Privatfunk wehrt sich gegen das Gespenst UKW-Abschaltung
Die deutschen Privatradioverbände lehnen ein Ende von UKW kategorisch ab.
Foto: dpa
Noch vor wenigen Wochen zeigte sich der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) offenbar bereit, eine Migration vom analogen UKW-Hörfunk zum digital-terrestrischen DAB+ mitzutragen, wenn man dafür Infrastrukturmittel bekäme. Marktbeobachter sahen in der VPRT-Position allerdings von vornherein eher Polemik und keine ernst gemeinte Position. Fakt ist: Der Verband klebt am UKW-Geschäftsmodell und will in Wirklichkeit keinen Technologiewechsel. Zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) wirft der VPRT jetzt ARD und Deutschlandradio vor, mit ihren veröffentlichten Berichten zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich des Radios "vollkommen illusorische Einsparpotenziale aufzuzeigen" und "die Existenzgrundlagen der privaten Radioangebote in Frage zu stellen". Die ARD sieht massives Einsparpotenzial, falls UKW abgeschaltet wird.
Privatfunk will frei werdende öffentlich-rechtliche UKW-Frequenzen
Die deutschen Privatradioverbände lehnen ein Ende von UKW kategorisch ab.
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"Das, was die öffentlich-rechtlichen Kollegen da präsentiert haben, ist Augenwischerei", sagt Klaus Schunk, Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste des VPRT und Geschäftsführer von Radio Regenbogen. "ARD und Deutschlandradio spielen ein falsches Spiel gegenüber der Politik, wenn sie im Bereich der UKW-Verbreitung kurzfristige Einsparpotenziale in zweistelliger Millionenhöhe aufzeigen". Die UKW-Verbreitung bedeute für die Privaten ihre Existenzgrundlage: "Dies einfach auszublenden, heißt, das duale Radiosystem in Deutschland in Frage zu stellen." Gleichzeitig wies Schunk erneut auf die eklatante und historisch gewachsene Frequenzunterversorgung der Privaten im Vergleich zu den öffentlich-rechtlichen Radioangeboten hin: "Wenn Deutschlandradio hier aus Kostengründen Frequenzen abbauen möchte, sehen wir Private durchaus Bedarf. Dieses Szenario würde die historische Chance bieten, Versorgungslücken bei der Verbreitung privater Radioprogramme zu schließen."
UKW wird für viele Veranstalter teurer
"Statt Sparvorschlägen präsentiert die ARD die Forderung nach staatlich verordnetem Verdrängungswettbewerb", kritisiert auch der APR-Vorsitzende Felix Kovac die Pläne. "Wir stehen Sparbemühungen der Anstalten nicht im Wege", so Kovac, "aber warum muss dafür den Privatradios der mit Abstand meistgenutzte Vertriebsweg durch politischen Zwang genommen werden?"
Die Privatradios investieren derzeit nochmals intensiv in die UKW-Infrastruktur, nachdem die derzeit marktbeherrschende Media Broadcast Antennen und Sender abstößt. Zehn bis fünfzehn Jahre dauere es, um diese neuen Investitionen in die eigentlich technisch veraltete, aber aus Verbandssicht alternativlose UKW-Technik selbst oder für langfristige Verträge mit neuen Wettbewerbern zu refinanzieren, rechnet Kovac vor. Auch vor diesem Hintergrund sei die Forderung der ARD nach frühzeitiger politischer Entscheidung zur UKW-Abschaltung für ihre Konkurrenz eine Anmaßung.
DAB+ spaltet die Privatradio-Szene
Längst sprechen die Privatradioverbände aber nicht für alle privaten Hörfunkveranstalter, die beim Thema DAB+ gespalten sind: Vor allem die ganz Großen fürchten eine Marktumwälzung durch DAB+ vor dem Hintergrund, dass der Werbekuchen im Hörfunk eher kleiner als größer wird. "DAB+ gefährdet den Fortbestand der etablierten Radioveranstalter", ist vom Vertreter eines großen Privatradios im einem geschlossenen Internetforum zu hören. Es gebe mehr Angebote im klassischen Radiomarkt, die die Reichweiten der etablierten Radioveranstalter kannibalisieren würden.
Ein anderer Radiomacher äußert sich dagegen in einer geschlossenen Gruppe beim sozialen Netzwerk Facebook ganz anders und sieht das Ungleichgewicht zwischen öffentlich-rechtlichem und Privatfunk bei UKW durch DAB+ beseitigt: "Privatsender haben bis auf wenige Ausnahmen die schlechtere UKW-Versorgung". Mit DAB+ gebe es "zum ersten Mal eine Option mit dem öffentlich-rechtlichen System gleich zu ziehen". Sendegebiete würden größer werden, Pendler könnten Lokalradios großräumig hören, die Senderbindung kann steigen. "Das hat zwar den Preis, dass auch neue Anbieter auf den Markt kommen (die werden aber so oder so kommen). Ich empfehle aktiv DAB+ und muss feststellen: Fast jeder der sich für DAB+ im Auto entschieden hat, hört kein UKW mehr."
Medienpolitik: Gesetzgeber muss Rahmenbedingungen zum Technikumstieg schaffen
Aus der Medienpolitik kommt ebenfalls Unverständnis an den Positionen der Privatfunkverbände: "Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber jetzt endlich das tut, was seine Aufgabe ist: Verlässliche Rahmenbedingungen vorgeben, anstatt vorschnell irgendwelchen Strömungen nachzugeben", äußert sich ein führender Vertreter der Landesmedienanstalten in gleicher Facebook-Gruppe. Dazu gehöre in vorderster Linie eine Regelung, dass aufgegebene analoge UKW-Frequenzen nicht neu vergeben werden, weder an den öffentlich-rechtlichen, noch an den privaten Rundfunk.