Mecklenburg-Vorpommern: 4-5 Jahre Vorsprung bei Glasfaser
Spatenstich auf Hiddensee: ein Beispiel dafür, wohin ein Großteil der Bundesfördermittel für den Breitbandausbau floss
ZWAR
Strahlende Gesichter in der Konditorei Peters, denn einen Landesminister hat man nicht jeden Tag im Laden stehen. Christian Pegel, in Mecklenburg-Vorpommern zuständig für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung, nimmt ein mit Bundesfördermitteln errichtetes Glasfasernetz in Betrieb. Gebaut hat es der Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen (ZWAR). Betreiben wird es die Kabel & Satellit Bergen Kommunikationstechnik GmbH. Nach dem Termin geht es weiter nach Hiddensee, wo der erste Spatenstich für ein weiteres Netz gefeiert wird – ebenfalls durch Bundesmittel gefördert.
So geschehen Mitte Juni. Zweieinhalb Jahre zuvor hat der ZWAR im Rahmen des Breitbandförderprogramms von Ex-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den Förderantrag gestellt. Mecklenburg-Vorpommern war zur Überraschung vieler Experten der große Abräumer des Programms. Über 800 Millionen Euro, rund ein Viertel der gesamten Fördersumme, geht an die Ostsee. Als Folge findet hier die von Dobrindt oft zitierte Dynamik im Breitbandausbau tatsächlich statt.
Spatenstich auf Hiddensee: ein Beispiel dafür, wohin ein Großteil der Bundesfördermittel für den Breitbandausbau floss
ZWAR
Minister Pegel: „Ein Husarenritt“
Auf dem Breitbandkongress des Fachverbands Rundfunk und BreitbandKommunikation (FRK) erklärte Digitalminister Pegel, wie sein Ministerium die Mammutaufgabe Breitbandversorgung trotz widriger Voraussetzungen angegangen ist. Zum Start des Förderprogramms konnte nur die Hälfte der Bevölkerung mit 50 MBit/s oder mehr im Internet surfen. In ländlichen Regionen waren es sogar nur knapp 15 Prozent. „80 Prozent unserer Gemeinden haben 1000 oder weniger Einwohner“, sagt Pegel. „Uns war schnell klar, dass sie mit der Antragsstellung überfordert sein würden.“ Allerdings verlangte der Bund, dass ausschließlich Kommunen Fördergelder beantragen könnten. Pegel holte die Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern an seine Seite und überzeugte Berlin davon, dass es lohnenswerter sei, wenn die Kreise Fördergelder beantragen.
„Unser Ziel war es, 200 Millionen Euro an Förderung zu erhalten, also rund zehn Prozent“, erklärt Pegel. Dafür sollten die sechs Landkreise zunächst 18 Anträge beim Bund stellen. Letztendlich wurden es 24 Anträge, die Hälfte im ersten Aufruf für das Dobrindt-Programm. Vom Erfolg motiviert stellte Mecklenburg-Vorpommern im zweiten Aufruf 53 weitere Förderanträge. „Ein Husarenritt angesichts der Anforderung und der knappen Zeit, die uns bis zum nächsten Aufruf zur Verfügung stand“, erinnert sich Minister Pegel.
Letztendlich war das Land über alle Aufrufe hinweg 93 Mal erfolgreich und strich 832,4 Millionen Euro vom Bund ein. Land und Kommunen geben insgesamt noch einmal knapp eine halbe Milliarde Euro dazu, sodass Mecklenburg-Vorpommern für den Breitbandausbau in 93 Projektgebieten insgesamt 1,3 Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung stehen. „Unser Vorteil war auch, dass das Bundesverkehrsministerium zum ersten Mal direkt gefördert hat“, erklärt Pegel. Bislang wurden Fördermittel anhand des sogenannten Königsteiner Schlüssels unter den Bundesländern verteilt, bei dem Mecklenburg-Vorpommern schlechter weggekommen wäre.
Projekte für Mittelständler
Der „Frühstart“ hat sich für das Land gelohnt. Pegel schätzt, dass er gegenüber anderen Bundesländern vier bis fünf Jahre Vorsprung hat. Derzeit graben in 31 Ausbaugebieten die Bagger oder die Verträge sind bereits unter Dach und Fach. Das Besondere dabei: Es wird ausschließlich mit FTTB/H ausgebaut. Die Projektgebiete wurden so gewählt, dass sich auch mittelständische Unternehmen bewerben konnten. „An neun Projekten ist die Deutsche Telekom beteiligt, in den übrigen werden die Netze durch Mittelständler errichtet oder betrieben“, erläutert Pegel. Bis 2021 sollen die 1,3 Milliarden verbaut sein. Laut Prognose aus Pegels Ministerium könnte die Verfügbarkeit von 50 MBit/s und mehr von 60,5 auf fast 86 Prozent steigen. Dass der SPD-Politiker beim Breitbandausbau besonders an den ländlichen Raum gedacht hat, zeigt die Prognose. Der Versorgungsgrad von knapp 23 Prozent mit mehr als 50 MBit/s soll auf über 94 Prozent steigen. „Wir wollen den ländlichen Raum wieder lebenswert machen“, ergänzt Pegel.
Mecklenburgs-Vorpommern Digitalminister Christian Pegel erklärte auf dem FRK-Kongress, wie sein Land über 1,3 Milliarden Euro an Fördergelder für den Breitbandausbau einsetzt
FRK
Der Digitalminister betonte auf dem FRK-Kongress die große Bedeutung des Breitbandausbaus für sein Land: „Die Energiewende werden wir ohne Glasfaser und ihre geringen Latenzen nicht bewerkstelligen“. Ebenso werden Hotels und Freizeiteinrichtungen ihren Gästen schnelle und stabile Internetverbindungen anbieten müssen. „Gerade der Tagungstourismus spielt in Mecklenburg-Vorpommern eine große Rolle“ sagt Pegel. Und natürlich soll die Verwaltung digitalisiert werden. Für diese Vorhaben hat der Sozialdemokrat in seinem Ministerium ein Expertenteam aus Mitarbeitern zusammengestellt, die aus unterschiedlichen Landesministerien stammen, damit das Thema Digitalisierung nicht im Kompetenzgerangel unter die Räder kommt. Mecklenburg-Vorpommern ist hoch motiviert, den Vorsprung im Breitbandausbau für Wirtschaftswachstum und die Wiederbelebung des ländlichen Raums zu nutzen.