Bei Hassrede: Screenshot statt geknackte Verschlüsselung?
Facebook Messenger erhält generelle Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
Bild: dpa
Der Chef des Chatdienstes Facebook Messenger ist
zuversichtlich, auch nach der geplanten Einführung von
Komplett-Verschlüsselung Inhalte wie Hassrede oder Terrorpropaganda
effizient bekämpfen zu können. Man werde sich dafür stärker auf
Hinweise der Nutzer verlassen müssen - so wie das heute schon bei
Facebooks zweitem Chatdienst WhatsApp der Fall sei, sagte Stan
Chudnovsky der dpa. "Es ist eine andere Vorgehensweise, aber es ist
nicht unmöglich." Facebook habe aber noch Lernbedarf: "Wir müssen
herausfinden, wir genau wir das machen werden."
Deshalb wolle Facebook sich jetzt zu dem Thema zunächst mit
Regierungsbehörden, Datenschützern und Sicherheitsexperten beraten,
bevor die Marschrichtung festgelegt wird. Diese Gespräche dürften
noch bis Ende des Jahres andauern. "Das ist neu für uns, das ist
nicht, wie wir sonst vorgehen. Vor nicht so langer Zeit hätten wir
einfach etwas entwickelt und angekündigt", sagte Chudnovsky. "Jetzt
sagen wir: Wir haben nicht für alles Antworten, aber wir haben eine
Vorstellung davon, in welche Richtung wir gehen wollen und die ganze
Welt sich entwickelt. Helft uns, den richtigen Weg zu finden."
Facebook Messenger erhält generelle Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
Bild: dpa
Nutzer sollen Verstöße per Screenshot melden
Bei der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sind Inhalte von Kommunikation grundsätzlich nur für Absender und Empfänger im Klartext sichtbar. Auch Facebook hätte keinen Zugriff darauf. Damit können verbotene oder problematische Beiträge auch nicht mit Hilfe der Analyse von Inhalten durch Software aufgespürt werden. "Wenn aber Nutzer uns Nachrichten mit einem Screenshot melden, haben wir Zugang zum Inhalt", sagte Chudnovsky. Zusammen mit der Auswertung von Metadaten - also zum Beispiel, wer wann mit wem kommunizierte - könne man darauf ein gut funktionierendes System aufbauen. Mit der Einschränkung, dass in Zukunft eventuell auch Metadaten nur über beschränkte Zeiträume gespeichert werden.
WhatsApp war zuletzt in die Kritik geraten, weil über die App in Indien Propaganda und falsche Informationen verbreitet worden waren. Um dagegen anzukämpfen, schränkte der Chat-Dienst unter anderem die Möglichkeiten zum Weiterleiten von WhatsApp-Nachrichten ein.
Facebooks Gründer und Chef Mark Zuckerberg hatte angekündigt, dass die technische Infrastruktur hinter WhatsApp und Messenger zusammengelegt werden sollen und das Online-Netzwerk insgesamt stärker auf verschlüsselte private Kommunikation ausgerichtet werde. Dem gegenüber stehen Forderungen, Facebook müsse gezwungen werden, seine Zukäufe WhatsApp und Instagram wieder abzustoßen.
"Signal"-Verschlüsselungsprotokoll auch bei Facebook Messenger
Bislang ist völlig unklar, wie eine technische Lösung aussieht, mit der die unterschiedlich funktionierenden Systeme hinter den beiden Chat-Diensten ohne einen Eingriff in ihre jeweiligen Funktionsweisen miteinander verknüpft werden sollen. Beim Messenger melden sich die Nutzer mit ihrem Facebook-Profil an, bei WhatsApp mit der Telefonnummer. Facebook erlaubt ein Login auf mehreren Geräten, WhatsApp dagegen kann nur auf einem Mobiltelefon betrieben werden (beziehungsweise auf dem Computer nur zusammen mit einem Handy). Und während die Messenger-Nachrichten auf Facebooks Servern gespeichert werden, liegen sie bei WhatsApp nur auf den Geräten der Nutzer, wenn kein Backup gemacht wird.
Chudnovsky betonte, dass beim Messenger der Inhalt der Nachrichten nie zur Personalisierung von Werbung ausgewertet worden sei. "Das war für uns immer tabu." Facebook habe lediglich Inhalte an Behörden auf richterliche Anordnung herausgegeben. "In diesem Sinne war der Messenger auch schon vorher privat, auch wenn er bisher nicht standardmäßig Ende-zu-Ende verschlüsselt ist." Bereits beschlossen ist, dass beim Messenger das "Signal"-Verschlüsselungsprotokoll zum Einsatz kommen wird, auf den bereits WhatsApp setzt. Während WhatsApp grundsätzlich Ende-zu-Ende-Verschlüsselung hat, können Messenger-Nutzer sie aktuell in einem sicheren Modus für vertrauliche Informationen zuschalten.
Alternativen zu WhatsApp und Facebook Messenger: In einer Übersicht vergleichen wir die Funktionen der wichtigsten Messenger miteinander.