Virtuelle Realität

Zwischen Pappe und Hightech - Virtual Reality im Überblick

Virtuelle Welten ohne Ende und in atemberaubender Qualität - so lautete das Versprechen der letzten Jahre. Und tatsächlich hat sich in Sachen Virtual Reality einiges bewegt. Nur der große Durchbruch steht nach wie vor aus - ein Überblick.
Von dpa / Dominik Haag

Virtual Reality Kinder tragen VR-Brillen.
dpa
Mittendrin in der Action sein und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen - das soll virtuelle Realität möglich machen. Mittlerweile gibt es ganz schön viele Geräte, die sich in Leistung, Preis und Anwendung teilweise stark unterscheiden. Ein Überblick:

Cardboard und Co.

Virtual Reality Kinder tragen VR-Brillen.
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Der einfachste Weg zur virtuellen Realität ist ein Smartphone mit Googles Cardboard. Das ist ein Pappschuber mit Linsen, in den das Smartphone eingelegt wird. Über geeignete Apps lassen sich dann einfache VR-Anwendungen nutzen oder 360-Grad-Videos ansehen. Analyst Brian Blau vom US-Marktforschungsinstitut Gartner sieht die Pappbrille aber skeptisch: zu unbequem, zu einfach. Und die Möglichkeiten für Anwender halten sich in Grenzen. "Ich würde Cardboard nicht empfehlen", sagt er. Für den ersten Einblick taugt das System mit den günstigen Anschaffungskosten aber allemal.

Gear VR und Google Daydream VR

Dieser VR-Bereich ist deutlich ausgefeilter. Beide Brillensysteme von Samsung und Google sind recht bequem zu tragen und kosten zwischen 70 und 90 Euro. Zum Betrieb ist ein hochwertiges Smartphone nötig. Samsung setzt mindestens ein Galaxy S6 voraus, Google listet mehr als zehn kompatible Geräte der Oberklasse. Lenovos Mirage Headset ist ein Daydream-fähiges Gerät für rund 400 Euro, das die Technik bereits eingebaut hat.

Sowohl Samsung als auch Google bieten eigene App-Shops und Inhalte für die VR-Brillen, außerdem können Nutzer die Anwendungen durch drahtlose Controller recht komfortabel steuern. Die leistungsstarken Smartphones liefern hochauflösende Bilder. Branchenexperte Mark Sievers von der Unternehmensberatung KPMG sieht in dieser Geräteklasse derzeit das größte Potenzial - eben weil schon viele Nutzer kompatible Smartphones haben.

Alles in einem - Oculus Go

Seit Mai hat VR-Hersteller Oculus mit Oculus Go ein Komplettgerät im Angebot. Hier steckt die ganze Technik in einer Brille, die ohne Kabel auskommt, sich leicht einrichten und einfach bedienen lässt. Vorteil für Kunden: Sie brauchen kein 500 bis 800 Euro teures Smartphone - das Gerät gibt es für rund 220 bis 270 Euro, dazu einen App-Store mit diversen Spielen, Videos, interaktiven Geschichten und mehr. "Wenn Sie in die virtuelle Realität einsteigen wollen, ist Smartphone-VR oder Oculus Go eine gute Lösung", sagt Brian Blau. "Die Software ist gut, das Angebot an Apps und Inhalten ist groß und es ist nicht sehr teuer." Vor allem im Videobereich sieht er großes Potenzial für diese Geräteklasse.

Playstation VR

Diese Lösung taugt nur für Besitzer einer Playstation 4 von Sony. Hier wird die Brille über einen Zusatzkasten mit Rechen-Hardware angeschlossen, im Paket ist außerdem die notwendige Kamera enthalten. Die bunten, VR-kompatiblen Move Motion Controller gibt es separat. Mit einem Preis von rund 300 Euro ist Playstation VR eines der günstigeren Sets im Handel, außerdem ist die Brille vergleichsweise bequem zu tragen. Etliche Spiele sind bereits verfügbar und weitere in Arbeit. Für die Konkurrenzkonsole Xbox One gibt es laut Hersteller Microsoft aktuell keine konkreten VR-Pläne.

Windows Mixed Reality

Die VR-Technik von Microsoft markiert die Grenze zum Profi-Bereich. Wer sie nutzen will, braucht einen recht aktuellen Windows-10-PC und eines der Headsets, die diverse Hersteller für 340 bis 600 Euro anbieten. Mixed Reality ermöglicht 360-Grad-Videos, Spiele wie zum Beispiel Minecraft in VR am PC - aber auch Kreativanwendungen. Mit Mixed Reality lassen sich etwa auch zusammen mit Microsofts Paint 3D dreidimensionale Objekte erschaffen.

Microsofts VR-Lösung integriert auch einen weiteren Aspekt: Die so genannte Augmented Reality (AR). Hierbei wird durch Kameras in der Brille der reale Raum erfasst, die Software erlaubt dann das Einbinden virtueller Objekte. So landen zum Beispiel virtuelle Möbel im Wohnzimmer, damit die echten Möbel später auch passen. Oder Spiele blenden Inhalte in die Umgebung der Wohnung ein.

Die Königsklasse

"Wenn Sie Videospieler sind und Geld kein Problem ist, entscheiden Sie sich für PC-VR", sagt Experte Brian Blau und meint die beiden Profi-VR-Brillen Oculus Rift und HTC Vive (circa 380 bis 680 Euro). Hier gibt es die beste Leistung und durch ausgefeilte Handcontroller ein Höchstmaß an Interaktivität. Man braucht aber auch einen leistungsstarken Computer oder Laptop, damit die Brillen funktionieren. Und Platz. Beide Systeme überwachen nämlich nicht nur die Kopfbewegungen der Nutzer, sondern auch ihre Bewegungen im Raum. Damit sie ihre Fähigkeiten für anspruchsvolle Spiele ausreizen können, braucht es ein großes Wohnzimmer.

Beide Modelle sind mit ihren schweren Kabeln und der dadurch begrenzten Beweglichkeit noch etwas sperrig zu nutzen. Doch kabellose Lösungen dürften nicht mehr lange auf sich warten lassen. HTCs auf der Messe CES im Januar vorgestellte, aber noch nicht verfügbare Pro-Version der Vive (880 bis 1 400 Euro) soll es gegen Aufpreis mit einem Funkadapter geben. Und dort wird laut Mark Sievers die Reise hingehen: zu kabellosen und vor allem leichteren Geräten. "Damit haben Sie ein besseres Erlebnis", sagt er. Ob nun im virtuellen Kampf gegen Drachen oder entspannt auf dem Sofa im virtuellen Heimkino.

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