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Editorial: LTE mit echter Rakete

Vodafone will eine LTE-Basisstation auf dem Mond installieren. Ist das eine reine PR-Aktion oder steckt mehr dahinter?
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Vodafone LTE auf dem Mond Vodafone LTE auf dem Mond
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Wir alle kennen ja die Rakete aus den Vodafone-Werbespots, die die hohen Surfgeschwindigkeiten symbolisieren soll, die mit LTE möglich sind. Nun ist Vodafone offensichtlich dabei, ihr Werbeversprechen zu erfüllen. Dazu soll eine echte Weltraumrakete starten, um eine LTE-Basisstation zum Mond zu fliegen. Diese soll dort die lokale Funkkommunikation für eine Robotermission besorgen, mit der unter anderem der Landeplatz von Apollo 17, der bisher letzten bemannten Mondmission, erkundet werden soll.

Natürlich geht es dabei aktuell vor allem um PR, mittelfristig aber auch sicher darum, sich einen Zukunftsmarkt zu sichern. Die Zahl der Satelliten im Erdorbit wächst nämlich derzeit so rasant wie nie zuvor, und es dürfte nicht lange dauern, bis auch der Ansturm auf Mond und Mars einsetzt. Dieselbe Miniaturisierung von Elektronik, die überhaupt erst das Smartphone ermöglicht hat, ermöglicht es auch, kleine, vergleichsweise billige und trotzdem nützliche Satelliten zu bauen. War es noch vor wenigen Jahren undenkbar, eine Satelliten-Mission unter 100 Millionen Euro zu planen, so gilt inzwischen 1 Million Euro sogar als üppiges Budget für eine Cubesat-Mission.

Etliche Cubesat-Missionen konnten sich in der Vergangenheit eine günstige Startgelegenheit als Sekundärnutzlast zusammen mit einem großen Satelliten sichern, oder wurden von der NASA aufgrund des erwarteten wissenschaftlichen Nutzens gar kostenlos zur ISS mitgenommen und dort dann ausgesetzt. Künftig wird es auch regelmäßig dedizierte Startmöglichkeiten für Cubesats geben. Für kommenden Montag früh ist beispielsweise der zweite Testflug der "Electron"-Rakete geplant, die die Buchung von Cubesat-Starts sogar per Webformular anbietet. 3U, eine Standardgröße für Cubesats, die es beispielsweise ermöglicht, ein kleines Teleskop samt Kamera und Auswerteelektronik unterzubringen, kosten 240 000 US-$. Das ist noch etwas zu viel, um private "Drohnenfotos" des eigenen Hauses aus dem Weltraum zu machen, aber für Wetterdienste, große Medienhäuser oder das Militär selbst kleinerer Staaten sind solche Kosten sicher kein Hindernis mehr.

Natürlich benötigen alle diese Cubesats auch Kommunikation zur Erde. Dafür werden derzeit überwiegend dedizierte Funksysteme verwendet. Dass jedoch künftig auch Satelliten im All etablierte Funkstandards wie 4G/LTE oder 5G verwenden, ist nicht unwahrscheinlich. Die Netzbetreiber, die sich hier heute schon Erfahrung sichern, haben möglicherweise in Zukunft beim Weltraumnetz die Nase vorn.

Der Mond ist viel weiter weg

Vodafone LTE auf dem Mond Vodafone LTE auf dem Mond
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Der Markt für Cubesats und Nanosats im Erdorbit hat sich aufgrund der günstigen sekundären Startmöglichkeiten und der unzähligen Möglichkeiten zur Forschung in der Schwerelosigkeit und zur Erdbeobachtung von selber entwickelt. Beim Mond sieht es anders aus, da die mehr als 500-fache Distanz (Höhe eines typischen Cubesat-Orbits: 500 km, Entfernung zum Mond hingegen 384 000 km) beispielsweise die Funkkommunikation deutlich erschwert. Das Einbremsen vom Erdorbit in den Mondorbit benötigt zudem viel Schub durch ein Raketentriebwerk. Danach ist der Mondorbit noch nicht einmal stabil, so dass Satelliten dauernd weitere Kurskorrekturen durchführen müssen, wenn sie nicht auf dem Mond aufschlagen wollen. Und aus dem Mondorbit "sieht" man dann vor allem den Mond, an dessen Erforschung doch deutlich weniger Interesse besteht, als an der Erforschung der Erde, auf der wir alle leben.

Landung und Fortbewegung auf dem Mond sind noch komplizierter als das Einschwenken in einen Mondorbit. Mit Mikrosatelliten (10 bis 100 kg Masse) sind meines Wissens bisher noch keine Landemissionen durchgeführt worden. Nanosatelliten (bis 10 kg) dürften trotz aller Fortschritte bei der Miniaturisierung derzeit noch zu leicht sein, als dass Landung und danach sinnvolle Aktivitäten auf dem Mond (zum Beispiel Fotos machen, Fortbewegung über ein kleines Mondfahrzeug, Bodenproben nehmen und analysieren etc.) möglich wären.

Wettlauf zum Mond

Doch eine Marketing-Maßnahme, nämlich der Google Lunar X-Prize, hat einen regelrechten Wettlauf zum Mond ausgelöst, bei dem aktuell noch fünf Teams um die erste erfolgreiche "private" Mondlandung wetteifern. Doch der Beginn des X-Prize war trotz des ausgeschriebenen Preisgelds von 30 Millionen US-$ zäh. Google musste wiederholt die Deadline für die erfolgreiche Landung und Erkundung des Monds verlängern und eine geplante Senkung des Preisgelds nach der Landung einer (nicht für den Preis qualifizierten) staatlichen chinesischen Sonde zurücknehmen.

Vodafone ist Partner der X-Prize-Mission von PTScientists, einem Berliner Team, das generell die Kosten von Weltraummissionen drastisch drücken will. PTScientists will bis Mitte 2018 ihren Lander ALINA mit der indischen Rakete PSLV auf den Weg zum Mond schicken. Damit PTScientists den X-Prize gewinnen kann, müssen sie freilich nicht nur erfolgreich die Rakete starten und die Landeeinheit auf dem Mond landen, sondern auch die Deadline bis zum 31. März 2018 einhalten (wobei Google diese wahrscheinlich abermals um ein paar Monate verlängern wird, wenn mindestens ein Team "knapp dran" ist) und schneller als die anderen Teams sein.

Dafür, dass PTScientists gewinnt, stehen die Chancen aber gar nicht so schlecht. Das israelische Team "SpaceIL", das mit der Falcon-9-Rakete von SpaceX starten will, hat beispielsweise derzeit Finanzierungsschwierigkeiten. Zudem wurde der letzte Start einer Falcon 9 wegen Sicherheitsbedenken mit der Nutzlastverkleidung (Payload Fairing) auf unbestimmte Zeit verschoben. Ein weiterer starker Konkurrent, Moon Express, will in einer dedizierten Mission mit der bereits erwähnten Electron-Rakete fliegen. Deren erster und bisher einziger Start schlug jedoch fehl, und ob der zweite Testlauf am kommenden Montag klappt, ist keineswegs sicher.

Es bleibt also spannend, ob Vodafone wie geplant in einigen Monaten ihre LTE-Zelle (ein vermaschtes Funknetz mit mehreren Knoten wird es ja nicht wirklich werden) in Betrieb nehmen können. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dieser Mission!

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