Abgezockt

Handy-Abofallen: Ein Wisch zur hohen Rechnung

Schon ein Finger­tipp auf ein Werbe­banner kann unge­wollt ein Abo auslösen, das dann über die Handy­rech­nung abge­bucht wird. Gibt es einen wirk­samen Schutz vor solchen Fallen und Betrü­gereien?
Von dpa /

Abofallen auf dem Handy Abofallen auf dem Handy
Bild: dpa, Bearbeitung: teltarif.de
Nur ein kurzer Fingerwisch, und es stehen 20 Euro mehr als üblich auf der Mobil­funk­rech­nung - für Hinter­grund­bilder, Spiel­chen oder gar Klin­geltöne. Und das alles, weil man angeb­lich ein Abo abge­schlossen hat. Kann das sein? "Oft können wir nicht heraus­finden, wie das Abo zustande kam", sagt Tom Janneck von der Verbrau­cher­zentrale Schleswig-Holstein. "Dass sie gerade einen Vertrag abschließen, haben Verbrau­cher gar nicht erkannt."

In eine Abofalle tappt man meist unbe­merkt. Erst die Handy­rech­nung lässt aufmerken. "Diese Abos laufen meist im Wochen­rhythmus und kosten gerne 4,99 Euro", erklärt Theodor Pischke von der Zeit­schrift "Finanz­test". "Am Monats­ende stehen bereits 20 Euro auf der Rech­nung, bevor der Kunde etwas von seinem unge­wollten Vertrag bemerkt." Warum das geht? - Leis­tungen von Dritt­anbie­tern können auch per Handy­rech­nung bezahlt werden. Dabei wird der Nutzer per Handy­nummer iden­tifi­ziert.

Redi­rect-Verfahren sollte mehr Sicher­heit bringen

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Damit ein Vertrag gilt, muss der Verbrau­cher einen Button mit "zahlungs­pflichtig bestellen" oder "jetzt kaufen" ankli­cken - das sind dieselben Regeln, die auch für Bestel­lungen am Rechner gelten, erklärt Janneck. Daran halten sich seriöse Anbieter auch, etwa beim Bezahlen von Park­tickets - jedoch nicht die Betrüger.

Als Reak­tion auf Probleme mit unse­riösen Dritt­anbie­tern haben die Mobil­funk­anbieter 2016 das Redi­rect-Verfahren einge­führt. Geht es um ein Abo oder einen Kauf, wird der Nutzer von der Seite des Dritt­anbie­ters weg und zu einer Provider-Bezahl­seite geleitet.

Hier muss der Käufer noch­mals bestä­tigen, dass er wirk­lich einen Vertrag schließen möchte. Vor allem wenn es sich um ein Abo handelt, soll der Nutzer im Rahmen des Verfah­rens zudem noch eine Bestä­tigungs-SMS erhalten. Handy­anbieter, die sich in der "Clean Market Initia­tive" zusam­menge­schlossen haben, prüfen nach eigenen Angaben zusätz­lich, welchen Unter­nehmen sie die Abrech­nung über die Mobil­funk­rech­nung erlauben.

Buttons oft hinter Texten oder Bildern versteckt

"Seit die Mobil­funk­anbieter das Redi­rect-Verfahren anwenden, scheint es mehr Sicher­heit für die Verbrau­cher zu geben", sagt Janneck. Doch aller Sicher­heits­maßnahmen zum Trotz hat sich das Problem noch nicht erle­digt. "Ob oder wie die Dritt­anbieter die Mecha­nismen umgehen können, das wissen wir nicht", sagt der Verbrau­cher­schützer. Und die "Clean Market Initia­tive" selbst gibt keine Auskunft dazu. Sie verweist nur darauf, ihre Prüf­verfahren weiter verbes­sern zu wollen.

Janneck jeden­falls beob­achtet eine Verschie­bung der Proble­matik: "In der Vergan­genheit löste beispiels­weise ein Klick auf ein Werbe­banner ein Abo aus oder der Versuch, das Banner wegzu­klicken." Bei aktu­elleren Fällen hätten viele Verbrau­cher glaub­haft berichtet, dass sie gar nichts gemacht haben, sondern einfach eine Bestä­tigungs-SMS über ein Abo erhielten. Einen mögli­chen Grund dafür kennt die Bundes­netz­agentur: Die Buttons seien oft hinter Texten oder Bildern versteckt und würden gar nicht bemerkt.

Wer einen unbe­kannten Posten auf der Handy­rech­nung entdeckt, sollte schnell handeln. In der Regel hat der Kunde für Bean­stan­dungen acht Wochen Zeit. "Erst mal muss er dafür heraus­finden, wer denn eigent­lich das Abo veran­lasst hat. Denn das Geld zieht meist ein zusätz­licher Zahlungs­dienst­leister ein, dadurch wird das alles sehr unüber­sicht­lich", erklärt Pischke. Manchmal findet sich auf der Rech­nung aber eine Kontakt­infor­mation, über die sich das Unter­nehmen heraus­finden lässt. Beim Dritt­anbieter sollte der Handy­besitzer dem Vertrag wider­spre­chen und das Geld zurück­fordern.

Zunächst unbe­strit­tene Rech­nungs­posten bezahlen

Gleich­zeitig sollte an den Mobil­funk­anbieter ein Brief gehen, der auf den Wider­spruch hinweist und auch von ihm das Geld für das Abo zurück­fordert. Weil die Probleme mit Dritt­anbie­tern am Image der Mobil­funk­unter­nehmen kratzen, zeigten diese sich häufiger kulant, so die Erfah­rung von Pischke. "Wurde das Geld schon abge­bucht, kann es aller­dings sein, dass es weg ist", sagt Theodor Pischke. Wer seine Handy­rech­nung per Last­schrift bezahlt, könne den zu Unrecht einge­zogenen Betrag aber zurück­buchen. "Was man nicht bestellt hat, muss man nicht zahlen." Ledig­lich die Summe der regu­lären bezie­hungs­weise unbe­strit­tenen Rech­nung müsse der Kunde beglei­chen.

Von Mahn­verfahren sollte man sich nicht einschüch­tern lassen. "Im Zweifel muss der Dritt­anbieter den Abschluss des Abos nach­weisen", sagt Janneck. "Das fällt denen aber oft schwer, die Unter­nehmen können nicht benennen, was konkret der Nutzer bestellt hat."

Geschützt durch Dritt­anbie­tersperre

Derzeit arbeitet die Bundes­netz­agentur einem Spre­cher zufolge daran, ein einheit­liches Verfahren für das Bezahlen über die Handy­rech­nung fest­zulegen. Dadurch soll künftig der Verbrau­cher besser geschützt werden. Echten Schutz bietet bis dahin nur die Dritt­anbie­tersperre, die der Mobil­funk­anbieter auf Anfrage kostenlos einrichten muss.

Oft funk­tioniert das unkom­pliziert im Online-Kunden­bereich, manchmal muss man die Hotline anrufen. In jedem Fall ist danach das Bezahlen über die Handy­rech­nung nicht mehr möglich. Bei einigen Anbie­tern lässt sich die Sperre auch ausdif­feren­zieren. Dann sind etwa Abrech­nungen aus der Kate­gorie Erotik, Spiele oder Klin­geltöne gesperrt, das nütz­liche Park­ticket lässt sich aber weiterhin bezahlen.

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