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Der alte Dino UKW bleibt noch lange am Leben

UKW bleibt in Deutschland noch mindestens bis 2029 bestehen. Medienanstalten vergeben Lizenzen bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts und in Sachsen wurde die drohende Abschaltung im Kabel per Gesetzesnovelle verhindert.
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Alte UKW-Radios werden noch lange nicht zu Elektroschrott Alte UKW-Radios werden noch lange nicht zu Elektroschrott
Foto: Newtro
Es rauscht, es zischt: Eigentlich ist das alte, analoge UKW-Radio schon lange nicht mehr zeitgemäß. Mit DAB+ und Internetradio stehen wesentlich effektivere Verfahren zur Verfügung. Zudem sind die Betriebskosten von UKW-Sendern gegenüber digitalen Verfahren immens hoch. Und doch hören immer noch neun von zehn Deutschen ihr Lieblings­radio­programm vorrangig oder sogar ausschließlich über die Ultrakurzwelle. So lange das alte Radio aus den 1980er-Jahren in Küche, Bad oder am Arbeitsplatz noch funktioniert, wird es nicht durch ein moderneres ersetzt - ganz anders als beim PC, dem Smartphone, dem Auto oder der Wohnzimmercouch. Doch selbst bei Neugeräten sind Digitalradios immer noch nicht Standard. Die Discounter Aldi und Penny haben in dieser Woche rein analoge Radios im Angebot - nur mit UKW und ohne DAB+-Empfang.

Versuche der Politik einen UKW-Abschalttermin festzulegen, sind längst gescheitert. Vor allem die großen, privaten Radiosender mit den besten UKW-Frequenzen haben über ihren Verband Vaunet hervorragende Lobbyarbeit geleistet: Das Thema UKW-Abschaltung ist vom Tisch. Und jetzt sieht tatsächlich alles danach aus, als würde das alte, analoge Dampfradio noch ewig weiter laufen, zumindest mal bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts.

Flugtaxis mit UKW-Radio?

Alte UKW-Radios werden noch lange nicht zu Elektroschrott Alte UKW-Radios werden noch lange nicht zu Elektroschrott
Foto: Newtro
Der Medienrat der Landesmedienanstalt Saarland (LMS) hat in seiner Sitzung vom 6. Dezember den Beschluss gefasst, die UKW-Zulassung des landesweiten Privatsenders Radio Salü bis 2029 zu verlängern. Auch die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) hat erste UKW-Lizenzen bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts vergeben.

2029! Es dürfte ein Jahr sein, in dem mit Sicherheit über die Einführung von 6G oder 7G beim Mobilfunk diskutiert wird, in dem Flugtaxis Menschen von A nach B transportieren und zahlreiche Straßen von Autos mit Verbrennungsmotoren nicht mehr befahren werden dürfen. Und in diesem Jahr soll Radio immer noch mehrheitlich über eine alte, analoge Steinzeittechnik gehört werden?

Marktforscher wollen nicht so recht daran glauben. Goldmedia hatte in diesem Jahr eine Studie für NRW veröffentlicht, wonach der Marktanteil von Internetradio im Jahr 2028 von derzeit acht auf bis zu 49 Prozent steigt. Gleichzeitig soll UKW von derzeit 88 auf bis zu 33 Prozent fallen. Der eigentliche UKW-Nachfolger DAB+ soll 2028 von derzeit nur 4 auf bis zu 20 Prozent steigen.

Schon heute ziehen sich Hörfunkveranstalter punktuell von unwirtschaftlichen UKW-Frequenzen zurück. Vor allem die neuen UKW-Antennenbesitzer zwingen nach Mietpreiserhöhungen Hörfunkveranstalter zur Qual der Wahl: UKW-Frequenzen abschalten oder das UKW-Sendernetz lückenlos weiterlaufen lassen und dabei weniger oder gar nichts in die Digitalisierung investieren. Letzteres wäre ein Anachronismus und somit ist es nicht verwunderlich, dass Sender wie Klassik Radio, sunshine live, HitRadio FFH, harmony.fm oder Antenne Frankfurt bereits UKW-Frequenzen abgeschaltet haben.

EU gibt Digitalradio Aufwind

Das Europäische Parlament und der EU-Rat haben zudem für die Annahme des European Electronic Communications Code gestimmt, der dem digitalen Radio weiteren Auftrieb geben dürfte. Diese neue Richtlinie sieht vor, dass alle in der EU verkauften Autoradios künftig in der Lage sein müssen, digitales, terrestrisches Radio (DAB/DAB+) zu empfangen. Der Kodex gibt den Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um den digitalen Radioempfang auch in anderen Produktgruppen zur Pflicht zu machen. Eine solche Richtlinie streben unter anderem Deutschland, Frankreich und Italien an. Mit anderen Worten: Wer künftig ein Radio kauft, hat neben UKW automatisch DAB+ mit drin.

Wie der Nutzer dann Radio hört, bleibt ihm aber auch weiter selbst überlassen. Es ist wohl die Macht der Gewohnheit, dass selbst mit DAB+-tauglichen Digitalradio-Geräten heute noch mehrheitlich der analoge UKW-Hörfunk gehört wird. Solange UKW weiterläuft, besteht zu einem Wechsel auch kein Grund, wenn der Hörer seinem alten Lieblingsprogramm treu bleiben und nicht die neuen digitalen Radiosender über DAB+ ausprobieren möchte. Denn viele erkennen qualitativ keinen Unterschied, wenn der UKW-Empfang gut ist.

UKW-Kabelradio in Sachsen läuft weiter

Auch Kabelnetzbetreiber in Sachsen können bis zunächst Ende 2025 Radioprogramme in analoger UKW-Form einspeisen. Der sächsische Landtag beschloss am 11. Dezember eine entsprechende Änderung des Privatrundfunkgesetzes. Eigentlich sollte Ende 2018 abgeschaltet werden. Doch mit dem "Sechsten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes", das am 1. Januar 2019 in Kraft tritt, werde laut dem Magazin "InfoDigital" eine Ausnahmeregelung für kleine und mittelgroße Kabelnetzbetreiber und Antennengemeinschaften geschaffen, die weniger als 1000 Anschlussstellen versorgen.

Der alte Dino UKW lebt also weiter. Wir werden sehen, ob er tatsächlich bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts durchhält.

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