Editorial: WAP-Billing: Überflüssiger Dinosaurier?
WAP-Billing einstellen?
Foto: zamazing.org
Wer erinnert sich noch an WAP? Dieser mobile Datendienst war
der erste zaghafte Schritt in Richtung der mobilen Datenwelt, wie
wir sie mit vielfältigen Apps und mobilen Websites heute auf den
Smartphones nutzen können. Nun, dank langer Ladezeiten, hoher
Kosten und minimalster Inhalte in schwarz/weiß wurde WAP zur
Lachnummer. Erst Jahre später startete die Smartphone-Revolution.
Während WAP bei den Netzbetreibern schon längst wieder abgeschaltet ist und folglich WAP-Handys auch keine Inhalte mehr anzeigen können, hat eine Funktion aus dem damaligen WAP bis heute überlebt: Die Möglichkeit, WAP- (bzw. heute eben Web-)Inhalte über die Mobilfunkrechnung zu bezahlen. Und hier stellt sich die Frage, ob man das WAP-Billing nicht zusammen mit dem WAP-Dienst beerdigen sollte. Denn über WAP-/Web-Billing kommt es unverhältnismäßig oft zu Abrechnungsproblemen.
Das beginnt schon mit den Inhalten: So wird viel angeboten, was sich explizit an junge Kinder richten. Diese haben ein Prepaid-Handy von den Eltern, um bei Bedarf zu Hause anrufen zu können. Natürlich spielen sie mit den Geräten rum und finden dann für sie attraktive Apps oder Inhalte wie Klingeltöne oder Logos. Dass die Geld kosten, verstehen sie aber noch nicht. Eltern kämpfen dann damit, dass die Prepaid-Karten ihrer Kinder dauernd leer sind, obwohl die Kinder fast nie damit Anrufe tätigen.
Der zweite Konfliktbereich sind dubiose Werbenetzwerke und Smartphone-Trojaner. Diese täuschen die Beworbenen über die Zahlungsverpflichtungen oder lösen gar gefälschte Klicks auf die genannten Inhalte aus, um Vermittlungsprovisionen einzustreichen. Infolgedessen sammeln sich jährlich hunderte Beschwerden bei der Bundesnetzagentur. Angesichts der meist überschaubaren Beträge von nur einigen Euro ist aber davon auszugehen, dass die meisten Betroffenen sich nicht die Mühe machen, eine Beschwerde zu schreiben.
Abkassieren im Abo
WAP-Billing einstellen?
Foto: zamazing.org
Überwiegend werden die fraglichen Dienste im "Abo" angeboten: Man
erwirbt also nicht einen Klingelton für ein paar Cent, sondern das
Recht, sich im Abo immer wieder Klingeltöne herunterzuladen. Kassiert
wird dann wöchentlich oder monatlich, bis die bereits erwähnte
Prepaid-Karte alle ist. Danach werden die Abos aber nicht automatisch
storniert, sondern nur auf "ruhend" gestellt: Wird die Karte neu
aufgeladen, laufen auch die Abos wieder weiter und die Karte ist gleich
wieder leer.
Wie bereits geschrieben, ist es wegen der hohen Dunkelziffer schwierig, genau zu ermitteln, wie viele vom Drittanbieterbilling Betroffene es gibt. Die meisten Betroffenen werden einfach beim Provider die Drittanbietersperre einrichten lassen, um weitere Abo-Abbuchungen für die Zukunft zu verhindern, und dann die Sache auf sich beruhen lassen. Regelmäßige Zuschriften an die Redaktion, aber auch mehrere Fälle im Bekanntenkreis des Autors zeigen aber, dass viele Nutzer von den Machenschaften betroffen sind. Daher gehört das komplette Carrier-Billing auf den Prüfstand. Ein erster Schritt wäre, die Drittanbietersperre standardmäßig einzurichten und nur auf ausdrücklichen Wunsch des Nutzers zu deaktivieren.