Ubuntu

Ubuntu Touch: Mobiles Linux-Betriebssystem

Mit den Modellen des Volla Phone stehen auf Privat­sphäre spezia­lisierte Geräte mit vorin­stal­liertem Ubuntu Touch zur Verfü­gung. Darüber hinaus gibt es einige Geräte, die eine nach­träg­liche Instal­lation unter­stützen. Wir zeigen Ihnen alles Wich­tige zum Betriebs­system.
Von Julian Ruecker /

Mit Ubuntu Touch wird ein weiterer Versuch unter­nommen, das beliebte Linux-Betriebs­system auch auf mobilen Endge­räten zu ähnli­chem Erfolg zu bringen. Wie der Name bereits vermuten lässt, wird das Haupt­augen­merk auf Geräte mit Touch­screen gelegt, also vor allem Smart­phones und Tablets. Entwi­ckelt und gepflegt wird das Projekt von der UBports-Commu­nity, einem von Cano­nical und Ubuntu voll­ständig unab­hän­gigen Zusam­men­schluss von Frei­wil­ligen. Das ursprüng­liche Ziel von Cano­nical - Konver­genz - wird jedoch weiterhin verfolgt.

Das UBports-Projekt wurde 2015 von dem Norweger Marius Gripsgård gegründet. 2017 stellte Cano­nical die Entwick­lung ein und UBports führt seitdem die Entwick­lung weiter. 2019 wurde die UBports Founda­tion, eine gemein­nüt­zige rechts­fähige Stif­tung des deut­schen Rechts mit Sitz in Berlin, gegründet. Ihre Aufgabe ist die recht­liche, finan­zielle und orga­nisa­tori­sche Unter­stüt­zung bei der Entwick­lung und die Verbrei­tung des Betriebs­sys­tems.

Obwohl Ubuntu Touch speziell für Smart­phones und Tablets konzi­piert ist, zielt die Entwick­lung - wie schon bei Ubuntu for Phones - auch auf den Einsatz als Desktop-Umge­bung ab. So soll es möglich sein, beispiels­weise ein Smart­phone aus der Tasche zu nehmen und an Desktop-Peri­pherie anzu­schließen, ohne dass der Benutzer einen Unter­schied merkt oder es zu einer Unter­bre­chung seiner bis dahin ausge­führten Tätig­keiten kommt. Dieses Konver­genz-Konzept steht nach wie vor im Mittel­punkt der Entwick­lung von Ubuntu Touch.

Unter­stützte Geräte und Apps

Ubuntu Touch: Mobiles Linux-Betriebssystem Ubuntu Touch: Mobiles Linux-Betriebssystem
Screenshot: teltarif.de, Quelle: ubports.com

Ubuntu-fähige Smart­phones

Es exis­tieren bereits eine Reihe von Geräten, auf denen Ubuntu Touch instal­liert werden kann. Unter den promo­teten Geräten finden sich die Smart­phones Volla Phone 22, Volla Phone X, Volla Phone X23, Fair­phone 2, Google Nexus 5, OnePlus One und Pine­phone. Als einziges komplett unter­stütztes Tablet wird das Aquaris M10 von BQ gelistet, das PineTab von PINE64 wird promotet. Daneben wird Ubuntu Touch auch für viele weitere Geräte ange­boten, aller­dings noch nicht für alle Geräte als offi­zielle stabile Version. Einzig die vier Modelle Volla Phone, Volla Phone X, Volla Phone 22 und Volla Phone X23 können mit vorin­stal­liertem Ubuntu-Touch-Betriebs­system erworben werden. Die Geräte der X-Serien warten gegen­über den Vorgän­gern mit einigen Neue­rungen auf. Bei Wahl der Betriebs­sys­tems VollaOS ist ein App-Locker mit an Bord, der in der Lage sein soll, Apps und die Internet-Verbin­dung zu blockieren und somit u. a. die Instal­lation von Malware zu verhin­dern. Das Volla Phone X23 ist nun schon das zweite Gerät mit Multi-Boot-Funk­tion, die stan­dard­mäßig enthalten ist. Per System-Einstel­lung können mehrere zusätz­liche Betriebs­systeme instal­liert und somit getestet werden. Der interne Geräte-Spei­cher wurde im Vergleich zum Vorgänger von 128 GB auf nur noch 64 GB redu­ziert. Aller­dings können microSD-Spei­cher­karten mit einer Größe von bis zu 1 TB statt vormals 512 GB den internen Spei­cher deut­lich erwei­tern. Weitere Geräte-Daten können in unserer Daten­bank in Erfah­rung gebracht werden.

UBports-App im OpenStore UBports-App im OpenStore
Screenshot: teltarif.de, Quelle: open-store.io

Wie bei mobilen Betriebs­sys­temen üblich, wird auch Ubuntu Touch mit vorin­stal­lierten Apps ausge­lie­fert. Dazu gehören solch grund­legende Anwen­dungen wie Kalender, Uhr, Kontakte und, da es sich um ein Linux-Betriebs­system handelt, auch ein voll ausge­stat­teter Datei­browser und Terminal. Im eigenen Ubuntu-Touch-Apps­tore (OpenStore) sind viele weitere Apps erhält­lich. Hier wird zwischen klas­sischer App und Web-App bzw. Web-App+ unter­schieden. Verfügbar sind beliebte Apps wie Tele­gram, WhatsApp, Onion Browser, Twitter, YouTube, Face­book und Signal.

Mit PureOS steht übri­gens ein weiteres Linux-Betriebs­system zur Verfü­gung, das u. a. im Purism Librem 5 einge­setzt wird.

Der Vorläufer: Ubuntu for Phones

Ubuntu for Phones war die bishe­rige Smart­phone-Vari­ante des Open-Source-Betriebs­sys­tems Ubuntu. Die Soft­ware nutzte das bereits vom Desktop bekannte Design der Unity-Benut­zerober­fläche. Im Jahr 2013 hatte Cano­nical Ubuntu for Phones auf der Elek­tronik­messe CES offi­ziell vor­gestellt. Danach waren Smart­phones mit Ubuntu for Phones in verschie­denen Preis­klassen erschienen. Im April 2017 wurde dann das Aus für das Projekt bekannt gegeben.

Ubuntu-Smart­phones

Das erste Smart­phone mit vorin­stal­liertem Ubuntu-Betriebs­system war das BQ Aquaris E4.5, das im Jahr 2015 für rund 170 Euro auf den Markt kam. Es folgte das BQ Aquaris E5 HD. Beide Modelle waren zu dieser Zeit preis­günstige Einsteiger-Smart­phones mit eher durch­schnitt­licher Hard­ware.

Im Juni 2015 erschien die Ubuntu Edition des deut­lich leistungs­stärkeren Smart­phones MX4 des chine­sischen Her­stellers Meizu. Später folgte das Meizu Pro 5 mit Acht­kern-Prozessor und 3 GB RAM. Mit ihm war erst­mals ein echtes Highend-Smart­phone mit vor­installiertem Ubuntu-Betriebs­system verfügbar.

Scopes: Mehrere Apps in einer Über­sicht

Im Zentrum von Ubuntu for Phones standen die Scopes-Start­bild­schirme. Hierbei handelte es sich nicht um eigene Apps, sondern um vorge­fer­tigte Karten, die Entwickler mit Inhalten versehen konnten. Sie funk­tio­nierten wie einzelne Home­screens zu verschie­denen Themen. Der Today Scope infor­mierte über aktu­elle Kurz­mit­tei­lungen und Anrufe, Kalen­der­ein­träge, News oder das Wetter. Der NearBy Scope empfahl Konzerte oder Restau­rants in der Umge­bung.

Außerdem gab es einen Apps Scope mit allen instal­lierten Anwen­dungen, einen News Scope, der Nach­richten aus verschie­denen Quellen anzeigte, sowie Scopes für Musik oder Fotos. Über die Scopes hatte der Nutzer direkten Zugriff auf verschie­dene Arten von Inhalten, ohne dass er dazu unter­schiedliche Apps öffnen musste.

Ubuntu for Phones setzte auf Wisch­gesten

Bei der Bedie­nung setzte Ubuntu for Phones vor allem auf Wisch­gesten. Ein Wisch von links nach rechts brachte eine Leiste mit den am häufigsten genutzten Programmen hervor. Ein Wisch vom oberen Bild­schirm-Rand nach unten zeigte die Benach­rich­tigungen und Telefon-Konfi­gura­tionen an. Eine lange Wisch­geste von rechts nach links zeigte die bereits geöff­neten Anwen­dungen an. Eine kurze Wisch­geste von rechts nach links erlaubte es, zwischen Anwen­dungen zu wech­seln. Am unteren Bild­schirm-Rand konnte der Nutzer das Menü zur Bedie­nung der jeweils aktiven App nach oben ziehen.

Nur wenige Apps waren verfügbar

Wie bei vielen jungen Systemen mangelte es Ubuntu for Phones an verfüg­baren Apps. Einige bekannte Anwen­dungen waren zwar bereits erhält­lich - so zum Beispiel Twitter, Face­book, eBay, Sound­cloud und YouTube. Mit der App-Auswahl von Android oder iOS war Ubuntu for Phones aber selbst­verständlich nicht zu verglei­chen.

Bei seinem Smart­phone-Betriebs­system setzt Cano­nical auf univer­selle Apps, die nicht speziell für Ubuntu for Phones entwi­ckelt werden mussten. Viel­mehr konnten Desktop-Apps mithilfe der Soft­ware-Umge­bung gleich für Smart­phones mitge­schrieben werden. Ausdrück­lich unter­stützt wurden Anwen­dungen, die mithilfe der offenen HTML5-Technik entwi­ckelt wurden.

Ubuntu-Smart­phones sollten als Desktop-Ersatz wirken

Ubuntu for Phones sollte bereits damals über die Einsatz­mög­lich­keiten übli­cher Smart­phones hinaus gehen. Das Stich­wort hieß Conver­gence: In Verbin­dung mit zusätz­lichen Geräten wie Monitor, Tastatur und Maus sollte das Handy als Desktop-PC-Ersatz funk­tionieren können.

Wurde das Smart­phone also an einen Monitor ange­schlossen, erschien dann der Unity-Desktop auf dem Bild­schirm. Ziel war eine einheit­liche Benut­zerober­fläche auf Smart­phone, Tablet und Laptop, die die Bedie­nung verein­fachen sollte, ohne dabei die Beson­der­heiten der jewei­ligen Platt­form zu vernach­lässigen.