Themenspecial Breitband-Internet Voll auf Glas

Bundesregierung will nur noch Glasfaser-Ausbau fördern

Die gerade neu gestartete Bundesregierung setzt voll auf Glasfaser. Für kupferbasierte Technik soll es keine Fördergelder mehr geben.
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Keine Födergelder mehr für Breitband per Kupfer Keine Födergelder mehr für Breitband per Kupfer
Foto: M-net, Logo: Breko, Grafik/Montage. teltarif.de
Bei der neu gestarteten Bundesregierung scheint ein Umdenkprozess hinsichtlich des Breitband-Netzausbaus stattzufinden. Der künftige Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat im ZDF [Link entfernt] eine neue Breitband-Förderstrategie angekündigt. Demnach sollen künftig nur noch reine Glasfaser-Ausbauprojekte förderfähig sein. Vor allen Dingen sollen keine Fördergelder mehr für den Breitbandausbau über kupferbasierte Übergangstechnologien wie VDSL (Super-) Vectoring ausgegeben werden.

Braun: Vectoring fördern wir nicht

Keine Födergelder mehr für Breitband per Kupfer Keine Födergelder mehr für Breitband per Kupfer
Foto: M-net, Logo: Breko, Grafik/Montage. teltarif.de
Braun im ZDF wörtlich: „Wir fördern in Zukunft nur noch Glasfaser. Die Sorge, dass wir Kupferkabel fördern, dass wir Vectoring finanzieren mit staatlichen Mitteln - das tun wir nicht. (…) Auf alter Technologiebasis weiterzuarbeiten, das halten wir nicht für richtig.“ Braun spricht aber von 50 MBit/s, dabei leisten heutiges VDSL schon 100 MBit/s und mittels Super-Vectoring sind technisch sogar 200 bis 250 MBit/s möglich. Im Labor haben Hersteller wie Nokia (vormals Alcatel-Lucent) der Presse bereits gezeigt, dass selbst Gigabit pro Sekunde über kurze Kupferkabel möglich sind.

BREKO begrüßt Initiative

Der Fachverband BREKO, in dem zahlreiche Anbieter von glasfaserbasierten Breitbandnetzen zusammengeschlossenen sind, begrüßte die Ankündigung Brauns ausdrücklich. „Wir haben uns schon vor der Bundestagswahl ganz klar positioniert: Für kupferbasierte Übergangslösungen wie (Super-) Vectoring darf es keinen Cent an Fördergeldern mehr geben“, so BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. „Gleichwohl darf die Vergabe öffentlicher Mittel für den Glasfaserausbau immer nur das letzte Mittel darstellen, wenn ein Ausbau sonst auf absehbare Zeit nicht wirtschaftlich realisiert werden kann. Eine ‚Flutung‘ des Markts mit Fördermitteln verdrängt den eigenwirtschaftlichen Ausbau im Wettbewerb und wäre damit sogar kontraproduktiv für einen schnellen, flächendeckenden Glasfaserausbau. Wir brauchen in Deutschland ein eindeutiges Glasfaser-Infrastrukturziel der Bundesregierung, um Rechts- und Planungssicherheit für all diejenigen Unternehmen zu schaffen, die Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude ausbauen und damit die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sichern.“

Altprojekte auf Glasfaser (FTTH/FTTB) upgraden

Der BREKO Verband spricht sich dafür aus, dass die neue Bundesregierung auch ihre vor kurzem bekanntgewordenen Pläne zum „Förder-Upgrade“ umsetzt. Ziel ist es demnach, bislang noch in der Planungsphase oder noch in der Ausschreibung befindliche („Alt“-) Förderprojekte im Rahmen des Breitbandförderprogramms des Bundes, die noch auf kupferbasierte Internetanschlüsse (VDSL / VDSL Vectoring, Koax-Kabel) setzen, zu reinen Glasfaser-Ausbauprojekten (Glasfaser bis ins Gebäude oder bis direkt in die Wohnung – FTTB/FTTH) „upzugraden“.

Werden noch in der Planungsphase oder Ausschreibung befindliche – also noch nicht final an einen Netzbetreiber vergebene – Ausbauprojekte, die ursprünglich nur als (kupferbasierte) FTTC-Projekte geplant waren, nun doch noch zu reinen Glasfaser-Ausbauprojekten aufgewertet, werden Haushalte und Unternehmen mit der besten digitalen Infrastruktur erschlossen. Albers: „Auch die Idee des ‚Förder-Upgrades‘ hin zu reinen Glasfaseranschlüssen zahlt auf den von allen Beteiligten gewünschten und im Koalitionsvertrag gewollten ‚Netzinfrastrukturwechsel zur Glasfaser‘ bis 2025 ein und sollte daher unbedingt in die Tat umgesetzt werden.“

Theorie und Praxis

Wie schnell diese hehren Ziele in die Praxis umgesetzt werden können, ist im Moment noch unklar, denn notwendige Tiefbaukapazitäten (also Baufirmen, die Gräben ausheben können) sind am Markt derzeit kaum zu bekommen. Die Glasfaser wird sicherlich näher an die Häuser heranrücken, aber jeder Grundstückseigentümer und Hausbesitzer muss erneut zustimmen, damit Glasfaser auf seinem Grundstück und in die Häuser gelegt werden darf. Wo komplizierte Eigentumsverhältnisse vorherrschen, kann es an fehlenden Unterschriften oder Wartezeiten auf die nächste Eigentümerversammlung scheitern. Bei großen Mietwohnungskomplexen befindet sich oft schon eine Breitbandfernsehverkabelung auf Kupfer-Koaxbasis im Haus, die über das Nebenkostenprivileg besondere Vorteile genießt. So könnte der Hausverwalter/Vermieter die Verlegung von neuer Glasfaser in den Häusern komplett untersagen oder stark behindern.

Neuanschlüsse könnten teurer werden

Häuslebauer, die frisch gebaut haben und einen brandneuen Telefon/Internet-Anschluss möchten, müssen unter Umständen mit höheren Einmal-Kosten für die Verlegung von Glasfaser ins Haus rechnen, sofern der Basisanschluss im Zuge von Promotion-Aktionen nicht kurzzeitig kostenlos oder ohne Mehrpreis gegenüber Kupfer angeboten wird.

Einen Verteilerkasten auf der Straße mit Glasfaser zu erschließen, ist oft einfacher, als jedes Haus oder gar jede Wohnung zu erreichen. Man darf gespannt sein, wie die neue Bundesregierung dieses Dilemma auflösen wird. Die Gefahr besteht, dass am Ende vor Ort gar nichts passiert, weil die Verlegung von Glasfaser nicht möglich und Übergangstechnologien wie kupferbasiertes VDSL „nicht erwünscht“ sind.

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