 5G-Infrastruktur ist“.

Homann hat eine Art „Goldgräberstimmung“ ausgemacht und freut sich auf viele interessante Geschäftsmodelle „Made in Germany“ .

Homann im Funkloch

Homann musste auf Nachfrage einräumen, sich schon über Funklöcher im Zug geärgert zu haben, beispielsweise zwischen Bremen und Köln. Gleichwohl hält er Vorstellungen, dass alle Straßen flächendeckend versorgt werden müssten, für kaum umsetzbar.

"Funklöcher entstehen aus verschiedensten Gründen. Und auch mit 5G wird es in Zügen zu Problemen kommen. Deshalb wollen wir ja gerade, dass die Bahnen ihre Antennen und auch anderes verbessern, während die Unternehmen eine Versorgung von 50 Megabit pro Sekunde auf fahrgaststarken Strecken bis Ende 2022 sicherstellen. Im Fernverkehr ebenso wie auf Pendlerstrecken."

Aber ganz so schlecht sei Deutschland nun auch nicht: "Deutschland ist nicht so schlecht, wie manche behaupten. Sicher, es gibt Gegenden, in denen nicht telefoniert werden kann. Da werden wir ohne staatliche Unterstützung auch keine privatwirtschaftliche Lösung finden. Ich will an dieser Stelle aber auch darauf hinweisen, dass es darüber hinaus bereits Auflagen gibt, die allerdings erst Ende 2019 erfüllt sein müssen. Wir sollten den Unternehmen diese Zeit geben.”

Nur 500 5G-Stationen?

Die Vorgaben für das 5G-Netz klingen auf den ersten Blick recht harmlos: „Wir gehen bei den 5G-Frequenzen an die Grenze des Zumutbaren. Dazu gehört auch, dass jeder Anbieter bis Ende 2022 mindestens 500 Stationen für 5G aufbaut und noch einmal 500 Stationen, mit denen er mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde weiße Flecken schließt. Wir werden aber in den nächsten Jahren weitere Frequenzen vergeben, die für den weiteren Ausbau in der Fläche wichtig sind.“

Da Deutschland 5G-Leitmarkt werden soll, finden Kritiker und Marktexperten die Zahl 500 als „viel zu wenig“, damit mache Deutschland sich lächerlich.

Nein, sagt Homann, „die Bundesnetzagentur geht an die Belastungsgrenze der Unternehmen. Wir können uns bei den Auflagen nicht nur am Stärksten orientieren, sonst kann der schwächste Netzbetreiber die Auflagen nicht mehr erfüllen – mit dem Ergebnis von nur noch zwei Anbietern im Markt. Deshalb betrachten wir die Auflagen als Mindestanforderungen. Wir stellen aber zur Diskussion, ob wir nicht bestimmte Frequenzteile mit noch härteren Auflagen versehen.“

Wettbewerb statt Dirigismus

Im Vergleich zu China, wo viel staatliches Geld in die Hand genommen wird, sei laut Homann "die Philosophie bei uns die gleiche: Wir gehen mit der Infrastruktur voran, ohne im Einzelnen zu wissen, welche Anwendungen es geben wird. Deutschland setzt zu Recht auf Wettbewerb und nicht auf Dirigismus. Die Marktwirtschaft ist hier das richtige Grundprinzip. Man mag zwar einen Anspruch auf einen Glasfaseranschluss in einen Koalitionsvertrag schreiben. Am Ende muss es aber auch realistisch sein”.

Deutschland braucht Glasfaser

Ob ein (staatliches) Deutschlandglasfasernetz sinnvoll wäre? Zentral koordiniert und losgelöst von den Netzbetreibern? Jedes Haus und jede Firma braucht ja nur einen Anschluss, findet das Handelsblatt.

Hier widerspricht Homann. „Auch hier gibt es inzwischen unzählige Anbieter. Wir sind an einem Punkt, an dem wir das Rad nicht mehr zurückdrehen können. Insofern stellt sich die Frage nicht.”

Für Homann ist das aufgrund seiner Anfang 2022 endenden Amtszeit vermutlich kein persönliches Thema mehr. Aber ein Nachfolger wird dies als Erstes auf dem Tisch haben.

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