Massnahmen

Belästigt und betrogen per Telefon: Diese Maschen kursieren

Der Betrug per Telefon nimmt zu - auch deswegen, weil Verbraucher oft leicht darauf hereinfallen. Wir nennen konkrete Betrugsversuche und verraten, wie man sich schützen kann.
Von dpa /

Betrug: Die echte Polizei will nie Geld am Telefon Betrug: Die echte Polizei will nie Geld am Telefon
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Festnetz-Telefone und Smartphones sind für zwielichtige Unternehmen und Kriminelle ein Türöffner: Sie setzen Lockanrufe ab, die teure Rückrufe provozieren sollen. Sie übertragen in der Display-Anzeige Rufnummern, die ihnen gar nicht gehören. Oder sie geben sich als Polizisten oder Computer-Techniker aus, um an Geld und sensible Daten zu gelangen. Skepsis und gesunder Menschenverstand sind der beste Schutz davor. Aber auch technisch und rechtlich können sich Verbraucher gegen Rufnummernmissbrauch und Betrug wehren.

Ein großes Problem sind verbotene Lockanrufe (Ping-Calls), also von Computern gesteuerte Anrufe, die nur so kurz eingehen, dass man überhaupt keine Chance hat, sie anzunehmen. Das Kalkül dahinter: Man ist neugierig, ruft zurück und wundert sich über nebulöse Bandansagen oder Rauschen. Die Hintermänner der Ping-Calls aber streichen als Nummerninhaber einen Teil der Gebühren ein, die der Rückrufer zahlt. Die Nummern bekommen sie von Adresshändlern oder Zufallsgeneratoren.

Zunehmend Ping-Anrufe aus dem Ausland

Betrug: Die echte Polizei will nie Geld am Telefon Betrug: Die echte Polizei will nie Geld am Telefon
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Bislang handelte es sich meist um teure deutsche Premiumnummern mit Vorwahlen wie 0180, 0137 oder 0900. Nun kommt eine neue Entwicklung dazu. "Wir stellen fest, dass etwa seit Mitte letzten Jahres im Bereich Ping-Anrufe vermehrt ausländische Rufnummern genutzt werden", sagt Michael Reifenberg von der Bundesnetzagentur, die für das Vorgehen gegen rechtswidrige Nummern-Nutzung zuständig ist.

Hier wollen Betrüger die Ähnlichkeit mancher internationaler Vorwahl mit einer Ortsvorwahl ausnutzen - etwa die 0231 für Dortmund mit der 00231 für Liberia. Das Kalkül: Auf den ersten Blick erkennt der Angerufene den Unterschied nicht und ruft zurück. Deshalb hat die Bundesnetzagentur - wie berichtet - angeordnet, dass vom 15. Januar 2018 an bei 22 internationalen Vorwahlen, die mit Ortsvorwahlen verwechselt werden könnten, in Handynetzen eine kostenlose Preisansage vorgeschaltet werden muss. So haben arglose Rückrufer im Zweifel noch genug Zeit, einfach aufzulegen.

Angezeigte und angewählte Nummer müssen nicht identisch sein

Aber: "Die Rufnummer, die angezeigt wird, und die Rufnummer, von der der Anruf initiiert wird, muss nicht identisch sein", erklärt Reifenberg. "Auch das kann falsch sein." Technisch ist es gerade im Festnetz kein Problem, dass dem Angerufenen eine beliebige Nummer angezeigt wird - bei vielen Telekommunikationsanlagen oder Routern ist so eine Einstellmöglichkeit Standard. Natürlich ist es verboten, eine Rufnummer zu übermitteln, an der man kein Nutzungsrecht hat.

Werden per Nummer andere Identitäten vorgetäuscht, spricht man von Call-ID-Spoofing. Wohin ein Rückruf bei ausländischen Ping-Nummern genau geht, ob oder wie er umgeleitet wird (Routing) und wer wie genau Geld damit macht, versucht die Bundesnetzagentur zusammen mit Telekommunikationsunternehmen und anderen Behörden zu ermitteln.

"Wenn man sich nicht sicher ist, ob das jetzt jemand ist, den man erreichen möchte, dann hilft sicher auch eine kurze Recherche im Internet", rät Michael Reifenberg allen, die zwischen Misstrauen und Neugierde hin- und hergerissen sind. "Da wird man schon fündig, wenn es zu dieser Nummer haufenweise Beschwerden gibt."

BNetzA: Verbot der Rechnungslegung und Inkassierung

Bleibt es nicht bei wenigen Anrufen oder Kurznachrichten, kann man der Belästigung schnell einen Riegel vorschieben: In der Telefon-App des Smartphones lassen sich Nummern meist direkt blockieren. Und im Menü vieler Router ist es möglich, etwa alle Nummern mit bestimmten Vorwahlen zu sperren. Aber es ist auch wichtig, der Bundesnetzagentur Missbrauch zu melden - etwa per Online-Formular. "Wir können nur tätig werden, wenn wir Hinweise bekommen, sind insofern auf die Meldungen der Betroffenen angewiesen", sagt Agentur-Sprecher Reifenberg.

Die Bonner Behörde hat unter Umständen nicht nur die Befugnis, Geschäftsmodelle zu untersagen. Sie kann auch - zumindest inländische - Rufnummern abschalten, in Zusammenarbeit mit den Telefonanbietern Vermittlungsverbote für Rufnummern verhängen und für jede Rufnummer ein sogenanntes Verbot der Rechnungslegung und Inkassierung aussprechen. Das bedeutet, dass mit der jeweiligen Nummer verbundene Forderungen beim Anbieter nicht mehr beglichen werden müssen und von diesem auch nicht eingetrieben werden dürfen.

Ein Beispiel für bereits durchgeführte Maßnahmen

Welche Nummern und Zeiträume das sind, erfährt man beim Blick in die Maßnahmenliste der Bundesnetzagentur. Betroffene gehen dann folgendermaßen vor: "Man muss seinem Provider sagen: 'Ich kürze die Rechnung um folgende Positionen, da für den Abrechnungszeitraum von der Bundesnetzagentur ein entsprechendes Verbot verhängt wurde'", erklärt Reifenberg. "Wenn es ein Verbot nicht oder noch nicht gibt, kann man dennoch versuchen, mit dem Provider in Kontakt zu treten und schauen, ob es da eine gütliche Regelung gibt."

Dass massenhafte Ping-Calls, die den Rückruf auf teure Mehrwertdienstnummer provozieren sollen, Betrug sind, hat etwa das Landgericht Osnabrück schon 2013 in einem vom Bundesgerichtshof bestätigten Urteil festgestellt (Az.: 3 StR 342/13). In dem Fall hatte eine Bande automatisiert mindestens 785 000 Rufnummern "angepingt". Mindestens 660 000 Angerufene riefen zurück - ohne zu wissen, dass dabei Kosten von 98 Cent pro Minute entstanden. Die erschlichenen Entgelte in Höhe von mehr als einer halben Million Euro bekam die Bande nie in die Hände, weil die Bundesnetzagentur eine Auszahlung der Gelder verhinderte.

Betrugsmasche "falscher Polizeibeamter" sehr verbreitet

Der falsche Nummernzauber spielt auch eine entscheidende Rolle bei anderen Betrugsmaschen. "Betrüger nutzen das Call-ID-Spoofing, um mit der Rufnummer seriöser Personen oder Organisationen das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern zu gewinnen", erklärt Harald Schmidt, Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes in Stuttgart.

Gern geben sich die Anrufer als Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Verbraucherschützer oder Mitarbeiter bekannter Unternehmen aus. Mit den absurdesten Geschichten und viel Geschick versuchen sie, die Angerufenen zu ängstigen oder einzuschüchtern - alles mit dem Ziel, an Geld, Wertsachen, Zahlungsinformationen oder andere sensible Daten wie PIN, TAN oder Passwörter zu kommen.

"Derzeit ist beispielsweise die Betrugsmasche "falscher Polizeibeamter" sehr verbreitet", sagt Schmidt. Dabei erscheint die Notrufnummer 110 im Display, die offiziell niemals als ausgehende Nummer verwendet wird. Oder die Nummer einer örtlichen Polizeidienststelle oder die des Bundeskriminalamtes. "So missbrauchen die Täter auf perfide Weise das Vertrauen ihrer zumeist älteren Opfer in staatliche Organe", erklärt Schmidt. Das Risiko ist groß: Manche Menschen wurden so bereits um ihre gesamten Ersparnisse gebracht.

Den Opfern wird etwa vorgegaukelt, dass ihr Geld wegen drohender Einbrüche daheim nicht mehr sicher sei. Oder sie angeblich Falschgeld unterschoben bekommen hätten. Teils spielen die Betrüger ihre Rolle so überzeugend, dass Opfer schon an ihrer Haustüre Wertsachen an Komplizen, die sich auch als Polizisten ausgeben, übergeben haben.

Bei der Spoofing-Betrugsmasche "falscher Polizeibeamter" ist ein starker Anstieg der Fälle zu verzeichnen, sagt Präventionsexperte Schmidt. Wurden etwa 2014 in Baden-Württemberg erst 84 Fälle mit einem Vermögensschaden von 200 000 Euro angezeigt, waren es zwei Jahre später schon 225 Fälle mit einer Beute im Wert von weit mehr als zwei Millionen Euro. Eine bundesweite Statistik gebe es nicht.

Betrug: Techniker von Microsoft, Apple oder eines Internet-Providers

Wer nach einem verdächtigen Anruf unsicher ist, sollte sich ans örtliche Polizeirevier wenden oder selbst die 110 wählen. Dabei sollte man aber keine Rückruffunktion des Telefons nutzen, weil man dann möglicherweise wieder bei den Betrügern landet. Grundsätzlich gilt: "Geben Sie am Telefon keine Auskunft über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse oder andere sensible Daten, zum Beispiel die Kontonummer", warnt Harald Schmidt. "Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, legen Sie einfach auf, insbesondere, wenn Ihr Gesprächspartner Geld von Ihnen fordert." Wer bereits Betrugsopfer geworden ist, sollte beim örtlichen Revier Anzeige erstatten.

Regelmäßig geben sich Betrüger am Telefon auch als Techniker von Microsoft, Apple oder eines Internet-Providers aus. Sie versuchen, dem Angerufenen einzureden, es gebe ein ernstes Rechner-Problem. Oder sie hätten den Auftrag, Schadsoftware zu entfernen. Dabei haben sie genau das Gegenteil im Sinn, warnt etwa die Polizei Niedersachsen. Man wird gedrängt, eine Software herunterladen und zu installieren. Spätestens hier sollte man direkt auflegen, weil sonst die Kriminellen den Rechner übernehmen und tatsächlich Schadsoftware installieren. Anschließend soll man dann für angebliche Dienstleistungen bezahlen oder wird erpresst.

Aber auch hier gilt: Misstrauisch sein, keine Kunden- und Zugangsdaten sowie Kreditkarten-, Konto- oder andere Zahlungsinformationen am Telefon preisgeben, und im Zweifel sofort auflegen. Haben die falschen Techniker Daten erbeutet oder den Rechner gekapert, sollten Betroffene Anzeige erstatten.

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