Fast jeder Deutsche wird 2 bis 3 Streamingdienste abonnieren
Mediengipfel auf der Anga Com
Foto: Anga Com
Vor rosigen Zeiten sieht sich die Content-Industrie beim Thema Streaming. Gleich mehrere Panel-Teilnehmer des Medien-Gipfels und der Diskussionsrunde "App und OTT: neue Plattformen auf dem Prüfstand" auf der Anga Com rechnen damit, dass schon in naher Zukunft jeder Deutsche zwei bis drei Streaming-Dienste abonnieren wird. Dabei stehen mehrere neue Player wie Disney, NBC Universal, HBO oder Warner Bros. erst vor dem Einstieg in das Geschäft, das momentan von Amazon Prime und Netflix dominiert wird.
Christoph Schneider, Geschäftsführer von Amazon Prime Video Deutschland, ist trotz der drohenden neuen Konkurrenz noch nicht nervös. Aufgrund der zu erwartenden Werbeaufwendungen der Konkurrenz werde das Thema Streaming allgemein noch einmal einen großen Sprung machen: "Wir haben noch zahlreiche Haushalte in Deutschland, die noch keine Streamer sind. Da sehe ich noch ganz viel Potenzial", sagt er. Anders als in den USA, wo Amazon inzwischen auch ins werbefinanzierte Geschäft einsteigen will, verspricht Schneider, dass Amazon Prime werbefrei bleiben will. Das auch mit Blick auf den neuen deutschen Streaming-Anbieter Joyn, der "Mitte Juni", also in wenigen Tagen, offiziell starten soll, wie Conrad Albert von ProSiebenSat.1 ankündigte.
Jeder kooperiert mit jedem
Mediengipfel auf der Anga Com
Foto: Anga Com
Anders als noch vor einiger Zeit kooperiere inzwischen fast jeder mit jedem. Das begründet Henning Stiegenrath von der Telekom damit, dass "der Zuschauer immer auf der Suche nach dem besten Aggregator" sei und "nach dem besten Content". Simin Lange von Sky Deutschland beschreibt die neuen Zusammenschlüsse damit, dass man inzwischen auch "die Kontrolle abgeben" muss. "Wir müssen aufpassen, dass wir erkennbar bleiben", mahnte jedoch ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut. "Es wird für alle Sender immer schwieriger, das eigene Profil zu behalten."
Rosige Zeiten sei der Streaming-Boom für Produzenten, freut sich Christian Franckenstein. "Für die deutsche Film- und Fernsehproduzentenlandschaft hat es niemals mehr potenzielle Kunden gegeben als heute", sagte der Vorstandsvorsitzende von Bavaria Film. Andererseits fehle es an der nötigen Menpower, die Branche sei "deutlich strapziert", weil die riesige Nachfrage an Inhalten gar nicht so schnell produzierbar sei.
Aufgrund dieser Ressourcenengpässe stiegen die Kosten, was am Ende der Verbraucher zu bezahlen habe. So habe Netflix die Preise bereits erhöht. "Der Fuchs läuft in den Hühnerstall und alle sind ganz aufgeregt", beschreibt Franckenstein die aktuelle Lage treffend. Der Wandel sei nicht durch den Eintritt der Streamer gekommen, sondern durch die Digitalisierung, die alles auf den Kopf gestellt habe und immer noch auf den Kopf stellt.
Schmerzgrenze bei 20 Euro im Monat
Jeder Streamer will mit "Originals", also Eigenproduktionen, sein eigenes Profil schärfen. Selbst der Sportstreamer DAZN will jetzt mit eigenproduzierten Sport-Dokus hier mitmachen, sagt Vice President Thomas de Buhr. Ihm zufolge habe sich die Mediennutzung durch den Second Screen geändert. Viele blieben heute gar nicht mehr 90 Minuten bei einem Fußballspiel, sondern schalteten erst zu, wenn eine App meldet, dass es gerade einen Elfmeter gebe. Er glaubt daran, dass Konsumenten durchaus bereit sind für mehr als nur einen Streamer zu zahlen: "Jeder Konsument will sich sein eigenes Entertainment-Paket zusammenstricken."
"Zuschauer sind bereit für guten Content zu zahlen", sagt auch Simin Lange von Sky. Dr. Stiegenroth von der Telekom sieht allerdings eine preisliche Schmerzgrenze bei 20 Euro im Monat für Streaming-Abos erreicht.
Und auch eine Konsolidierung erwarten fast alle Teilnehmer der Panels: Am Ende würden sieben oder acht Player im Markt übrig bleiben.