Uploadfilter: Werden sie überhaupt funktionieren?
Wird Deutschland die Urheberrechtsrichtlinie mit oder ohne Uploadfilter umsetzen?
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Die endgültige Abstimmung der EU-Staaten über die
Reform des Urheberrechts wird voraussichtlich eine Woche später als
gedacht stattfinden. Als Termin sei nun der 15. April wahrscheinlich,
sagte ein Sprecher der Vertretung der EU-Staaten in
Brüssel. Es könne jedoch noch Änderungen geben. Ursprünglich stand
der 9. April im Raum. Einen Grund, warum das Votum nun für den 15. April geplant sei, konnte der Sprecher nicht nennen.
Das Europaparlament hatte am Dienstag der heftig umstrittenen Reform des Urheberrechts ohne Änderungen zugestimmt. Zuvor hatten sich Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten auf einen Kompromiss des geplanten Vorhabens geeinigt. Bevor die Richtlinie in Kraft treten kann, müssen die EU-Staaten den Kompromiss noch einmal bestätigen. Dies hatten sie im Februar schon einmal getan.
Gegner der Reform setzen dennoch all ihre Hoffnung in dieses Votum. Würde Deutschland die Zustimmung verweigern, käme die nötige Mehrheit wohl nicht zustande. Das gilt jedoch als unwahrscheinlich.
Die Copyright-Reform soll das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Der Protest gegen das Vorhaben und insbesondere gegen Artikel 13, der im finalen Gesetz Artikel 17 heißen wird, war zuletzt vor allem in Deutschland immer größer geworden. Kritiker wenden ein, dass Plattformen wie YouTube nach Artikel 13 künftig schon beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Dies sei nur durch Uploadfilter möglich, die mehr als nötig sperren würden.
Bundesregierung "steht zu Kompromiss"
Wird Deutschland die Urheberrechtsrichtlinie mit oder ohne Uploadfilter umsetzen?
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Die Bundesregierung will trotz Bedenken von Gegnern
der Reform des europäischen Urheberrechts auch im letzten Schritt
zustimmen. "Die Bundesregierung steht zu dem ausgehandelten
Kompromiss", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert kürzlich in
Berlin. An dieser Haltung habe sich nichts geändert. Man nehme "mit
Respekt zur Kenntnis", dass das Europäische Parlament die Reform
bereits gebilligt habe. Falls die EU-Staaten erneut
zustimmen, hätten sie rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in
nationales Recht umzusetzen.
Seibert betonte, die Regelungen seien "technologieneutral" formuliert und jede Lösung, die solche Filter vermeide, sei gut. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums erklärte hingegen, dass es nach aktuellem technologischem Stand wohl auf eine "algorithmusbasierte Maßnahme" - also Filter - hinausliefe.
Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, forderte: "Auch die Bundesregierung darf sich nicht weiter aus der Verantwortung stehlen. Bei der Abstimmung im Rat wird sie eine letzte Gelegenheit haben, den Bruch des Koalitionsvertrags zu korrigieren." Andernfalls müsse die Regierung endlich erklären, wie sie die neuen Vorgaben in Deutschland umsetzen wolle.
Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken rief die Bundesregierung dazu auf, dem Vorhaben nicht erneut zuzustimmen. "Katarina Barley (SPD) als Justizministerin und die Bundeskanzlerin sollten ihre Zustimmung zu der Urheberrechtsreform nun überdenken", sagte Wölken der "Rheinischen Post". Durch ein deutsches Nein wäre die nötige Mehrheit unter den EU-Staaten unwahrscheinlich.
Barley hatte am Dienstag das Votum bedauert, aber nicht erkennen lassen, dass sie ihre vorherige Zustimmung zurückzieht. In der ARD verwies die SPD-Politikerin auf die zweijährige Umsetzungsfrist und betonte, alle Beteiligten müssten nun schauen, die Richtlinie so "userfreundlich" wie möglich umzusetzen, um eine größtmögliche Freiheit im Netz zu erhalten. Union und SPD wollen dabei auf Upload-Filter verzichten.
Urheberschutz für Kreative - kann das ohne Internetfilter gehen?
Befürworter und Gegner haben erbittert über die EU-Urheberrechtsreform gestritten. Nach dem Votum des EU-Parlaments für die Reform rücken nun Fragen in den Mittelpunkt, die sich mit der konkreten Umsetzung der Reform beschäftigen:
Ist die Urheberrechtsreform bereits geltendes Recht?
Nein. Im Gegensatz zu einer EU-Verordnung muss eine Richtlinie von den einzelnen EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Für diese Aufgabe haben sie zwei Jahre Zeit. Bevor die Richtlinie in Kraft tritt, müssen die EU-Staaten dem nun vom Parlament gebilligten Kompromiss aber noch einmal zustimmen. Dieses Votum wird voraussichtlich am 15. April stattfinden.
Werden mit der Richtlinie nun tatsächlich Uploadfilter zur Pflicht?
Uploadfilter werden in der Richtlinie nicht explizit erwähnt. Doch die meisten Experten gehen davon aus, dass Uploadfilter trotzdem eingesetzt werden müssen, weil die Masse der hochgeladenen Inhalte nicht manuell auf ihre Nutzungsrechte überprüft werden kann. Die CDU hat allerdings schon vor der Abstimmung im EU-Parlament angekündigt, die Richtlinie ohne Uploadfilter umsetzen zu wollen.
Wie soll das funktionieren?
Nach den Vorstellungen der CDU sollen geschützte Inhalte - "jedes original Musikstück, Film oder Audiobook" - mit einem digitalen Fingerabdruck versehen werden. Damit könne jedes Werk zweifelsfrei identifiziert und dem Urheber zugeordnet werden.
Und damit sollen Uploadfilter überflüssig werden?
Auch nach dem Konzept der CDU muss es ein technisches System geben, dass einen Abgleich vornimmt, die Union nennt es aber nicht "Uploadfilter". Der "Fingerabdruck" der Inhalte soll dem Konzept zufolge bei den Plattform-Betreibern hinterlegt werden und sei Voraussetzung dafür, dass Urheber für ihre Werke von den Plattformen bezahlt werden können. Oberhalb einer Bagatellgrenze würde der Urheber von den Plattformen bei einem Upload eines nicht bereits lizenzierten Inhalts informiert werden und hätte dann drei Möglichkeiten: 1. Er verlangt die Löschung von der Plattform. 2. Er bietet eine Lizenz an und wird entsprechend vergütet. 3. Er verzichtet auf weitere Maßnahmen, wodurch der entsprechende Inhalt dauerhaft lizenzfrei auf der Plattform erscheinen kann. Das Papier der CDU gibt aber bislang keine Auskunft darüber, was passieren soll, wenn Urheber sich weigern, eine Lizenz zu vergeben und sich nicht an dem "Fingerabdruck"-System beteiligen.
Sind solche Filter nicht schon bereits im Einsatz?
Ja. So hat Microsoft das System "PhotoDNA" entwickelt, mit dem inzwischen etliche Provider sicherstellen, dass bekannte Fotos von missbrauchten Kindern nicht ins Netz geladen werden können. Der Google-Videodienst YouTube verwendet das System "Content ID", bei dem Rechteinhaber ihre geschützten Inhalte für einen Abgleich bereitstellen. "Content ID" vergleicht von YouTube-Usern hochgeladene Videos mit diesen Referenzdateien. Die Rechteinhaber können selbst entscheiden, ob sie den Upload zulassen, um dann die Werbeeinnahmen zu erhalten oder das Video sperren. Facebook betreibt ein ähnlich funktionierendes System.
Wo kommen Uploadfilter, so wie wir sie heute kennen, an ihre Grenzen?
Systeme wie "Content ID" und die entsprechenden Filter bei Facebook erkennen unveränderte Musikvideos in der Regel sehr gut. Allerdings kommt es auch immer wieder zu falschen Zuordnungen. So wurden in der Vergangenheit immer wieder Videos gesperrt, in denen jemand Klaviermusik von Johann Sebastian Bach spielt, weil die Rechte daran fälschlicherweise Sony Music Global zugesprochen wurden. Dabei sind die Stücke gemeinfrei. Bislang eingesetzte Filter kommen auch dann an ihre Grenzen, wenn plötzlich neue Anforderungen umgesetzt werden müssen. So hatten die Systeme von YouTube und Facebook erhebliche Mühe, die Videoaufnahmen des Attentäters von Christchurch zu blockieren, weil es etlichen Nutzern gelang, die automatische Erkennung mit Veränderungen am Video auszutricksen. Facebook konnte in den ersten 24 Stunden nach dem Attentat zwar 1,2 Millionen Videos beim Hochladen stoppen, hunderttausende Versionen wurden aber erst später erkannt und dann gelöscht.
Sind von den Uploadfiltern vor allem die Internet-Riesen wie Google und Facebook betroffen?
Die Befürworter der Richtlinie haben immer wieder damit argumentiert, es sei an der Zeit, große Internet-Konzerne stärker an der Finanzierung der Inhalte zu beteiligen, von denen sie auch stark profitieren. Daher zielt die Reform stark darauf, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Google, Facebook und andere Konzerne zur Kasse zu bitten. Kritiker wie der Rechtsexperte Martin Kretschmer befürchten allerdings, dass kleinere Plattformen viel härter getroffen werden als die Netzgiganten. Für die Marktriesen sei es viel einfacher, entsprechende Lizenzen zu erwerben als für die vielen kleinen Dienste. In der Richtlinie werden zwar Anbieter von der Verpflichtung befreit, deren Dienste seit weniger als drei Jahren zur Verfügung stehen, weniger als zehn Millionen Euro Jahresumsatz machen und weniger als fünf Millionen Nutzern haben. Es müssen allerdings alle drei Bedingungen erfüllt sein, um bei der Haftungspflicht unter die Ausnahme zu fallen.