Ermittlungen

Staatsanwaltschaft erwägt Verfahren gegen Vodafone und Telekom

Ein Mordverdächtiger verschwindet, die Fahndung beginnt. Handy-Daten zum Standort könnten den Ermittlern jetzt weiterhelfen. Dass Vodafone und die Telekom die Daten nicht weitergeben wollen, bringt die Staatsanwaltschaft auf die Palme.
Von dpa /

Staatsanwaltschaft erwägt Verfahren gegen Vodafone und Telekom Staatsanwaltschaft erwägt Verfahren gegen Vodafone und Telekom
Foto: Vodafone, Logos: Telekom/Vodafone, Montage: teltarif.de
Die Detmolder Staatsanwaltschaft überlegt, ob sie gegen die Konzerne Vodafone und Deutsche Telekom in einem Verfahren wegen versuchter Strafvereitelung vorgehen soll. Die Firmen hätten notwendige Handydaten von Tatverdächtigen nicht herausgegeben, obwohl Beschlüsse des Amtsgerichts vorgelegen haben, sagte Oberstaatsanwalt Christopher Imig in Detmold. "Wir konnten unseren gesetzlich vorgesehenen Pflichten zur Strafverfolgung nicht so nachkommen, wie es erforderlich gewesen wäre."

Beide Verdächtige wurden später ohne die Standort-Daten gefasst, einer von ihnen stellte sich. Zuvor hatte das "Westfalen-Blatt" über die mögliche Verfahrenseinleitung berichtet.

Vodafone: Keine Standortdaten, aber Verkehrsdaten

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In dem einen Fall ging es um einen 53-Jährigen, der im September 2017 eine 24-jährige Nachbarin und deren kleinen Sohn ermordet hat. Der Mann wurde inzwischen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Bei der Verfolgung des Flüchtigen habe Vodafone nicht die nötigen Daten bereitgestellt, moniert Imig.

Eine Vodafone-Sprecherin bestätigte, dass man Standort-Daten nicht bereitgestellt habe - dies wäre nicht zulässig gewesen. Man habe aber Verkehrsdaten übermittelt, also zum Beispiel Nummern von Anrufern oder Uhrzeit und Länge eines Telefonats. "Wir haben sachgemäß gehandelt und die Auskünfte gegeben, die wir zum Zeitpunkt der Anfrage nach geltendem Recht geben durften."

Vorratsdatenspeicherung momentan ausgesetzt

Hintergrund des Streits ist die Änderung des Telekommunikationsgesetzes zum Juli 2017. Hierbei werden Firmen zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet, so sollen etwa Standortdaten bei Telefonaten vier Wochen gespeichert werden. Hiergegen hatte eine kleine Firma geklagt, weil sie hohe Speicherkosten fürchtete. Das Ober­ver­waltungs­ge­richt (OVG) Münster gab ihr recht.

Seit der Entscheidung hat die Bundesnetzagentur den Tele­kommuni­kations­unter­nehmen freigestellt, ob sie die Vorratsdatenspeicherung umsetzen. "Wir setzen den Vollzug der gesetzlichen Regelung aufgrund des Beschlusses des Ober­ver­waltungs­ge­richtes in Münster weiterhin aus", sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur heute. Es würden keine Bußgelder erhoben. Seitdem habe kein Unternehmen die Daten­speicherung mehr umgesetzt, sagte eine Vodafone-Sprecherin.

Bei Oberstaatsanwalt Imig verursacht das Kopfschütteln. Die Konzerne missachteten mit ihrer Untätigkeit ein geltendes Gesetz, moniert er. "Mit dem Wissen der Netzbetreiber werden hier Straftätige geschützt."

Telekom weigerte sich in einem weiteren Fall

Neben dem Detmolder Doppelmord geht es auch um ein Tötungsdelikt im lippischen Augustorf. Dort kam Ende Januar eine Frau gewaltsam ums Leben. Der Verdächtige - ein Arbeitskollege - floh zunächst, stellte sich später aber den Behörden. In einer "sehr kritischen" Situation bei der Verfolgung des Tatverdächtigen habe sich die Deutsche Telekom geweigert, Standortdaten herauszugeben, sagte Imig. Wann das Ermittlungsverfahren eingeleitet wird und ob überhaupt, wollte er nicht sagen. "Ob es dazu kommt, werden wir sehen."

Ein Telekom-Sprecher wies den Vorwurf der Strafvereitelung zurück. Das Unternehmen halte sich an die gesetzlichen Regelungen. "In den genannten Fällen ist die Rechtslage allerdings vollkommen unklar", sagte der Sprecher. Das Unternehmen wolle sich nicht strafbar machen und könne daher die Daten nicht herausgeben.

Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung wird mittlerweile auch andernorts juristisch überprüft: Bundesverfassungsgericht prüft Vorratsdatenspeicherung.

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