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Was ist eigentlich mit - Videotext?

Der Videotext mit seiner Klötzchen-Grafik ist out? 41 Millionen Nutzer des ARD-Textes jährlich sind da wohl anderer Ansicht. Wir blicken zurück auf die Geschichte des Dienstes und verraten, wie der Videotext ins Smartphone-Zeitalter gerettet wurde.
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Der Videotext der ARD Der Videotext der ARD
Bild: ARD
Für viele Fernsehzuschauer ist der Videotext mit seiner klötzchenartigen Bilddarstellung ein echtes Relikt der 1980er-Jahre, das optisch an Btx und die Computergrafik-Darstellung in diesem Jahrzehnt erinnert. Im Zeitalter des (mobilen) Internet, in dem jeder ohnehin mit einem "second screen" (Smartphone oder Tablet) vor dem Fernseher sitzt, scheint der Dinosaurier Videotext altmodisch zu sein - doch ist er das wirklich?

Der Videotext der ARD Der Videotext der ARD
Bild: ARD
Außer einem kurzen Rückblick auf die Geschichte des Videotextes gehen wir darauf ein, wie viele Menschen den Videotext tatsächlich heute noch tagtäglich nutzen - und wie die Klötzchen-Texte sogar im Smartphone-Zeitalter angekommen sind.

So funktioniert der Videotext

In technischer Hinsicht ist der Videotext schnell erklärt. Beim analogen Fernsehen gab es so genannte Austastlücken. In diesen Austastlücken erfolgt der Zeilen- und Bildwechsel innerhalb der Bildröhre. Das Austastsignal unterbricht das Fernseh- oder Videobild während des Zeilenrücklaufs ganz kurz, wenn der Strahl von einem Zeilenende an den Zeilenanfang zurückgestellt wird. Eine kurze Unterbrechung findet auch beim Bildwechsel statt, wenn der Strahl nach Beendigung eines Halbbildes vom unteren Bildende zum oberen Bildanfang gestellt wird. Die Videotext-Seiten werden in dieser Lücke praktisch in einer Endlosschleife gesendet und lassen sich auf einem speziellen Speicherchip im Fernseher ablegen. Dies gab es in der Anfangszeit allerdings nur bei sehr teuren Fernsehermodellen, da Speicher noch teuer war.

ZDF-Videotext mit Webnavigation rechts ZDF-Videotext mit Webnavigation rechts
Bild: ZDF
Ab den 1970er Jahren dachten Techniker und TV-Sender darüber nach, dass man diese Austastlücken eigentlich für die Übertragung von Zusatzinformationen nutzen könnte. 1974 startete die BBC den "U. K. Teletext Standard". 1979 schlug in Deutschland die "Technische Kommission ARD/ZDF" einen Probebetrieb für den Teletext vor. Dieser startete dann am 1. Juni 1980 unter der Bezeichnung "Videotext", um dann zehn Jahre später - also 1990 - in den Regelbetrieb zu gehen. Vorführung des Videotext-Systems auf der IFA 1979 Vorführung des Videotext-Systems auf der IFA 1979
Bild: dpa

Was machte den Videotext so beliebt?

Fast alle öffentlich-rechtlichen und viele private Sender verfügen mittlerweile über einen Videotext. Seit der Anfangszeit waren die Texttafeln deswegen so beliebt, weil sie eine unerlässliche Ergänzung zum linear "vorbeirauschenden" TV-Programm waren. Hatte man beispielsweise nur drei Programme und kein Aufzeichnungsgerät, bildete der Videotext die einzige Möglichkeit, am Fernseher die aktuellen Nachrichten zu lesen, wenn gerade auf keinem Sender eine Nachrichtensendung lief. Auch die Wettervorhersage, die Lottozahlen und programmbegleitende Infos gehörten früh zu den wichtigsten Informationen im Videotext.

Call-by-Call-Ortsnetztarife im ZDF-Videotext Call-by-Call-Ortsnetztarife im ZDF-Videotext
Bild: ZDF
Die einzelnen Tafeln wurden und werden immer noch über die Eingabe eines Zahlencodes über die Fernbedienung aufgerufen - auch das war eine interessante Parallele zu Btx. Typische Nummern im deutschsprachigen Raum sind beispielsweise die 100 für die Startseite oder die 333 als transparentes Overlay zur aktuellen Sendung. Auch sonst hat sich seit 1980 technisch wenig verändert: Nach wie vor gibt es nur 800 Seiten mit Unterseiten, sechs Farben zur Auswahl und 23 Zeilen zu je 40 Zeichen. Eine technische Erweiterung namens HiText ermöglicht 16 Farben, mehr Sonderzeichen und die freie Definition eigener Zeichen zur Gestaltung von höher auflösende "Grafiken" - dies haben aber nicht alle Sender eingeführt.

Später wurden über die Austastlücke übrigens auch noch das VPS-Signal zur Programmierung von Aufzeichnungsgeräten sowie ein elektronischer Programmführer (EPG) gesendet. Heutzutage lässt sich das Teletextsignal bei der digitalen TV-Übertragung per DVB direkt als zusätzlicher Stream in den MPEG-Container einbetten. Eine Art Nachfolgetechnik für den Videotext ist "Hybrid Broadcast Broadband TV" (HbbTV). CbC-Ferngesprächs-Tarife im Prosieben-Videotext CbC-Ferngesprächs-Tarife im Prosieben-Videotext
Bild: ProSieben

Trotz Internet: Der Videotext lebt noch

Weder HbbTV noch das Internet oder soziale Netzwerke konnten den Videotext allerdings bisher von seinem angestammten Platz verdrängen. Die ARD hat beispielsweise mitgeteilt, dass 2015 rund 3,8 Millionen Zuschauer täglich den ARD-Text nutzten. Innerhalb des vergangenen Jahres habe das Angebot über 41 Millionen verschiedene Besucher gezählt. Die beliebtesten Inhalte im ARD-Text seien unverändert die News der "Tagesschau" sowie Sportberichte und Informationen zum TV-Programm.

Der Videotext ist natürlich längst im Internet angekommen und dort auch abrufbar, zum Beispiel unter ard-text.de oder zdftext.de. Dazu wurde eine Bedienmöglichkeit per Maus geschaffen.

Und selbst im Smartphone-Zeitalter ist der Videotext mittlerweile aufgetaucht. Die App "TxtVideo Teletext" für Android zeigt die wichtigsten Videotext-Anbieter auf dem Smartphone an, für iOS gibt es die App "Teletext - Videotext". Die ARD und der rbb haben sogar eine eigene App für ihren Text kreiert, hier sind die Informationen allerdings grafisch neu aufbereitet worden. Beide Angebote gibt es für iOS und Android. Für Windows Phone existiert eine App, die den RTL-Videotext anzeigt. Der Vorteil aller dieser Angebote ist, dass der Nutzer auch bei einer langsamen mobilen Datenverbindung ohne lange Ladezeit meist sehr schnell zu den gewünschten Infos wie zum Beispiel Nachrichten in Textform kommt.

Zu guter Letzt weisen wir noch auf das Angebot von teltarif.de im Videotext hin. Wer gerade vor dem Fernseher sitzt und keinen Zugriff auf das Internet hat, kann die aktuellen Call-by-Call-Tarife per Videotext abrufen. Wie das geht und wo die entsprechenden Videotextseiten zu finden sind, steht auf unserer separaten Ratgeberseite Aktuelle Tarif-Infos von teltarif.de im Videotext.

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