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Massiver Hackerangriff auf franz­ösischen Präsidentschaftskandidaten

Die Schlammschlacht im französischen Wahlkampf geht weiter: Kandidat Macron ist offenbar Opfer eines Hackerangriffs geworden. Ob alle veröffentlichten Unterlagen echt sind, ist unklar.
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

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Der Favorit im Wahlduell um die französische Präsidentschaft, Emmanuel Macron, ist zum Ziel eines groß angelegten Hackerangriffs geworden. Unmittelbar vor der finalen Abstimmung an diesem Sonntag gelangten Tausende Dokumente seiner Mitarbeiter ins Internet. Macrons Bewegung "En Marche!" sprach von einer "massiven und koordinierten" Attacke. Es seien schon vor Wochen erbeutete E-Mails, Verträge sowie andere interne Dokumente eingestellt worden. Nach Angaben der Enthüllungsplattform Wikileaks, die das Material verlinkte, beträgt der Umfang rund neun Gigabyte, es handele sich um Zehntausende Dokumente. Wer hinter dem Cyberangriff steckt, blieb zunächst unklar.

Die Umgebung Macrons schaltete die Nationale Kommission zur Kontrolle des Wahlkampfs (CNCCEP) ein, die in der Nacht zum Samstag ebenfalls von einem Computerangriff sprach. Sie warnte Medien davor, über Inhalte aus den Unterlagen zu berichten. Ein Teil sei wahrscheinlich gefälscht, und die Verbreitung unwahrer Informationen könne strafrechtlich verfolgt werden.

Der 39-jährige frühere Wirtschaftsminister und Investmentbanker geht laut Umfragen als Favorit in die Stichwahl. Ihm werden bis zu 62 Prozent der Stimmen zugetraut, seine Konkurrentin Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National (FN) kommt auf rund 38 Prozent. Im Gegensatz zu Le Pen vertritt Macron eine EU-freundliche Linie.

Auch Clinton verlor nach Wikileaks-Veröffentlichung

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Aus Macrons Bewegung hieß es, es gehe darum, "En Marche!" zu schaden und die Wahl zu destabilisieren. Ziel sei eine "Destabilisierung der Demokratie, wie man es schon in den USA beim letzten Präsidentschaftswahlkampf gesehen hat". Dort hatten Wikileaks-Veröffentlichungen kurz vor der Wahl im November der favorisierten Demokratin Hillary Clinton schwer zugesetzt. Letztlich verlor Clinton überraschend gegen Donald Trump.

Die zweite Wahlrunde in Frankreich gilt wegen Le Pens Anti-EU-Kurs als Richtungsentscheidung für den ganzen Kontinent. Sie will das Land aus dem Euro führen und über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen.

Schon im April Berichte über Hackerangriff

"En Marche!" hatte Ende April unter Berufung auf die IT-Sicherheitsfirma Trend Micro berichtet, Macrons Wahlkampagne sei Ziel der Hackergruppe "Pawn Storm" geworden. Westliche IT-Sicherheitsfirmen vermuten dahinter eine Gruppe mit mutmaßlicher Nähe zu russischen Geheimdiensten, die auch hinter Hackerangriffen auf den Parteivorstand der US-Demokraten und die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel stecken soll.

Der offizielle Wahlkampf war in der Nacht zu Ende gegangen. Am Samstag gelten strikte Beschränkungen. So dürfen keine Umfragen mehr veröffentlicht werden, auch dürfen sich Macron und Le Pen nicht mehr in elektronischen Medien äußern.

Kurz vor Mitternacht schrieb der stellvertretende FN-Chef Florian Philippot noch auf Twitter: "Werden wir durch die #MacronLeaks Dinge erfahren, die der investigative Journalismus absichtlich verschweigt? Schrecklich, dieser demokratische Schiffbruch." Die Enthüllungen spielten - offensichtlich auch wegen Medien-Beschränkungen - am Samstag keine vorherrschende Rolle in französischen Medien. In den Frühnachrichten des Senders Franceinfo kam das Thema nicht vor.

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